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„Es wird mehr gekauft“

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Von: Ina Hornemann

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Datteln sind beim abendlichen Fastenbrechen ein Muss in jedem muslimischen Haushalt. Esra Ünver hat eine umfängliche Auswahl parat. Die getrockneten Früchte gelten neben einem Glas Wasser als der perfekte Magenöffner zur ersten Mahlzeit nach vielen Stunden Verzicht.
Datteln sind beim abendlichen Fastenbrechen ein Muss in jedem muslimischen Haushalt. Esra Ünver hat eine umfängliche Auswahl parat. Die getrockneten Früchte gelten neben einem Glas Wasser als der perfekte Magenöffner zur ersten Mahlzeit nach vielen Stunden Verzicht. © Hornemann

Werdohl – Esra Ünver hat sich gut bevorratet: Jede Menge Datteln, knackiges Gemüse, frisches Hähnchen, Rindfleisch und Zutaten für eine gute Suppe hat sie für die aktuelle Kalenderwoche bestellt, denn der Andrang in den Tagen vor Ramadan sei traditionell stärker in ihrem Frischmarkt in der Innenstadt. „Es wird mehr gekauft, denn im Fastenmonat isst niemand für sich allein“, weiß die Lebensmitteleinzelhändlerin. Das passt zum Hashtag #ramadanverbindet, den das Friedensprojekt Ramadan-NRW ausgerufen hat.

Am Donnerstag beginnt der Fastenmonat und Esra Ünver habe schon seit Wochenbeginn bemerkt, dass immer mal ein Päckchen Tee und Reis mehr im Einkaufskorb landet. „Zum Iftar hat man ganz oft Gäste“, erklärt die Geschäftsfrau und Muslima. „Insbesondere am Wochenende kommen Familien und Freundeskreise zusammen, um das Fasten nach Sonnenuntergang zu brechen. Auch das ist ein Grund, warum wir uns auf den Ramadan freuen“.

Wer das als Nicht-Muslim mal erleben möchte, kann sich im gesamten Märkischen Kreis über den Plettenberger Verein Elif zu einem Iftar-Treffen anmelden. „Tandem-Familien“ heißt der Kreis muslimischer Haushalte, die Nicht-Muslimen gern einen Platz an ihrem Abendbrottisch freihalten. Auf der Seite www.elif-ev.de können Interessenten den Reiter Ramadan 2023 anklicken und auswählen, in welcher Stadt sie gerne eine Familie besuchen möchten. Anzugeben sind Personenanzahl, eventuelle Lebensmittelunverträglichkeiten und zwei bis vier Wunschtermine, denn die Gastgeber benötigen ein wenig Vorlaufzeit. Das Essen in kleiner Runde bietet viele Möglichkeiten für einen Dialog, der im Alltag selten so gezielt stattfinden kann. „Die Idee gefällt mir sehr gut!“ so Esra Ünver.

Fragen zum Ramadan bekommt und beantwortet sie gern. Eine häufig gestellte sei, ob es nicht schwer falle, zwischen Sonnenauf- und untergang nicht einmal Wasser zu trinken. „Es geht“, erklärt sie. „Wir bitten im Gebet um die Kraft und das Durchhaltevermögen. Und denken auch an Menschen in Not, die nicht freiwillig verzichten, sondern gar keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Nahrung haben. Auch das ist ein wichtiger Aspekt im Fastenmonat.“

Das Fastenbrechen sollte mit Augenmaß angegangen werden. „Eine Dattel, ein Schluck Wasser oder eine Tasse leichte Suppe sind ein guter Einstieg nach Stunden ohne feste und flüssige Nahrung. Übertreiben sollte man nicht. Aber es wird häufig übertrieben, da nehme ich auch mich und meine Familie nicht aus“, schildert Esra Ünver lachend.

Weil die Auswahl an leckeren Speisen am Abend im Ramadan größer ist, sei auch die Versuchung groß, von allem ein Häppchen mehr zu essen. „Das rächt sich oft durch schnell einsetzende Müdigkeit. Ein Spaziergang zur nächstgelegenen Moschee wirkt dann Wunder. „Zumal das Gebet im Islam ja auch mit Bewegung verbunden ist. Keine sportliche Gymnastik, aber auch kein stilles Sitzen. Das Abendgebet ist ganz wohltuend“, berichtet die Werdohlerin.

Sie selbst bleibe abends daheim bei ihren Kindern. Ihr sechsjähriger Sohn beäugt das Fasten schon mit großer Neugier, natürlich auch im Hinblick auf das Zuckerfest, das ab dem 21. April gefeiert wird – drei Tage lang und die Kinder sind die heimlichen Stars an diesen Tagen: Sie bekommen von überall her kleine Spielzeuge, Münzen und Süßigkeiten zugesteckt. „Kinder dürfen auch um die Häuser ziehen und bekommen für ihre Festtagsgrüße kleine Belohnungen. Das macht ihnen natürlich viel Spaß“, berichtet Esra Ünver. Selbst mitfasten lasse sie ihren Jungen nur begrenzt.

„Er möchte schon, aber ich schränke das auf die Mittagszeit ein. Meist hält er eh nicht solange durch, das muss er ja auch gar nicht. Kinder sind genau wie Schwangere, Kranke oder Menschen in besonderen Ausnahmesituationen grundsätzlich vom Fasten ausgenommen. Es gibt auch kein festes Alter, in dem man einsetzen sollte. Grob gilt die pubertäre Reife“. Auch im Hinblick auf das allgemeine Religionsverständnis.

Fasten im Ramadan, darauf weißt auch die Plettenberger Elif-Familie hin, wird von Außenstehenden häufig mit reinem Verzicht verbunden. „Tatsächlich geht es um Grenzen überwinden, Hindernisse überspannen, alte Kontakte aufrechterhalten und neue Kontakte knüpfen, Begegnungen ermöglichen und in Notsituationen füreinander da sein. Der temporäre Verzicht auf Wasser, Nahrung und Genussmittel ist nur ein kleiner Teil des Ramadan.“

Ins Gespräch kommen können Interessierte auch am 31. März in der Plettenberger Oesterhalle. Der Kultur- und Bildungsverein lädt ab 19 Uhr zu einem interreligiösen Abendprogramm mit anschließendem Iftaressen und kleiner Überraschung. Um Anmeldung über info@elif-ev.de wird gebeten.

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