Dem Waldbrand keine Chance: „Wald behandeln wie unser Wohnzimmer“

Mit einem gemeinsamen Konzept wollen Feuerwehren und Forstbehörden in NRW künftig besser gegen Waldbrände gewappnet sein. Wir haben lokale Experten um eine Einschätzung zu dem Thema gebeten.
Lüdenscheid – Dass Waldbrände mittlerweile auch im Märkischen Kreis allgegenwärtig und zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für lokale Waldbesitzer und -besucher geworden sind, hat jüngst der Brand oberhalb der B54 noch einmal eindrucksvoll verdeutlicht. 500 Einsatzkräfte waren ab Sonntag, 14. August, damit beschäftigt, die am Ende 40 000 brennenden Quadratmeter Wald zu löschen. Erst am anschließenden Mittwoch wurde der Einsatz offiziell beendet.
Um zukünftig besser gegen das steigende Brandrisiko gewappnet zu sein, haben die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Forstexperten vom Landesbetrieb Wald und Holz ein Konzept zur „Waldbrandvorbeugung und Waldbrandbekämpfung“ entwickelt und kürzlich offiziell vorgestellt. Bei einer Besichtigung der Brandfläche am Volmehang sprachen Jörn Hevendehl, Leiter des Regionalforstamts Märkischer Kreis, und Kreisbrandmeister Michael Kling über die Details des Konzepts.
„Waldbrände sind hier in der Region erst seit den trockenen Sommern ab 2018 wirklich ein Thema geworden – zumindest mit den Brandlasten, die wir heute erleben“, sagt Hevendehl, die seit damals stark angewachsenen Kalamitätsflächen spielten dabei eine wichtige Rolle. „Dementsprechend verfügen wir auch noch nicht über einen so breiten Erfahrungsschatz in der Thematik, wie beispielsweise die Einsatzkräfte am Niederrhein.“

Dem stimmt auch Kling zu, der betont: „Das macht die Brandvorbeugung umso wichtiger. Können wir ein Feuer nicht innerhalb einer Stunde eingrenzen wird es – je nach Wind und Topographie – oft kritisch, den Brand mit den in dieser Zeit verfügbaren Einsatzkräften und Wassermengen einzudämmen.“ Daher begrüßen sowohl Hevendehl als auch Kling das neu vorgestellte Waldbrandkonzept und erhoffen sich davon eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Forstbehörden.
Die Kernpunkte des Konzepts
- Waldbrandschutzstreifen aus schwer entflammbaren Laubbäumen wie beispielsweise Eichen oder Buchen sollen leichter entflammbare Nadelwälder durchtrennen.
- Künstlich angelegte Löschteiche sollen die Wasserversorgung in kritischen Gebieten sicherstellen.
- Die Forstbehörden und örtlichen Feuerwehren sollen die „Löschwasserentnahmestellen“ jährlich prüfen.
- Waldwege sollen für die breiten und hohen Einsatzfahrzeuge im Ernstfall schnell befahrbar sein und dafür eine Breite von 3,5 Metern und ein sogenanntes Lichtraumprofil von 4,5 Metern bieten.
- Regelmäßige Übungen von Forstmitarbeitern und Feuerwehrleuten sollen auf den Ernstfall vorbereiten.
- Zur Früherkennung von Waldbränden sollen Kameras eingesetzt werden, diezum Beispiel Rauchsäulen zuverlässig anzeigen können.
- Die Ausrüstung der Feuerwehr soll durch geländegängige Fahrzeuge und leichtere Schutzkleidung aufgestockt werden.
- Die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Waldbrand soll intensiviert werden.
Die beiden hiesigen Experten betonen, dass es sich hierbei um ein landesweites Konzept handelt, dessen einzelne Aspekte im Märkischen Kreis mehr oder weniger relevant sind.
Den Wald verstehen
So betont Kling, die Feuerwehrleute müssten noch besser „verstehen wie der Wald funktioniert“. Beim zurückliegenden Brand an der B54 sei die Beratung durch die Revierförster Marcus Teuber (Lüdenscheid) und Hubertus Bierkoch (Schalksmühle) essenziell gewesen, um den Schaden in Grenzen zu halten. „Sie konnten uns mit ihrer Ortskenntnis sowohl die schwierige Anfahrt, als auch die Brandbekämpfung erleichtern.“
Beispielsweise hätten die Förster gewusst, dass auf einer Seite des Brandherds 40-jährige Fichten und auf der anderen einjährige Douglasien stehen. „Letztlich konnten wir das Feuer von drei Flanken aus bekämpfen und unsere Ressourcen dabei entsprechend aufteilen“, erklärt Kling. Denn die Fichten waren deutlich gefährdeter als die Douglasien.
Wir müssen auch bei der Feuerwehr besser verstehen, wie der Wald funktioniert.
Regelmäßige Begehungen der lokalen Kalamitätsflächen hält Kling vor diesem Hintergrund für sinnvoll und auch der ohnehin bereits seit Jahren stattfindende Austausch mit den Forstmitarbeitern soll weiter intensiviert werden. „Wir müssen die Wege und Ansprechpartner vor Ort kennen – am Ende können wir die Brände angesichts der Topographie unserer Wälder meistens nur vom Boden löschen“, fasst es der Kreisbrandmeister zusammen.
Unterstützung aus der Luft könne zwar aus Dortmund und Düsseldorf in Form von Polizeihubschraubern mit über 800 Litern getanktem Wasser angefordert werden – jedoch könne man sich im Ernstfall nicht darauf verlassen: „Wenn sich die Hubschrauber dann auf Streife befinden, haben wir schlicht Pech.“
Ohnehin seien die Einsätze zur Luft keine effektive Brandbekämpfung an den lokalen Steilhängen, wie das Beispiel an der B54 zeige: „Auf den Kalamitätsflächen brennt oft auch der ausgetrocknete Unterboden. Abgeworfene Wassermassen wären am Volmehang oberflächig abgeflossen, ohne den Brand im Keim zu ersticken“ erklärt Kling.
Mehr Öffentlichkeitsarbeit
Hevendehl hingegen sieht die Forstbehörde besonders beim Thema Öffentlichkeitsarbeit in der Pflicht. „Wir müssen die Menschen stärker für das Thema Waldbrand sensibilisieren, auf bestimmte Automatismen aufmerksam machen“, sagt er und meint mit letzteren insbesondere das Wegwerfen noch glimmender Zigaretten – die mit Abstand häufigste Brandursache in unseren Wäldern. Auch beim Feuer an der B54 steht dieser Verdacht zumindest im Raum (wir berichteten). „In der Regel geschieht dies gar nicht böswillig, man denkt beim Spazierengehen oder Autofahren einfach nicht darüber nach – der trockenen Vegetation ist das aber leider egal, sie brennt trotzdem.“

Hevendehl erinnert daher daran, dass Rauchen von März bis Ende Oktober auf Waldwegen verboten ist. Zur Abschreckung: Sollte der Verantwortliche für den Brand am Volmehang gefunden werden, muss dieser für den entstandenen Schaden aufkommen. Laut Kling belaufen sich die Kosten für den zerstörten Bestand und den mehrtägigen Einsatz auf einen sechsstelligen Betrag. „Wir sollten den Wald behandeln wie unser eigenes Wohnzimmer – dort würden wir eine gerauchte Zigarette doch auch nicht achtlos wegschnippen“, plädiert Hevendehl daher.
Effektive Prävention nur mit Privatwaldbesitzern möglich
Der Leiter des Regionalforstamts macht jedoch auch darauf Aufmerksam, dass effektive Waldbrandprävention im Märkischen Kreis nicht ohne die zahlreichen Privatwaldbesitzer – kreisweit befindet sich 83 Prozent der Waldfläche in ihrem Besitz – möglich sei. „Ihre Aufgaben beginnen schon lange vor einem etwaigen Brand“, betont Hevendehl.
Für besonders wichtig hält er, speziell nach den Flutschäden aus dem vergangenen Jahr, die Sanierung der Forstwege. Dabei könne das Regionalforstamt durchaus behilflich sein: „Wir haben 2021 415 000 Euro an sogenannten Ad-hoc-Hilfen vom Land bekommen, die wir vollständig für das Wegenetz verwenden konnten“, bilanziert Hevendehl. Damit sei zwar ein Anfang gemacht, für ein flächendeckend gut ausgebautes Streckennetz brauche es aber mehr.
„Wir mussten und müssen bei der Wegesanierung priorisieren und geben beispielsweise wohnortnahen Gebieten mit Altenheimen oder Kindergärten den Vorzug.“ Immerhin: In den Wiederaufbauplänen der Kommunen nach den vergangenen Hochwassern und auch dem 2021 beschlossenen Koalitionsvertrag seien weitere Mittel vorgesehen. „Die Wegesanierung bleibt ein Dauerthema.“
Auch beim Thema Löschteiche könnte sich für Waldbesitzer der Gang zum Regionalforstamt in Lüdenscheid lohnen: „Prinzipiell ist eine Förderung für gewidmete Löschteiche möglich – es müssen allerdings bestimmte Faktoren wie eine ausreichende Wasserzufuhr und ein sinnvoller Standort gegeben sein“, stellt Hevendehl in Aussicht.