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Schmerzhafte Einschnitte kommen auf Evangelische Kirchengemeinde zu 

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Von: Michael Koll

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Die versteinerten Mienen der Zuhörer sprechen Bände: Auf die evangelische Kirchengemeinde Werdohl kommen einschneidende Veränderungen zu.
Die versteinerten Mienen der Zuhörer sprechen Bände: Auf die evangelische Kirchengemeinde Werdohl kommen einschneidende Veränderungen zu. © koll

Schwere Kost mussten die Protestanten verdauen, die am Dienstag der Einladung des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde Werdohls folgten, um im übervollen Gemeindehaus an der Christuskirche zu hören, was die nähere und weitere Zukunft zu bringen hat.

Werdohl – Pfarrer Dirk Grzegorek begrüßte sie mit den Worten: „Ihr seid eingeladen, unser Zuhause mitzugestalten.“ Weiter führte er aus: „Wir vom Presbyterium denken die nächste Generation mit und wollen Kirche in Werdohl nach 2031 noch sicherstellen.“

Und er verschwieg nicht, dass dies auch schmerzhafte Einschnitte zur Folge haben wird: „Wir müssen Verrücktes wagen, werden aber auch nicht umhin kommen, so manche heilige Kuh in Zukunft zu schlachten.“

Personalfragen

Warum er gerade dieses Datum nannte, wurde schnell klar: Bereits 2025 gehe Pfarrer Martin Buschhaus in den Ruhestand, 2027 folge ihm sein Neuenrader Kollege Dieter Kuhlo-Schöneberg.

Gemäß eines Beschlusses der Landessynode der evangelischen Kirche Westfalens aus dem Juni 2021 stehe einer Gemeinde pro 3000 Mitgliedern je eine Pfarrstelle zu. Ab Ende 2030 seien dafür aber schon 4000 Gemeindemitglieder vonnöten. Ab 2035 dann sogar 5000.

Was geschieht mit der Christuskirche (Bild links) und was mit der Friedenskirche (Bild rechts)? Aus Gründen der Nachhaltigkeit könnte in Zukunft eines der beiden Gebäude aufgegeben werden. archi
Was geschieht mit der Christuskirche (Bild links) und was mit der Friedenskirche (Bild rechts)? Aus Gründen der Nachhaltigkeit könnte in Zukunft eines der beiden Gebäude aufgegeben werden. archi © s

Und genau diese 5000 Mitglieder hat die evangelische Kirche in Werdohl. Gut 30 Prozent davon seien bereits heute im Seniorenalter. Zu ihren besten Zeiten zählten die Protestanten vor Ort 15 000. Von derzeit 1503 werde bis zum Jahr 2040 die Zahl der Pfarrstellen in ganz Westfalen auf dann – prognostiziert – nur noch 523 fallen.

Zusammenarbeit

Deshalb denke das Werdohler Presbyterium über eine Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde Neuenrade nach. „Wir streben einen Kooperationsraum an“, betonte Grzegorek. Dabei handele es sich ausdrücklich nicht um eine Fusion. Die beiden Presbyterien bleiben erhalten und eigenständig.

„Eine Fusion könnte irgendwann zwar einmal kommen, aber es ist als erster Schritt nicht unser Ansinnen“, unterstrich der Geistliche. Möglich seien allerdings auch Kooperationsräume mit Plettenberg oder Herscheid, erläuterte er.

Pfarrer Grzegorek gab bei der Versammlung das Ziel vor, Kirche in Werdohl auch nach 2031 sicherzustellen.
Pfarrer Grzegorek gab bei der Versammlung das Ziel vor, Kirche in Werdohl auch nach 2031 sicherzustellen. © Agentur

Neben der bevorstehenden Verrentung der Pfarrer Buschhaus und Kuhlo-Schöneberg gibt es noch eine Personalie, die für die Protestanten in Werdohl eine Veränderung bedeutet: Eine der beiden Gemeindepädagoginnen – Regina Berkemeyer – sei „bis auf Weiteres krankgeschrieben“. Nach Einschätzung Grzegoreks sei eine Rückkehr „nicht sehr wahrscheinlich“.

Es verblieben mittelfristig also lediglich Kerstin Sensenschmidt und als Pfarrer Grzegorek selbst.

Gottesdienste

Über die Personalfragen hinaus beschäftige sich das heimische Presbyterium aber auch mit den Gebäuden sowie der Gottesdienstlandschaft, wie Grzegorek es nannte. Er konkretisierte: „Allein von den Zahlen her passt die evangelische Kirchengemeinde Werdohl in einen Dom rein.“

Und dieser könnte Friedenskirche heißen – denn, so erfuhren die Anwesenden, die Christuskirche verfüge über erhebliche Witterungsschäden. Zu einer Sanierung müsse sie eingerüstet werden.

Pfarrer Grzegorek gab bei der Versammlung das Ziel vor, Kirche in Werdohl auch nach 2031 sicherzustellen.
Pfarrer Grzegorek gab bei der Versammlung das Ziel vor, Kirche in Werdohl auch nach 2031 sicherzustellen. © Archiv Lokal

Der Pfarrer fügte hinzu: „Und das wird uns eine Menge Geld kosten.“ Gleichwohl bekräftigte er: „Wir haben kein Finanz-, sondern ein Personalproblem.“ Andererseits ging Grzegorek noch auf den Klimawandel ein: „Wir sehen uns in der Verantwortung, Energie einzusparen.“ Folglich sei es gegebenenfalls nachhaltiger, nur noch ein Kirchengebäude und ein Gemeindezentrum vorzuhalten und zu heizen.

Bereits vergangenes Weihnachten habe die Gemeinde mit einer Anpassung der Gottesdienstlandschaft experimentiert. Es gelte, „beide Kirchen nicht gleichzeitig oder zeitnah zu bespielen“.

Außerdem sei es zu überlegen, ob ein Gottesdienst am Morgen nicht beispielsweise erst um 11 Uhr beginnen solle, um so mehr Gläubige zu erreichen. Deshalb solle nun eine Gottesdienst-Reformationsgruppe innerhalb der Gemeinde gegründet werden.

Kindertagesstätten

Weiterhin sei in Bezug auf die Taufzahlen auch der Fortbestand aller derzeit vorhandenen evangelischen Kindertagesstätten „mit einem Fragezeichen zu versehen“. In diesem Zusammenhang kündigte Grzegorek an, dass die Kita Arche Noah 2022 eigentlich ihr 50-jähriges Bestehen hätte feiern können; dies soll nun am Sonntag, 7. Mai, nachgeholt werden.

Schließlich stehe schon am 18. Februar 2024 die nächste Kirchwahl an. Bis zum 4. Dezember müsse die Kandidatenliste für das neu zu besetzende Presbyterium vorliegen. Zu überlegen sei, das Gremium von zehn auf acht Mitglieder zu verkleinern. Die neue Besetzung des Presbyteriums werde „den Weg in die Zukunft entscheidend mitgehen“.

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