Freude und Erleichterung
Friseure dürfen wieder arbeiten: Ansturm am ersten Tag
Auch für die kleinen Werdohler Frisierbetriebe in den Außenbezirken und die Salons von türkischstämmigen Inhabern endete am Montag, 1. März, der Lockdown.
So stark war der Kundendruck allerdings nicht, dass schon jemand um Mitternacht geöffnet hätte. Aber pünktlich um acht Uhr morgens saß Simone Schumann als erste Kundin im Stuhl ihrer Friseurin Melanie Rubin in Ütterlingsen.
Sonst sei sie in gut zwei Stunden fertig, an diesem Montag dauerte es aber eine halbe Stunde länger. Elf Wochen hatten Spuren auf dem Kopf hinterlassen, die mehr professionelle Aufmerksamkeit von Melanie Rubin und ihrem Team erforderlich machte. Um halb elf war die schwarz-lockige Mähne wieder im einem Topzustand und Kundin sowie Friseurmeisterin mit sich und der Welt zufrieden.
Täglich zwölf Stunden an der Schere
Rubin betreibt ihren Salon in Ütterlingsen im Erdgeschoss der Hochhäuser seit 2008. Sie und ihre Mitarbeiterinnen stehen die nächsten vier Wochen täglich von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends an Schere und Fön. Rubin: „Wir sind für den ganzen Monat so gut wie ausgebucht.“ Harte Zeiten lägen hinter ihr, aber klagen will an diesem Morgen niemand: „Die Kundinnen sind froh, dass sie wieder kommen dürfen und wir sind froh, dass wir wieder arbeiten dürfen.“ Rubin strahlt auch hinter der Maske fröhlichen Optimismus aus: „Uns geht es jetzt gut, es war alles schwer genug.“
Schon nach dem ersten Lockdown habe sie in umfangreiche Hygienemaßnahmen investiert. Bei „Haarmonie“ wird vor dem Besuch die Temperatur gemessen, auch Luftreiniger gibt es schon seit Monaten. „Das ist nicht verpflichtend, aber wir machen es gern zur Sicherheit unserer Kundschaft und zu unserer eigenen Sicherheit.“
Termine schon vor Wochen vergeben
Noch nicht über alle Vorschriften im Klaren ist sich das Team vom Friseursalon Ayla, dem traditionsreichsten Friseursalon türkischstämmiger Inhaber in Werdohl. Chefin Ayla Oral schneidet in der Damenabteilung, Sohn Oguzhan Oral ist der Juniorchef. „Wir haben uns erst noch nach den genauen Quadratmeterzahlen erkundigen müssen“, erzählt Oral, während er den Nacken seines Kunden rasiert. Oral besucht die Meisterschule und hält Kontakt zur Handwerkskammer. Normalerweise hat der Salon zehn Plätze, im Augenblick kann an nur vier bis fünf gleichzeitig gearbeitet werden. Das Kosmetikzimmer, das als solches nicht betrieben werden darf, steht auch noch als separater Frisierplatz zur Verfügung. Termine wurden schon Wochen vorher über Facebook, Instagram oder per Telefon vergeben, fünf Mitarbeitende hat der Betrieb inklusive der Chefin und der Jahrespraktikantin, die am 1. März ihren ersten Arbeitstag hatte.
Einer der kleinsten Friseurläden der Stadt befindet sich in Pungelscheid an der Burggrafenstraße. Dort steht Silke Roth in ihrem Salon „New Classic“ und arbeitet mit einer Kundin. Roth beschäftigt nur eine Mitarbeiterin an einem Tag der Woche. „Wenn ich allein hier bin, kann ich maximal zwei Kundinnen gleichzeitig bedienen“, erzählt sie. Es fällt ihr leicht, die Hygienebestimmungen einzuhalten. Dennoch seien die vergangenen Wochen hart gewesen. Von null Einnahmen ohne staatliche Hilfe habe sie weiter Kredit- und Leasingraten bedienen müssen. Sie hat den Vorteil, im Haus zu wohnen. „Aber als Eigentümerin laufen auch hier die Kosten weiter“, sagt sie. Vater Lothar Bauer hatte 1964 den Betrieb in der Burggrafenstraße eröffnet, Tochter Silke betreibt ihn seit 22 Jahren. „New Classic“ eben.
Ausschließlich Stammkundschaft
Seit 30 Jahren steht Sabine Cortese-Prochnow als selbstständige Friseurmeisterin in ihrem „Frisurenstudio Sabine“ an der Feldstraße 11. Vor 25 Jahren kam ihr Mann Anthony Cortese dazu. Die beiden leben so gut wie ausschließlich von Stammkundschaft. Einen Herren- und zwei Damenplätze dürfen sie gleichzeitig bedienen, sonst haben sie fünf Plätze.
„Auch wir filtern selbstverständlich Viren, das hatten wir auch schon nach der Wiederöffnung nach dem ersten Lockdown gemacht“, so Anthony Cortese. Durch den Hygieneplan sei alles aufwendiger, aber nicht zu ändern: „Hauptsache ist, dass wir wieder arbeiten dürfen.“