Kommunale Sorgen

Flüchtlingsgipfel-Fazit: Kommunen brauchen Menschen statt Geld

Für die Flüchtlingshilfe sei eher mehr personelle als finanzielle Unterstützung wichtig, sagt Sozialamtsleiterin Sabine Bleckmann. ARCHIVFoto
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Für die Flüchtlingshilfe sei eher mehr personelle als finanzielle Unterstützung wichtig, sagt Sozialamtsleiterin Sabine Bleckmann. ARCHIVFoto

Hätte Sozialamtsleiterin Sabine Bleckmann einen Wunsch zum Flüchtlingsgipfel schicken können, dann wäre es eine Bitte um niederschwellige Angebote für all jene Menschen gewesen, die wahrhaftig notgedrungen in Werdohl leben. „Geld ist ja die eine Sache und eine Milliarde Euro klingt erstmal großartig. Aber was von dem Batzen hier ankommt, wenn er erstmal durch die Länder gesickert ist? Es könnte ein Tropfen auf dem heißen Stein sein“, so ihre Einschätzung.

Werdohl – Viele Euros werden es nicht sein, die vom Flüchtlingsgipfel vor Ort ankommen, das kann Sabine Bleckmann schon gut vorausahnen. „Geld ist aber gar nicht das vorrangigste Problem, wenn ein hilfesuchender Mensch hier ankommt. Wir bräuchten Menschen, die Flüchtlinge an die Hand nehmen und ihnen zeigen, wie sie sich hier zurechtfinden können. Das können wir allein wegen Sprachbarrieren nur sehr grob“, berichtet Sabine Bleckmann aus der Praxis. Deutlich besser als Asylsuchende aus anderen Ländern seien die Ukrainer an die Übersetzungsprobleme herangegangen: „Die haben uns den Google-Translator unter die Nase gehalten, der zwar manchmal auch ganz lustige Kreationen hervorbringt, aber die Erstkommunikation deutlich vereinfacht“, so Bleckmann. „Mal eben“ ist ein menschlicher Dolmetscher nicht zu bekommen. Der Kreis bietet den Dienst zwar an, doch er ist im Akutfall kaum zu bekommen. „Meistens sind es ja Akutfälle, in denen ein Übersetzer gebraucht wird. Aber es gibt zu wenige dieser Dolmetscher und auch die haben ja irgendwann mal ihren verdienten Feierabend.“

Genug Wohnraum

Was Sabine Bleckmann aktuell jedem Hilfesuchenenden sofort anbieten kann, ist ein Dach über dem Kopf: „Da haben wir immer noch weitaus mehr Kapazitäten zur Wohnraumanmietung als andere Kommunen, die mittlerweile wirklich viel Not haben und nicht mehr wissen, wohin mit den Leuten.“ Nach der Klärung der Unterbringung werden die Asylsuchenden auch vom Flüchtlingsbeauftragten und dem kommunalen Integrationsmanagement „gebrieft“: Sie bekommen Geld für den täglichen Bedarf und medizinische Versorgung. Es werden die Ansprechpartner für Integrationskurse genannt. Über das Maß der rein behördlichen Hilfe könne aber kaum etwas für die Geflüchteten getan werden. „Als erstes suchen sie in der Stadt nach Menschen, die ihre Muttersprache sprechen“, beschreibt Sabine Bleckmann aus dem Leben. „Es sind ja nicht nur wir in der Verwaltung, die nicht die Möglichkeit haben, auf Bedürfnisse einzugehen. Es braucht insgesamt einen Infrastrukturausbau, in den ich ausdrücklich auch Schulen und Kindergärten mit hineingenommen sehen will.“

Jeden Weg kann Sabine Bleckmann nicht weiterverfolgen. Endet die Flüchtlingsbetreuung durch das Sozialamt, weil die Menschen berechtigt sind, Arbeit aufzunehmen oder Leistungen nach Sozialgesetzbuch II beziehen können, brechen Kontakte wieder ab. „Es gibt aber durchaus Erfolgsgeschichten“, weiß sie zu berichten. Die Ukraine-Flüchtlinge seien übrigens weitgehend gefasst gewesen, als sie in Werdohl angekommen seien. „Manchmal habe ich aber mit Leuten zu tun, die mir Sorge bereiten, weil ich ihre Sorgen nicht kenne“, schildert die Sozialamtsleiterin aus der Praxis. Auch da bräuchte es mehr unterstützende Helfer. „Noch sind die Eindrücke vom Flüchtlingsgipfel ja ganz frisch. Wenn Verbesserungen erzielt werden können, werden wir die Möglichkeiten mit Freude annehmen und umsetzen. Wir müssen es erstmal sacken lassen.“

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