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Amtsgericht: Bewährung für den „Sauerländer“

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LÜDENSCHEID ▪ Was für ein netter und offener Gesprächspartner. Der 34-Jährige, Vater einer Tochter und Handwerksmeister, gibt sich leutselig und einsichtig und erzählt mit großer Gestik. Doch mit jeder seiner Antworten verfinstern sich die Mienen des Oberstaatsanwaltes und des Vorsitzenden Richters zusehends. Sie haben es mit einem vorbestraften Drogendealer zu tun, der um seine Freiheit kämpft – und beschönigt, verschweigt und lügt.

Rechtsanwältin Heike Michaelis aus Essen braucht zwei Pausen, um ihren Mandanten dazu zu bringen, seine Strategie zu ändern. Oberstaatsanwalt Hans-Werner Münker setzt den Angeklagten unter Druck: entweder Kooperation oder mindestens zweieinhalb Jahre Knast ohne Bewährung. Das wirkt. Der geschiedene Mann aus Werdohl packt aus.

Demnach kaufte er von einem Rauschgifthändler in Lüdenscheid in zwei Portionen ein ganzes Pfund Marihuana – „nur für meinen Eigenkonsum“, wie er zunächst beteuert. In Wirklichkeit hat er zusammen mit seinem guten Freund Geld gespart und zusammengelegt, in „Gras“ investiert, einen Teil selbst geraucht und den Rest verkauft, um seinen Lebensunterhalt „etwas aufzufrischen“, so der Vertreter der Anklage. „Denn so viele Joints kann man in solch kurzer Zeit gar nicht rauchen.“

Dass der 34-Jährige außerdem ein lukratives Geschäft zwischen einem „Basti aus Münster“ und seinem Lüdenscheider Dealer eingefädelt hat, wertet das Gericht zudem als Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Alles in allem gibt es dafür zwei Jahre mit Bewährung. Die hat sich der Verurteilte „verdient“, weil er dem Staatsanwalt ein paar Angaben zu „Basti“ gemacht und den Namen und die Adresse seines Mitkäufers preisgegeben hat.

Aufgeflogen ist der Mann durch eine polizeiliche Telefonüberwachung seines Verkäufers. Den und einen weiteren Komplizen aus Lüdenscheid hat das Landgericht Bochum Ende 2011 bereits zu sechseinhalb und knapp acht Jahren Gefängnis verurteilt. Die beiden hatten von einem holländischen Anbieter aus Venlo „Gras“ in 20- bis 30-Kilo-Lieferungen bezogen. Als Kurier diente ein Fischhändler, der den Stoff unter Heringskisten ins Ruhrgebiet schmuggelte. Abnehmer waren laut Bochumer Urteil unter anderem Mitglieder der Rockerbande Bandidos in Wuppertal. Und ein Mann, den sie am Telefon „den Sauerländer“ nannten.

Der verlässt das Gericht als freier Mann. Die Bewährungszeit dauert drei Jahre.

Olaf Moos

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