Medikamenten-Mangel: „In dieser Form noch nicht erlebt“

Die Situation ändert sich zwar immer wieder, Besserung scheint aber nicht in Sicht: Noch immer fehlen in den Apotheken in Werdohl Medikamente. Immer wieder seien es andere Präparate, die schwer zu bekommen sind, berichtet Apotheker Olaf Lüdtke, der die Fortuna-Apotheke am Brüninghausplatz betreibt.
Werdohl – Waren vor einigen Wochen noch Fiebersäfte rar, sind es jetzt Antibiotika. „Die Fiebersäfte sind zum Glück inzwischen wieder verfügbar“, sagt Olaf Lüdtke. Die Situation, wie sie sich inzwischen seit etwa einem Jahr darstelle, ist für den Apotheker mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung noch immer ungewöhnlich.
„In dieser Form habe ich das zuvor nie erlebt“, sagt er. „Sicher kam es vor, dass mal ein Präparat nicht lieferbar war, aber nicht so wie jetzt ganze Wirkstoffgruppen.“ Betroffen sei derzeit zum Beispiel das Breitbandantibiotikum Amoxicillin, das bestimmte bakterielle Erreger abtöten kann. Dazu zählen solche Erreger, die Harnwegsinfekte oder Atemwegserkrankungen hervorrufen. Als Saft wird Amoxicillin oft auch an Kinder verschrieben.
Trotz allen Ärgers gingen seine Kunden verständnisvoll mit der Situation um, ist Lüdtke froh. Dass das nicht unbedingt selbstverständlich ist, zeigt ein Fall aus Essen: Erst Ende März berichtete die WAZ von der Essener Apothekerin Janet Olgemöller, die als „Hure“ und „Schlampe“ beleidigt wurde, nachdem sie einem Mann den verordneten Fiebersaft nicht aushändigen konnte. In der Fortuna-Apotheke gab es so etwas bislang nicht. „Die Kunden wissen ja, dass wir nichts für die Lieferengpässe können“, sagt Olaf Lüdtke.
Mangel sorgt für mehr Arbeit
Gleichwohl dürfte es für die Betroffenen ein Ärgernis sein, denn unterm Strich bedeute der Mangel an Medikamenten vor allem eins: mehr Arbeit. „Wenn ein Präparat nicht verfügbar ist, nehmen wir Kontakt zu dem verordnenden Arzt auf, um Alternativen abzustimmen. Oder wir geben dem Kunden eine Empfehlung, mit der er sich dann konkret an seinen behandelnden Arzt wenden kann“, erklärt Olaf Lüdtke. Für alle Seiten sei es am Ende mehr Aufwand und es komme auch zu zeitlichen Verzögerungen.
Zum Beispiel, wenn der Arzt nicht zu erreichen ist, oder bei der Lieferung der Medikamente: Ist ein Präparat über den Großhandel nicht zu bekommen, bestehe manchmal noch die Möglichkeit, es direkt über den Webshop des Herstellers zu bestellen. Während der Großhandel die Apotheke mehrmals täglich beliefert, braucht das beim Hersteller bestellte Medikament deutlich länger, erläutert Olaf Lüdtke.
Als Apotheker ist er in der Lage, einige Medikamente für seine Kunden auch selbst herzustellen. Eine ernsthafte Alternative sei das allerdings nicht, sondern tauge eher als Notlösung, meint Lüdtke. Die Ausbringungsmenge sei dafür schlicht zu gering.
Lieferengpass ungleich Versorgungsengpass
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) betont auf seiner Webseite, dass zwischen den Begriffen eines Lieferengpasses und eines Versorgungsengpasses unterschieden werden muss. „Ein Lieferengpass ist eine über voraussichtlich zwei Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung im üblichen Umfang oder eine deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann“, heißt es dort. Solange es Alternativpräparate gibt, durch die die Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter sichergestellt werden kann, muss ein Lieferengpass nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein.