„Ich habe Blutspuren gesehen“: Skandinavische Musiker regen die Fantasie an

Düster und bedrohlich war die Atmosphäre in der Martin-Luther-Grundschule in Ütterlingsen: „Ich habe nicht nur den Wolf, sondern auch Blutspuren gesehen“, beschrieb eine Schülerin. Zum Hintergrund der besonderen Aktion.
Werdohl – Die Schülerin hatte die Augen geschlossen und ihrer Fantasie freien Lauf gelassen, während Musiker aus Norwegen für die Kinder einige Stücke musikalisch darboten und von ihrem Leben im hohen Norden erzählten.
Durchgeführt werden konnte der musikalisch-kulturelle Austausch im Rahmen des Jekits-Projektes, an dem sich die Martin-Luther-Grundschule schon seit einigen Jahren beteiligt. Wie Musiklehrerin Marion Jeßegus erklärte, könne man sich für Besuche von Musikern bewerben. Diese stellten eine große Bereicherung dar.
An die Martin-Luther-Grundschule kamen an diesem Morgen Torgeir Vassvik (60) und Rasmus Kjorstad (27). Sie sind gerade mit ihrer Tour „Klangkosmos“ unterwegs und währenddessen in Wuppertal untergebracht.
Die Tour gehe durch Nordrhein-Westfalen und nach Brüssel, erklärte Tourmanager Lars Mader, der in der Martin-Luther-Grundschule als Dolmetscher fungierte. Während dieser Tour gäben die Musiker Konzerte für Erwachsene, aber besuchten auch Schulen und machten Workshops mit den Kindern.
Zu einem besonderen Erlebnis wurde der Besuch vor allem deshalb, weil Torgeir Vassvik und Rasmus Kjorstad Musik darboten, die die Kinder so wohl noch nie gehört hatten. „Ich komme ganz aus dem Norden Norwegens“, erklärte Torgeir Vassvik seinem jungen Publikum. Er gehöre dort den Sámi (auch Samen) an, einem indigenen Volk, das ein sehr naturbezogenes Leben führt.

Als Sámi habe er auch den traditionellen Gesang gelernt, der sich Joik nennt. Dieser Gesang kommt ganz ohne Worte aus. Die Sámi versuchen damit, die Klänge der Natur im hohen Norden nachzuahmen beziehungsweise „Musik gemeinsam mit der Natur zu machen“, wie Vassvik erklärte. Er spielte zudem Gitarre – „eine alte deutsche Gitarre“, sagte er stolz.
Rasmus Kjorstad, der selbst aus Oslo kommt und seinen älteren Kollegen dort im Studium kennengelernt hat, begleitete den Sänger auf einer Violine. Auch die ist aber alles andere als typisch: „Es ist eine Violine mit besonders dicken Saiten“, erklärte Kjorstad den Kindern. „Dadurch kann sie besonders tiefe Töne erzeugen.“
Sorgte die besondere Art der Musik bei den Kindern zwischendurch auch für ein Schmunzeln oder Kichern, ließ sich klar erkennen, dass sie doch auch fasziniert waren. Begeistert riefen sie unisono „Jaaa!“, wenn Torgeir Vassvik fragte, ob sie noch ein Lied hören wollen.
Das Lieder-Repertoire reichte von eher dunklen und tosenden Klängen („The Big Storm Is Coming“) über zarte Klänge („The Day After The Storm“) bis hin zur Nachahmung verschiedener Tiere. Letzteres zog die Kinder besonders in den Bann.

Torgeir Vassvik hatte sie darum gebeten, die Augen zu schließen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, während er sang. Düster und bedrohlich wurde es vor allem, während er „Der Wolf“ sang. Nicht nur einen Wolf hätte er gesehen, sondern gleich ein ganzes Rudel, sagte ein Junge. Und das eingangs erwähnte Mädchen war der Überzeugung, der Wolf sei auf der Jagd gewesen und habe etwas gegessen.
Wölfe sehe man in der Landschaft im hohen Norden tatsächlich öfter, schilderte Torgeir Vassvik und beschrieb den Kindern, wie es in Norwegen aussehe: „Das Meer ist oft für mehrere Tage aufgewühlt, wenn es gestürmt hat. Dann aber kann es wieder glatt sein wie ein Spiegel. Im Land der Sámi gibt es außerdem ganz viele Rentiere.“
Die seien doch dafür da, den Schlitten zu ziehen und manchmal könne man sie vom Himmel hören, meinten die Kinder. Zum Abschluss durften auch sie sich am Gesang der Sámi versuchen. Torgeir Vassvik hatte dafür eine Zeichnung mit Lauten an die Tafel gebracht, die dann in der Gruppe gesungen wurden.
Weil zwischendurch so viele interessierte Fragen an die Musiker gestellt wurden, blieb am Ende keine Zeit mehr für den Bärentanz, den Vassvik eigentlich noch hatte zeigen wollen.