Wiederbelebung der Innenstadt: In zwei Fraktionen gibts Zweifel

Die Bemühungen zur Wiederbelebung der Innenstadt gehen jetzt in die entscheidende Phase. Nachdem in den vergangenen Monaten Teile der Bevölkerung in verschiedene Themengruppen unter der Moderation von Experten eines Stadtplanungsbüros Ideen entwickelt haben, geht es nun bald an die Umsetzung. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt- und Stadtentwicklung (Ustea) am Dienstagabend gab es vonseiten der Politik aber nicht nur Zustimmung.
Werdohl – Raphael Bachmann und Nora Buhl von der Planungsgruppe Puche (Northeim) stellten den Ausschussmitgliedern vor, wie sich die Leerstandssituation in der Innenstadt seit dem Sommer 2021 entwickelt hat, vor allem aber präsentierten sie die Ergebnisse der drei Themengruppen, in denen Bürger Ideen entwickelt hatten, wie die Innenstadt belebt werden könnte.
Die Zahl der leerstehenden Geschäftsräume habe sich von 14 im August 2021 auf fünf im März 2023 reduziert, führte Bachmann aus. Dabei hätten sieben Existenzgründer Räume angemietet. Wie dauerhaft die Belegung der Ladenlokale sein wird, ist noch offen, denn bisher profitieren die neuen Inhaber davon, dass die Stadt die Miete mit Mitteln aus einem Förderprogramm des Landes subventionieren kann. Diese Unterstützung läuft Ende dieses Jahres aus. Deshalb liefen jetzt auch Gespräche mit den Ladeninhabern an, in denen erörtert werden solle, wie es weitergehen solle, sagte Bachmann.
Ein weiterer Ansatz, wieder Leben in einstige Geschäfte zu bringen, sei deren Nutzung als multifunktionale Räume, berichtete Bachmann weiter. Eine dafür ins Auge gefasste Immobilie stehe nun aber kurzfristig nicht mehr zur Verfügung. Um das Engagement der Bürger nicht auszubremsen, werde mit der Idee eines Kinder- und Jugendkinos nun ins Kleine Kulturforum ausgewichen. Dort sollen am 12. Mai ab 16 Uhr bei freiem Eintritt „Zoomania“ (FSK 0) und ab 19 Uhr „Spider Man – No Way Home“ (FSK 12) gezeigt werden. Weitere geplante Veranstaltungen sind ein Spielenachmittag und ein DJ-Workshop mit Mustafa Oral (DJ O-Tunezz), für den es mit dem 8. Juli (14 bis 17 Uhr) sogar schon einen konkreten Termin gibt.
Altes reaktivieren, Neues einführen
Eine Gruppe hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man früher erfolgreiche Veranstaltungen reaktivieren und neue Veranstaltungen einführen könnte. Beispielsweise gibt es Überlegungen, Themenflohmärkte und einen Fahrradmarkt zu veranstalten. Die Pläne für einen Fahrradtag mit Geschicklichkeitsparcours, mobiler Werkstatt und Präsentationen von Fahrradhändlern sind sogar schon ziemlich konkret.
Auch für die optische Aufwertung der Innenstadt gibt es Ideen. So sollen beispielsweise in Kooperation mit der Albert-Einstein-Gesamtschule mehrere Stromkästen farblich gestaltet werden. Zusammen mit den Einzelhändlern sollen in einer offenen Mitmachaktion bienenfreundliche Blühpflanzen in Kübeln und Hochbeeten in der Innenstadt verteilt werden. Und mit QR-Codes, die an ausgewählten Standorten platziert werden, soll ein interaktiver Stadtrundgang ermöglicht werden. Das in Teilen marode Stadtmobiliar soll ersetzt und bei dieser Gelegenheit möglichst auch Barrierefreiheit geschaffen werden. Die Themengruppe hat 30 Standorte ausgemacht, an denen das erforderlich wäre. Diese Maßnahme ist mit geschätzten 120.000 Euro zwar nicht ganz billig, die Finanzierung wäre aber durch das Förderprogramm gesichert.
Flexibles Grün und Trinkwasserspender
Während in den meisten Fällen das Geld keine Rolle zu spielen scheint, weil es durch Förderung der notwendigen Investitionen eben in ausreichender Menge zur Verfügung steht, kippte die Stimmung im Ausschuss, als es um drei weitere Projekte zur Verschönerung und Bereicherung der Innenstadt ging. Da war zum einen die Aufwertung des Fließbrunnens am Alfred-Colsman-Platz, den der Bürgerstammtisch mit zwei neuen Pumpen vor sieben Jahren schon einmal vor einer Umgestaltung zum Blumenbeet bewahrt hatte. Nun gibt es Ideen, die Verschmutzung der Anlage einzudämmen und wieder für ein ansprechendes Erscheinungsbild zu sorgen. Die sind zwar noch nicht konkret, doch Ausschussmitglied Michael Schürmann (CDU) mahnte bereits, dass die finanziell klamme Stadt ja anschließend die Unterhaltungskosten für den Brunnen tragen müsse. „Das sind ja alles schöne Ideen, aber wir müssen das große Ganze im Blick behalten und dürfen nicht nur die Ideen weniger finanzieren“, sagte er.
Ähnlich war die Reaktion auf den Vorschlag, vier Trinkwasserspender zu installieren. Die Investitionskosten von rund 15 000 Euro wären durch das Förderprogramm gedeckt, aber Klaus-Dieter Frick (WBG) monierte, dass solche Wasserspender ohnehin nur dem Vandalismus zum Opfer fielen und außerdem aufwendig gewartet werden müssten.
Bürgermeister wundert sich
An dem Vorhaben, den Parkplatz an der Goethestraße mit einigen Bäumen in Kübeln zu begrünen und zu beschatten, gab es ebenfalls Kritik, diesmal von WBG-Fraktionsvize Frick und von Manfred Buchta (CDU). Erneut ging es vor allem um die Pflegekosten, die die Stadt aufbringen müsse.
Vollständige Rückendeckung für die in der Bürgerschaft entwickelten Vorschläge gab es nur aus der SPD-Fraktion und von Bürgermeister Andreas Späinghaus. SPD-Fraktionschefin Marion Gierse verwies darauf, dass die Unterhaltungskosten für den Brunnen am Colsman-Platz schon längst Bestandteil des Haushaltsplans seien, also keine zusätzlichen Kosten entstünden. Auch der Ausschussvorsitzende Jürgen Henke (SPD) wollte die engagierten Bürger in ihrem Eifer nicht stoppen. Und der Bürgermeister wunderte sich über die Proteste gegen die flexible Begrünung des größten Parkplatzes in der Innenstadt: „Das ist der Politik doch alles schon einmal vorgestellt worden und hat Zustimmung gefunden.“
Am Ende fand das Konzept dann doch noch die uneingeschränkte Zustimmung des Ausschusses. Gut möglich ist aber, dass die Diskussionen über das Geld bei den Haushaltsplanberatungen im Rat am nächsten Montag, 8. Mai (17 Uhr, Rathaus), wieder aufflammen.