Nach nur einem Jahr: Leiter des Jugendamtes schmeißt hin

Vor knapp einem Jahr hat Michael Thomas-Lienkämper die Leitung des Werdohler Jugendamtes übernommen. Jetzt hat er Bürgermeister Andreas Späinghaus um die Entbindung von diesen Aufgaben gebeten. Der Verwaltungschef hat die Nachfolge aber bereits geklärt.
Werdohl – Die Leitungsstelle im Jugendamt beschäftigt Späinghaus seit mehr als zwei Jahren mehr als ihm lieb ist. Noch seine Amtsvorgängerin Silvia Voßloh hatte mit Wirkung vom 1. März 2018 Kirsten von der Crone mit der Leitung des Jugendamtes betraut. Zuvor war Marco Malcherek-Schwiderowski, der die Anfang 2016 in den Ruhestand verabschiedete Sybille Dworschak abgelöst hatte, zur Stadt Lüdenscheid gewechselt.
Jugendamtsleiterin von der Crone wurde auf der Stelle aber nicht dauerhaft glücklich. Im März 2021 riet sie dem Bürgermeister, das Jugendamt an den Märkischen Kreis abzugeben. Das kam für Späinghaus aber nicht infrage, außerdem hätte es rechtliche Probleme mit der Übertragung der Aufgaben der Jugendhilfeträgerschaft an den Märkischen Kreis gegeben.
Zum 31. Mai 2021 schließlich rief Bürgermeister Andreas Späinghaus (SPD) mittels einer organisatorischen Entscheidung Kirsten von der Crone von der Amtsleitung ab. Mit anwaltlicher Begleitung beider Seiten einigten sich die Parteien arbeitsgerichtlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im September 2021.
In der Zwischenzeit übernahm Bürgermeister Späinghaus selbst die Leitung des Jugendamtes, denn auf die Schnelle war keine andere dafür geeignete Person zu finden. Fachliche Unterstützung erhielt er vom Plettenberger Jugendamtsleiter Michael Schröder. Zwei Mal wurde die Stelle ausgeschrieben. Dann bewarb sich der heute 60-jährige Werdohler Michael Thomas-Lienkämper auf die Stelle.
Der Diplom-Sozialabeiter Thomas-Lienkämper arbeitete seinerzeit bei der Stadt Iserlohn in der Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit, war aber auch für die Betreuung des Personals in den Übergangswohnheimen für Asylbewerber zuständig. Und er traute sich die Leitung des Werdohler Jugendamtes zu, wie er bei seiner Vorstellung vor ziemlich genau einem Jahr betonte. Er wolle das Team des Jugendamtes und des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) vor allem wertschätzend leiten. Zunächst müsse er allerdings zuhören und lernen: „Jeder, der hier arbeitet, ist länger da als ich. Ich bin der Newcomer“, sagte Thomas-Lienkämper bei seinem Amtsantritt.
Weil Bürgermeister Späinghaus von dem Bewerber überzeugt war und weil auch der Jugendhilfeausschuss grünes Licht gab, trat Michael Thomas-Lienkämper am 1. März 2022 die Stelle des Jugendamtsleiters an.
So ganz „rund“ schien es unter seiner Leitung aber nicht überall zu laufen im Jugendamt. So gab es im Herbst 2022 laute Kritik seitens der Werdohler Grundschulen, denen die Unterstützung des Jugendamtes bei einem Sprachförderprojekt fehlte. Das Werdohler Jugendamt jedoch bringe dem Projekt weder Wertschätzung entgegen noch leiste es die im Laufe des Jahres zwei Mal eingeforderte Unterstützung wie beispielsweise die Elterninformation mit Aufforderung zur Teilnahme am Brücken-Projekt, bemängelte Schulleiterin Nina Manns in einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses.
Thomas-Lienkämper wies den Vorwurf der mangelnden Wertschätzung zurück und bat um Verständnis für etwaige Versäumnisse. Schließlich sei er erst seit März Leiter des Jugendamtes, zudem habe er einen großen Aufgabenbereich und vielfältige Aufgaben.
Rund ein Vierteljahr später, am 24. Januar, hat Michael Thomas-Lienkämper den Bürgermeister nun während einer turnusmäßigen Besprechung um die Entbindung von seinen Aufgaben gebeten. Das hat Bürgermeister Späinghaus mittlerweile bestätigt. „Im Rahmen meiner Fürsorgepflicht bin ich dieser Bitte nachgekommen“, sagte er. Zu den Hintergründen der Bitte äußerte sich der Bürgermeister nicht.

Die Nachfolge auf der Stelle der Jugendamtsleitung hat Späinghaus diesmal allerdings schnell regeln können. Mit der 40-jährigen Sozialarbeiterin Simone Hanßen, die erst seit November 2022 ASD-Leiterin und stellvertretende der Abteilung Jugend ist, saß eine geeignete Nachfolgerin bereits im Rathaus. Es brauchte wohl nicht viel Überredungskunst, um sie für die Stelle an der Spitze des Jugendamtes zu begeistern. Jedenfalls konnte Späinghaus bereits an diesem Mittwoch, nur 15 Tage nach der Entbindung Thomas-Lienkämpers von seinen Aufgaben, Vollzug melden. Einen Tag zuvor hatte auch der Personalrat seine Zustimmung zu dieser Personalentscheidung des Bürgermeisters gegeben, wodurch eine zeitraubende Ausschreibung der Stelle vermieden werden konnte.
Die Jugendamtsleitung solle deshalb nun bereits zum 1. März mit Simone Hanßen, deren bisheriger Stellenumfang von 25 Wochenstunden damit auf eine Vollzeitstelle aufgestockt werde, besetzt werden, sagte Späinghaus am Mittwoch. Einzige Hürde ist noch der Jugendhilfeausschuss, der vor der Berufung der neuen Jugendamtsleiterin angehört werden muss. Der Ausschuss tagt das nächste Mal am 28. Februar, also gerade noch rechtzeitig, bevor Hanßen die Arbeit auf der neuen Stelle aufnehmen soll.
Michael Thomas-Lienkämper wird in der Stadtverwaltung eine andere Aufgabe bekommen. Auf ausdrücklichen Wunsch des ehemaligen Jugendamtsleiters werde diese Aufgabe nicht im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes liegen, sagte Bürgermeister Späinghaus. „Sehr wahrscheinlich“ werde er eine neue Stelle im Sozialamt übernehmen, was aber noch mit dem Personalrat abgestimmt werden müsse.
Ob die Leitung des Allgemeinen Sozialdienstes, die durch Simone Hanßens Aufstieg zur Jugendamtsleiterin vakant wird, neu besetzt werden muss, ließ der Bürgermeister noch offen. „Frau Hanßen ist vom Fach und hat die Freiheit, das Jugendamt so zu gestalten, wie sie es für erforderlich hält. Sie wird sich auch Gedanken machen, ob eine neue ASD-Leitung erforderlich ist, oder ob die Aufgaben im Team erledigt werden können“, sagte Späinghaus abschließend.