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Autark? Das sind die größten Irrtümer bei Photovoltaikanlagen 

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Einige geläufige Tipps und Tricks zum Thema Photovoltaikanlagen stellen sich als Irrtum heraus. (Symbolbild.) © dpa

Helge Pfingst von der Verbraucherzentrale Lüdenscheid will Eigentümer und Mieter vor Enttäuschungen bewahren. Dafür klärt er vier Irrtürmer auf.

Lüdenscheid – Sonnenstrom ist in aller Munde. Mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach selber günstig und klimafreundlich damit das Elektroauto laden oder mit einem Steckersolargerät auf dem Balkon WLAN-Router und Kühlschrank mit Strom versorgen, das Interesse bei Verbraucher ist groß. Doch einige verbreitete Tipps und Informationen zum Einsatz von Photovoltaik-Anlagen entpuppen sich als Irrtum oder bringen im Alltag nicht die gewünschten Effekte, wie Helge Pfingst, Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW in Lüdenscheid, aus zahlreichen Beratungsgesprächen weiß. Er hat die gängigsten Photovoltaik-Irrtümer zusammengefasst und klärt auf.

Irrtum 1: Mit einer PV-Anlage und Speicher bin ich autark und unabhängig vom Stromanbieter.

Nein. Eine PV-Anlage kann – selbst mit einem Batteriespeicher – nur einen gewissen Anteil der Jahresstromversorgung des Haushalts übernehmen. Man spricht hier vom Autarkiegrad, der zwischen 25 und 90 Prozent liegen kann – je nachdem, ob ein Speicher vorhanden und wie hoch der Stromverbrauch ist. In jedem Fall muss der übrige Stromanteil aus dem Netz zugekauft werden. Besonders in den Wintermonaten produzieren PV-Anlagen in Deutschland deutlich zu wenig, um einen ganzen Haushalt zu versorgen, daran ändert auch ein sehr großer Batteriespeicher nichts. Eine 100-Prozent-Autarkie würde einen zusätzlichen Saisonspeicher benötigen, zum Beispiel mit Wasserstoff. Doch das ist technisch aufwendig und wirtschaftlich für das Eigenheim kaum sinnvoll.

Helge Pfingst Verbraucherzentrale Lüdenscheid
Helge Pfingst Verbraucherzentrale Lüdenscheid © Marie Veelen

Irrtum 2: Photovoltaik lohnt sich nur gemeinsam mit einem Batteriespeicher, weil sich die Einspeisung finanziell kaum rechnet.

Stimmt so nicht. Eine Photovoltaik-Anlage lohnt sich finanziell bereits ohne Speicher. Ob sich zusätzlich zur PV-Anlage auch ein Stromspeicher rentiert, hängt von mehreren Faktoren ab – hauptsächlich vom eigenen Haushaltstrombedarf und den Stromkosten. Zunächst mag der Speicher sinnvoll erscheinen, weil man für eingespeisten Reststrom bei neuen PV-Anlagen weniger als 10 Cent pro Kilowattstunde bekommt, während Netzstrom oft knapp 40 Cent kostet. Hier könnten das Speichern und der spätere Eigenverbrauch attraktiver sein. Doch die hohen Anschaffungskosten für einen Batteriespeicher sind nicht immer sinnvoll – etwa, wenn auch ohne Speicher schon viel Eigenverbrauch möglich ist.

Irrtum 3: Ein Süddach ist immer besser als ein Ost-West-Dach.

Falsch. Wenn es alleine darum geht, möglichst viel Strom mit der PV-Anlage zu erzeugen, ist die Ausrichtung nach Süden zwar optimal: Denn auf einem Ost-West-Dach beträgt der Solarertrag über das Jahr nur rund 80 Prozent gegenüber einem vergleichbaren Süddach. Allerdings geht es privaten Haushalten vor allem darum, möglichst viel vom eigenen Sonnenstrom nutzen zu können. Und hier haben Ost-West-Dächer entscheidende Vorteile: Die Sonnenernte wird über den ganzen Tag verteilt, weil die PV-Anlage früher am Morgen und später am Tag Sonne abbekommt. Damit kann mehr Strom selbst verbraucht werden – also wird auch die Stromrechnung niedriger.

Irrtum 4: Mit einem Steckersolargerät kann ich meine Kaffeemaschineversorgen.

Stimmt so nicht. Steckersolargeräte sind eine gute Möglichkeit, um ohne größeren Aufwand eigenen Strom zu erzeugen – besonders für Mieter. Allerdings zeichnen sich die Geräte auch dadurch aus, dass ihre Nennleistung mit maximal 600 Watt eher niedrig ist. Daher eignen sie sich besonders, um die Grundlast im Haushalt abzudecken: Der produzierte Strom wird direkt verbraucht – zum Beispiel in der Telefonanlage, dem Internet-Router oder den Radioweckern in der Wohnung. Wenn mehr Leistung benötigt wird, wird er durch Strom aus dem Netz ergänzt. Das ist auch bei der Kaffeemaschine der Fall, die kurzzeitig hohe Leistung (im Bereich von 2000 Watt) benötigt, um das Wasser aufzuheizen.

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