„Stille Nacht“ auf Ukrainisch: Orthodoxe Flüchtlinge feiern Weihnachtsfest

Ukrainer feiern mit heimischem Essen, genießen Stille Nacht auf Ukrainisch und werden künftig wohl nur noch im Dezember Weihnachten feiern.
Werdohl – „Das ist solch eine gute Überraschung“, sagt Lena Savchuk mit leuchtenden Augen. Denn in diesen Tagen sind für die zweifache Mutter angesichts des Krieges in Ihrer Heimat positive Nachrichten eindeutig Mangelware. Die Deutschlehrerin flüchtete nach dem Kriegsbeginn aus der Ukraine und befindet sich seit März mit ihren Töchtern in Werdohl. Am Freitagnachmittag ging sie in die Christuskirche, um dort Weihnachten zu feiern, welches in ihrer Kultur traditionell erst am 6. Januar begangen wird.
„Wir haben es jetzt mit unseren Engeln aber bereits am 25. Dezember gefeiert“, sagt sie – und erläutert, dass sie ihre deutschen Helfer, die sie und ihre beiden Kinder vor Ort betreuen, stets als Engel bezeichnet.

„Dieses Jahr feiern wir also doppelt“, führt sie aus. „Aber in Zukunft werden wir Weihnachten sicherlich nur noch im Dezember feiern“, ist sie sicher. Sie glaubt, dass der russische Angriffskrieg dazu führen wird, dass sich die ukrainische Familie ganz vom russischen Festtermin Anfang des Jahres lösen wird.
„Am 25. Dezember haben wir mit unseren Engeln deutsches Essen gegessen“, schilder sie weiterhin. „Aber am heutigen 6. Januar werden wir nach diesem Gottesdienst ukrainische Speisen zu uns nehmen, die wir in vergangenen Tagen bereits vorbereitet haben.“
Vorbereitet waren auch ihre Tochter Veronika sowie ihre Nichte Natalia. Die Tochter ihrer Schwester trug während des Gottesdienstes ein ukrainisches Weihnachtsgedicht vor, Veronika sang mit glockenheller Stimme „Stille Nacht“ auf Ukrainisch.
Begleitet wurde sie dabei von Marion Jeßegus an der Orgel. Die Werdohler Kirchenmusikerin musste dafür nicht eigens proben. Dieses Weihnachtslied war ihr geläufig. Doch für ein ukrainisches Volkslied lagen ihr nicht einmal Noten vor, sodass die Musikschul-Lehrerin dafür selbst noch eine Melodie komponiert hatte im Vorfeld dieses Gottesdienstes.

Diese besondere Veranstaltung führte die evangelische Gemeinde in Kooperation mit der Gruppierung Friedenshelfer durch, die sich eigens für die Betreuung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge gegründet hatte (wir berichteten). Die Idee für diesen Gottesdienst hatte indes Pfarrer Martin Buschhaus.
Idee zum Gottesdienst von Pfarrer Buschhaus
Die zweisprachige Weihnachtsfeier in der Christuskirche leitete er zusammen mit dem Prediger Andreas Kufeld vom Missionswerk Friedensbote aus Meinerzhagen. Kufeld sagte vor Beginn: „Ich sehe dem Gottesdienst mit einem angespannten Gefühl entgegen. Da lastet soviel Verantwortung auf mir.“ Kufeld ergänzte: „Ich bin ein in Kasachstan geborener Russlanddeutscher, der 30 Jahre in der Ukraine gelebt hat.“
Im Rahmen der Veranstaltung wurde in der Christuskirche auch ein ukrainischer Animationsfilm gezeigt, in welchem Trickfilm-Mäuse die Weihnachtsgeschichte rund um die Ereignisse von Jesu Geburt in Bethlehem erzählen. Andreas Kufeld predigte zudem über die Weisen im Morgenland, wie Pfarrer Buschhaus den deutschen Besuchern des Gottesdienstes, die den Gastredner nicht verstanden, übersetzte.