AfD-Erklärerin wegen Liaison mit AfD-Mann unter Beschuss

Erst bejubelt, dann kritisiert: Mit ihrem Buch, in dem sie den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien erklärte, erlebte eine aus Werdohl stammende Soziologin ein Wechselband der Gefühle. Jetzt ist sie wegen ihrer Nähe zur AfD erneut in die Schlagzeilen geraten. Dahinter steckt eine skurrile Geschichte.
Werdohl /Berlin – Für ihr Buch „Die Gesellschaft des Zorns – Rechtspopulismus im globalen Zeitalter“ erhielt die aus Werdohl stammende Soziologin Cornelia Koppetsch (55) viel Aufmerksamkeit – zunächst positive, dann negative. Nachdem viele Journalisten ihre Analyse des Aufstiegs von Parteien wie der AfD zunächst gelobt hatten, stellte sich heraus, dass Kopptesch an vielen Stellen abgeschrieben hatte. Und es verbreitete sich der Verdacht, dass sie der AfD näher stehen könnte als sie zugab.
Kritische Journalisten witterten schon früh, dass Cornelia Koppetsch Sympathien für rechtspopulistische Positionen haben könnte. Ihre Einschätzungen wurden aber allenfalls in randständigen Medien veröffentlicht, während die großen deutschen Blätter wie FAZ und Süddeutsche Zeitung sich im Lob für die Autorin überboten. Unter der etwas martialischen Überschrift „Empathy for the devil“ (deutsch: „Empathie für den Teufel“) befasste sich aber zum Beispiel Tom Uhlig, Bildungsreferent an der Bildungsstätte Anne Frank, in der Monatszeitschrift „Konkret“ kritisch mit dem Buch. Er warf Koppetsch eine mangelnde Abgrenzung gegen die AfD vor und mutmaßte, dass ihre Mitarbeiter und Freunde der Wählerklientel der AfD angehören könnten.
Dabei wären solche Mutmaßungen nicht einmal nötig gewesen, denn die 55-Jährige hatte in ihrer Danksagung am Schluss ihres Buches genau das selbst angedeutet. „Schließlich bedanke ich mich ... bei meinen Bekannten aus der AfD, die mir in vielen Diskussionen ihre Sichtweisen dargelegt haben“, ist da zu lesen. Es blieb aber dennoch die Frage, wie eng die Verbindungen zwischen der Soziologie-Professorin und den Rechtspopulisten waren oder sind.
Durch einen Zufall kam jetzt heraus: Das Buch, in dem Cornelia Koppetsch die AfD erklärte, ist unter tätiger Mitwirkung eines AfD-Politikers entstanden. Und: Dieser AfD-Politiker ist seit etwa zehn Jahren der Lebensgefährte der Autorin. In ihrer Danksagung nennt sie ihn nur mit seinem Vornamen: Kai. Er habe den Stoff „immer wieder mit mir diskutiert und weiterentwickelt“.
Öffentlich geworden ist die Verbindung zwischen Cornelia Koppetsch und dem AfD-Mann durch einen Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin. Dort ist der Berliner AfD-Politiker Dr. Kai Borrmann (56) angeklagt, zwei Frauen aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe mit dem verfemten N-Wort tituliert und eine von ihnen sogar ins Gesicht geschlagen und in den Arm gebissen zu haben. Seine Lebensgefährtin Cornelia Koppetsch hat in dem Prozess, in dem in dieser Woche ein Urteil gesprochen werden soll, als Zeugin ausgesagt.
Nun ist Kai Borrmann nicht irgendein AfD-Lokalpolitiker, der sich vielleicht durch seine Ablehnung des Euros oder seine Angst vor der Globalisierung zu den Rechtspopulisten verlaufen hat. Vielmehr setzte er sich schon 2007 für die Gründung eines Landesverbands der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pax Europa ein und wurde Vorsitzender des Sprecherrats der in Berlin-Neukölln gegründeten islamkritischen Kleinstpartei Demokratische Liga – beide Gruppierungen pflegen ein völkisches und rassistisches Weltbild.
Außerdem war Borrmann, der sich selbst als „kritischen Islamwissenschaftler“ bezeichnet, bis 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Cornelia Koppetsch, die einen Lehrstuhl an der TU Darmstadt hat. Für die Universitätsleitung war das ihre Privatangelegenheit. Studierende der TU Darmstadt nahmen ihr jedoch übel, „dass sie Borrmann in einer Position einstellte, in der er sein Gedankengut potenziell an junge Studierende verbreiten konnte.“
Die Liaison Koppetschs mit einem AfD-Politiker wirft zweifellos auch ein schlechtes Licht auf ihre eigene Glaubwürdigkeit: Das Buch, in dem Koppetsch die AfD erklärt, ist unter Mitwirkung ihres Lebensgefährten entstanden, der selbst der AfD angehört. Wie ernst kann man ihre Schlussfolgerungen und Analysen unter diesen Vorzeichen noch nehmen? Will sie am Ende doch eher Verständnis für die Positionen der Rechtspopulisten wecken anstatt aufzuklären, wie es zum Aufstieg der Rechtsparteien kommen konnte? Tatsache ist, dass die gebürtige Werdohlerin, die in der Stadt Lenne und Verse die evangelische Grundschule besucht und anschließend in Lüdenscheid am Bergstadt-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, wieder einmal in die Schlagzeilen geraten ist. Und auch dieses Mal sind es keine positiven Schlagzeilen.