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So lösen Werdohls jecke Weiber die Probleme unserer Zeit

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Von: Volker Griese

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Etwa 140 Närrinnen haben an Weiberfastnacht im Großen Saal der St.-Michael-Gemeinde Werdohl ausgelassen Karneval gefeiert.
Etwa 140 Närrinnen haben an Weiberfastnacht im Großen Saal der St.-Michael-Gemeinde Werdohl ausgelassen Karneval gefeiert. © Volker Griese

Zwei Mal hatten Werdohls jecke Weiber wegen der Corona-Pandemie auf eine ausgelassene Karnevalsfeier verzichten müssen. Einige schienen das Versäumte am Donnerstag bei der Weiberfastnacht der Katholischen Frauengemeinschaft (KFD) nachholen zu wollen. Die Stimmung jedenfalls war großartig, wozu allerdings auch das Bühnenprogramm Anlass bot.

Werdohl – Fast schien es, als hätte die Corona-Pause dem jecken Treiben gutgetan, denn sowohl auf der Bühne als auch im Saal tobte das pralle Leben: Die Theaterspatzen der KFD, die einmal mehr für das Unterhaltungsprogramm sorgten, gaben gemäß ihrem ausgegebenen Motto ordentlich Gas, um die zum Feiern bereiten und fast ausnahmslos verkleideten rund 140 Närrinnen in Schwung zu bringen.

Dabei griffen sie auch die Themen der Zeit auf. So ging es gleich im Eröffnungslied nach der Melodie des Shanty-Popsongs „The Wellerman“ um die Pandemie, um Geschäftsschließungen in Werdohl, um Straßen- und Brückenbaustellen und um hohe Spritpreise. Doch solche Sorgen, dieses Motto gaben die Theaterspatzen aus, sollten nun für ein paar Stunden beiseite gefegt werden.

Damit das gelingen konnte, betrachteten die Theaterspatzen die Probleme dieser Welt einfach durch die närrische Brille. So begegneten sie dem Pflegenotstand im Seniorenheim mit einer konsequent auf Effizienz getrimmten Art der Körperpflege: Alles wurde dabei geteilt beziehungsweise weiterbenutzt – von der Seife zum Händewaschen über die Zahnbürste und das Wasser zum Mundausspülen bis zum Toilettenpapier.

Generationenvertrag mal anders

Ähnlich pragmatisch setzten die Darstellerinnen die Rentenreform um und interpretierten den Generationenvertrag auf ihre ganz eigene Weise: Rentner wurden kurzerhand bei Erwerbstätigen einquartiert. „Statistisch kommen auf jeden Beitragszahler drei Rentner“, behaupteten sie, während sich das Publikum über die Dreistigkeit der Senioren und die Reaktion des Gastgebers wider Willen amüsierten.

Lustiges konnten die Theaterspatzen auch der üblicherweise langen Warteschlange vor der Damentoilette abgewinnen. Die wahrscheinlich frei erfundenen Dramen, die sich in solchen Situationen abspielen, setzten die Laiendarstellerinnen so gekonnt in Szene, dass sich die eine oder andere Frau im Publikum ertappt gefühlt haben dürfte. Für Erheiterung sorgte die Darbietung aber allemal.

Was passiert, wenn Fahrgäste der Deutschen Bahn mit den Waffen des „Unternehmens Zukunft“ zurückschlagen, sorgte ebenfalls für großen Spaß. Das trieb die Schaffnerin zur Verzweiflung – und den Närrinnen im Publikum Tränen der Freude in die Augen.

Auch die zunehmende Verwendung der geschlechterbewussten Sprache nahmen die Theaterspatzen aufs Korn. Eine Diskussion über die Benutzung eines Diversen-Parkplatzes am Rathaus zwischen der Bürgermeisterin und der selbst ernannten Diversitätsbeauftragten der Stadtverwaltung offenbarte auf amüsante Weise, welche Blüten eine zwanghafte Verwendung des gendergerechten Ausdrucks treiben kann.

Schwarzlicht-Tanz ein Highlight des Abends

Neben solchen Sketchen bot das Programm aber auch noch Showelemente. Unbedingt zu erwähnen ist der Schwarzlicht-Tanz, an dessen Ende das Publikum die erste Zugabe des Abends forderte und bekam.

Danach verlangten die Besucherinnen auch am Ende der choreographischen Darbietung, bei der acht Frauen gleichzeitig auf engem Raum verschiedene Bewegungen ausführten, ohne sich dabei in die Quere zu kommen. Den reibungslosen Ablauf und die perfekt aufeinander abgestimmten Bewegungen verfolgten nicht wenige Frauen im Publikum mit vor Staunen offenem Mund. Die nach frenetischem Applaus geforderte Zugabe musste diesmal aber ausfallen – es lässt sich eben nicht alles so einfach reproduzieren.

Den Schlusspunkt des Programms in zehn Akten setzte dann eine Playback-Show mit einem Stelldichein der Weltstars. Dass die Theaterspatzen damit beispielsweise den österreichischen Sänger Falco („Rock me Amadeus“) wieder zu Leben erweckten und sogar der vor 40 Jahren aufgelösten schwedischen Pop-Gruppe Abba zu einem Comeback verhalfen, heizte die Stimmung im Saal noch einmal an.

Noch Karten für die Wiederholung

Dass das Stimmungsbarometer auch zwischen den einzelnen Programmpunkten nicht zu sehr schwankte, dafür sorgte DJ Philipp Sinn, indem er Stimmungs- und Karnevalshits, Schlager und Neue Deutsche Welle mit feinem Gespür zu einem Musikmix komponierte, der bei den tanz- und feierwütigen Weibern ankam.

Dafür dass das Coronavirus an diesem Abend nur noch eine Nebenrolle spielte und dass dies auch möglichst so bleiben soll, hatten die Organisatorinnen im Vorfeld gesorgt: Mit jeder Eintrittskarte hatten sie im Vorverkauf einen Coronatest ausgegeben, gewissermaßen als stumme Bitte, doch möglichst frisch (und negativ) getestet zum Feiern zu kommen.

Am Veilchendienstag, 21. Februar, kehren die Theaterspatzen übrigens noch einmal in den Großen Pfarrsaal zurück. An diesem Tag erfolgt der Einlass bereits ab 15.11 Uhr, das Programm beginnt um 16.11 Uhr. Karten für diese Veranstaltung sind für 13 Euro noch im Pfarrbüro und auch an der Tageskasse erhältlich.

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