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„Gürtel enger schnallen“: Sparen ist in Werdohl alternativlos

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Geld ausgeben ist in Werdohl tabu. Es gibt keine Alternative zum Sparen.
Geld ausgeben ist in Werdohl tabu. Es gibt keine Alternative zum Sparen. © dpa

„Das ist nicht drin.“ Mit diesen Worten unterstrich Bürgermeister Andreas Späinghaus (SPD) am Montagabend, dass der Mittelpunkt des VDM-Kreisels, die sogenannte Kalotte, wohl ein begrünter Erdhügel bleiben wird. Die SPD zog ihren Antrag in diesem Zusammenhang zurück. Und nicht nur das: Als es während der Ratssitzung um den Haushalt und die insgesamt 28 Anträge der Fraktionen ging, wurde eines deutlich: Die Verschönerung der Stadt mit städtischen Mitteln ist tabu – der Haushalt, der einstimmig verabschiedet wurde – lässt keinen Spielraum zu.

Werdohl – Die Kommunalpolitiker aller Fraktionen und die Verwaltung waren nach der Verabschiedung zwar erleichtert, zufrieden konnte jedoch niemand sein. Das wurde schon vorab deutlich, als die Fraktionsvorsitzenden das Zahlenwerk zu Beginn der Sitzung kommentierten – auf lange Haushaltsreden wurde aus zeitlichen Gründen verzichtet. So unterstrich Christdemokrat Stefan Ohrmann, die Kämmerin habe schonungslos darüber aufgeklärt, dass der Ausgleich des Defizit in Höhe von 5,8 Millionen Euro nur durch die Isolation der corona- und kriegsbedingten Belastungen gelingen konnte. Das Defizit könne quasi über viele Jahre abgeschrieben werden. „Wir sollten nur das planen, was realistisch abgearbeitet werden kann“, unterstrich Ohrmann, dass die Sparbemühungen aus der Vergangenheit fortgesetzt werden müssten. „Auch die Kämmerin schreibt: ,Es gibt keine Alternative zum Sparen.’“

Zwar könne eine Kommune laut Gesetz nicht „pleite gehen“, doch helfe das der Stadt Werdohl und den Menschen in dieser Stadt nur bedingt: „Wenn es uns sehr, sehr schlecht geht, wird der Bürger das merken.“ Spätestens dann, wenn Gebühren und Steuern erhöht werden müssten. „Das wollen wir nicht“, erklärte Ohrmann. Die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage sei die einzige Möglichkeit gewesen, den Haushalt noch darzustellen.

Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Marion Gierse stimmte die Werdohler auf schwere Zeiten ein. „Werdohl ist mit seinen finanziellen Mitteln in den vergangenen Jahren als Stärkungspakt-Gemeinde sehr sparsam umgegangen. Vieles wurde eingeschränkt.“ Doch die Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges hätten die Arbeit vieler Jahre zunichte gemacht. „Uns ist absolut bewusst, dass dies im Vergleich mit der Ukraine Jammern auf einem unfassbar hohen Niveau ist“, räumte Gierse ein. Dennoch gebe es Handlungsbedarf, denn „die aktuellen Regelungen werden es in den Folgejahren immer schwerer machen, einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen“. Die Sozialdemokratin folgerte: „Wir sehen hier klaren Handlungsbedarf auf Ebene der Bundes- und Landespolitik.“

Für Thorsten Hänel (WBG) war ebenfalls klar, „dass der Gürtel noch enger geschnallt werden muss“ – denn: „Traurig stimmt uns, dass wir im Moment den ausgeglichenen Haushalt nur gestemmt bekommen, wenn wir die aktuellen Probleme zu Problemen unserer Kinder und Enkel machen müssen. Das darf so nicht sein.“ Der allerletzte Schritt, so der WBG-Ratsherr, „sollte jedoch die Erhöhung von Steuern sein“.

Alexander Lilienbeck, der anstelle des erkrankten FDP-Fraktionsvorsitzenden Friedhelm Hermes ans Rednerpult trat, hatte ebenfalls die nachfolgende Generationen im Blick. „Wir haben tolle Ideen, um die Lebensqualität in Werdohl zu steigern, aber jeder Euro, den wir dafür ausgeben, müssen kommende Generationen zurückzahlen.“ Lilienbeck wünschte sich, dass „Land und Bund den Kommunalpolitikern wieder mehr Verantwortung zugestehen“.

Kein einziger Werdohler war als Zuhörer zur Ratssitzung gekommen – das veranlasste Lilienbeck über das öffentliche Interesse an Politik nachzudenken. „Wenn wir keine Gestaltungsspielräume mehr haben, dann haben die Bürger das Gefühl, dass sich Politik immer weiter von ihnen entfernt.“

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