Der angeklagte 55-jährige Werdohler soll jahrelang die Tochter seiner Lebensgefährtin und später deren kleinere Schwester sexuell missbraucht haben. Tatort war laut Anklage eine Wohnung in Werdohl, in der der geschiedene Angeklagte mit seiner neuen Partnerin und deren beiden Töchtern zusammenlebte. Die Anklage geht auf der Grundlage von Hochrechnungen von 580 Taten aus.
Trotz der Schilderung einer entsetzlichen Familiennormalität, die auf Außenstehende wie ein Bericht aus der Vorhölle wirkte, bezeichnete die 23-jährige Hauptbelastungszeugin das Verhältnis zu ihren Stiefvater als „ein ganz normales Vater-Tochter-Verhältnis – so skurril sich das auch anhört“. Sie habe sich „nie so in der Opferrolle gesehen“. Als sie volljährig wurde, zog sie dennoch sofort aus, um dem Grauen zu entrinnen: „Sobald ich 18 Jahre alt war, war ich da raus.“
Zur Polizei ging sie erst, als sie sich Sorgen um ihre kleine Schwester machte, die noch immer im Haushalt ihrer Mutter und ihres Stiefvaters lebte. Sie habe ihr gesagt, „dass sie keine Angst haben muss, die Wahrheit zu sagen“. Und: „Wir müssen sehen, wie wir dich da raus holen.“
Die erste polizeiliche Vernehmung der älteren Schwester habe zweieinhalb Stunden gedauert, berichtete ein Kriminalbeamter.
Beeindruckend war der Auftritt der 23-Jährigen vor Gericht vor allem dadurch, dass sie trotz der vielen Prozessbeteiligten und des Publikums im Schwurgerichtssaal scheinbar sehr aufgeräumt und in klaren, detailreichen Worten von einer zur „Normalität“ gewordenen Familienkatastrophe berichtete. Zunächst habe sie das Ganze weggepackt: „Ich war nie in psychologischer Behandlung.“ Der Strafprozess sei dann der Auslöser dafür gewesen, dass alles auf sie „herabprasselt wie ein ganz großer Scheißhaufen“. Aufgrund von Depressionen und Angstzuständen sei sie mittlerweile in psychologischer Behandlung.
Termin: Der Prozess wird am Dienstag, 29. März, ab 10.30 Uhr im Landgericht fortgesetzt.