Fachkräftemangel: Ohne Zuwanderung geht es nicht

Hunderttausende Fachkräfte fehlen jährlich in Deutschland. Die Bundesregierung will deshalb das Anwerben aus dem Ausland vereinfachen. Das Werdohler Unternehmen Walter Stauffenberg (Stauff) macht mit Auszubildenden aus dem Ausland gerade gute Erfahrungen. Das haben Geschäftsführer Carsten Krenz und Personalleiter Niclas von Seidlitz bei einem Treffen mit Vertretern von Arbeitsagentur, SIHK und Stadtverwaltung betont.
Werdohl – Edonisa Gashi ist vor vier Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen und hat hier einen Realschulabschluss erworben. Bei Stauff absolviert sie gerade ein einjähriges Praktikum als technische Produktdesignerin, das durch das Jobcenter gefördert wurde. Das Praktikum kann sich die 16-jährige auf eine eventuell anschließende Berufsausbildung anrechnen lassen. Gut möglich, dass sie diese Ausbildung auch bei Stauff bekommt, denn beide Seiten äußern sich zufrieden über die bisherige Zusammenarbeit.
Aus Guinea an der Westküste Afrikas ist 2017 Alpha Oumar Barry nach Deutschland gekommen. Am Berufskolleg für Technik hat er den Hauptschulabschluss beworben und bei der Firma Stauff zunächst ein Praktikum absolviert. Mittlerweile befindet er sich im dritten Jahr der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker – und bereitet seinem Ausbilder Gerd Friese viel Freude. „Ich bin gespannt, wie weit er es noch schaffen wird“, traut er dem 22-Jährigen eine Menge zu, vor allem, wenn er seine deutschen Sprachkenntnisse noch ausbaue.
Die Sprachbarriere musste auch Shiar Omar zunächst überwinden. Sein erstes Vorstellungsgespräch bei Stauff führte der Syrer vor fünf Jahren noch auf Englisch. Um eine Ausbildung beginnen zu können, lernte er Deutsch. Mittlerweile spricht er nicht nur diese Sprache sehr gut, was er mit einem B2-Zertifikat sogar schriftlich hat, sondern ist auch im zweiten Jahr der Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik angelangt. Am Anfang sei er skeptisch gewesen, ob er das alles schaffen könne, gibt Omar zu. „Aber ich hatte Geduld, das hat mir geholfen“, sagt er.
Die drei jungen Menschen sind Beispiele dafür, dass es auch ausländische Bewerber auf dem deutschen Arbeitsmarkt schaffen können. Weil die deutsche Wirtschaft auf Zuwanderung angewiesen ist, werden Migranten von verschiedenen Stellen auch gefördert, beispielsweise von der Agentur für Arbeit oder der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK).
Ausbildungsstellenvermittlerin Jasmin Haski von der Arbeitsagentur und SIHK-Ausbildungsberater Jens Leiendecker wiesen beim Besuch in der Firma Stauff auf die Bedeutung der Berufsausbildung für die Deckung des Fachkräftebedarfs hin, der mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren noch steigen wird. „Mit einer Ausbildung öffnet man sich viele weitere Türen“, betonte Haski und auch Leiendecker unterstrich, dass man sich mit einer Berufsausbildung keineswegs lebenslang festlege. „Sie ist eher ein Grundstock, auf den man aufbauen kann“, sagte er.
Bei Stauff absolvieren gerade etwa 30 junge Leute eine Berufsausbildung, bis zum Sommer sollen noch einmal zehn bis 15 dazukommen. „So viele brauchen wir aber auch“, betonte Personalchef Niclas von Seidlitz. Und er betonte, dass die Ausbildungsstellen ohne Zuwanderer aus dem Ausland mittlerweile nicht mehr alle besetzt werden könnten. Das bedeute für die Ausbilder zwar einen höheren Aufwand, „aber den nehmen wir gerne in Kauf“.
Für Bürgermeister Andreas Späinghaus geht Stauff damit den richtigen Weg. „Hier zieht man sich die Fachkräfte von morgen selbst heran“, stellte er fest. Das sei ein Modell für andere Unternehmen, die zwar auch einen Mangel an Fachkräften beklagten, selbst aber nicht ausbildeten. Die Stadt Werdohl reagiert auf Fachkräftemangel in sozialen Berufen, indem sie für diesen Bereich verstärkt ausbildet.
Beratungsangebot
Die Handwerkskammer Südwestfalen, die SIHK und die Arbeitsagentur unterstützen Geflüchtete, die sich beruflich im Handwerk orientieren möchten, und Betriebe, die Geflüchteten ein Angebot machen möchten. Udo Linnenbrink (Tel. 0 29 31/87 73 72, E-Mail: udo.linnenbrink@hwk-swf.de), Can Atay (Tel. 02331/390266, E-Mail: can.atay@hagen.ihk.de) und Jasmin Haski (Tel. 0 23 51/5 67 96 86, E-Mail: Luedenscheid.Ausbildungsstellenvermittlung@arbeitsagentur.de) geben wertvolle Tipps und Ausbildungsplatzangebote.