1. come-on.de
  2. Lennetal
  3. Werdohl

„Blick richtet sich nach vorne“: Der Wald der Zukunft entsteht bereits

Erstellt:

Von: Carla Witt

Kommentare

Eichen mit weißen Spitzen: Im Herbst des vergangenen Jahres sind diese jungen Bäume zwischen Landwehr und Ennest gepflanzt worden. Das sogenannte Vergrämungsmittel soll sie vor gefräßigem Wild schützen.
Eichen mit weißen Spitzen: Im Herbst des vergangenen Jahres sind diese jungen Bäume zwischen Landwehr und Ennest gepflanzt worden. Das sogenannte Vergrämungsmittel soll sie vor gefräßigem Wild schützen. © Witt, Carla

„Jetzt richtet sich der Blick langsam nach vorne“, sagt Kevin Hauser. Die Zeiten, in denen der Borkenkäfer und die durch ihn verursachten Schäden den Arbeitstag des Werdohler Revierförsters bestimmt haben, neigen sich dem Ende zu.

Werdohl – Das Käferholz ist größtenteils aufgearbeitet. Und obwohl die Vegetationsperiode gerade erst beginnt, ist auch im Gebiet zwischen Landwehr und Ennest deutlich zu erkennen, dass sich nach und nach ein neuer Wald entwickelt.

Hauser blickt auf die vergangenen Jahren zurück, die auch für den Werdohler Wald katastrophal waren: Rund 80 Prozent der Fichten im Bereich der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Werdohl, dieser umfasst etwa 1600 Hektar, sind den gefräßigen Insekten zum Opfer gefallen. „Unter anderem der gesamte Remmelshagen“, bedauert der Förster.

Eine gewaltige Menge Fichtenholz kam seit Beginn der Käferplage im Bereich der FBG Werdohl zusammen.

„Müssen abwarten“

Die restlichen 20 Prozent seien dem Anschein nach noch überwiegend gesund – insbesondere jüngere Fichten bis zu einem Alter von ungefähr 40 Jahren – sowie einige ältere Restbestände. Ob das so bleibt, ist allerdings ungewiss. „Wir müssen einfach abwarten, wie es sich entwickelt. Ich befürchte, dass doch noch größere Flächen abgeholzt werden müssen. Im April oder Mai wissen wir mehr“, stellt Hauser fest.

Hier entsteht ein Mischwald: Neben Fichtenrestbeständen (links) haben sich selbst Birken angesiedelt. In der Mitte des
Hier entsteht ein Mischwald: Neben Fichtenrestbeständen (links) haben sich selbst Birken angesiedelt. In der Mitte des © ist oben auf der Kuppe eine Neuanpflanzung zu sehen; die jungen Bäume sind mit weißen Kunststoffmanschetten gegen Wildverbiss geschützt. Fotos: Witt

Im Normalfall rate er allen Waldbesitzern davon ab, wieder Fichten zu pflanzen. Verschwinden wird der Baum, der die Landschaft des Sauerlands über Jahrzehnte geprägt hat, aber wohl nicht vollständig. „Durch Naturverjüngung wird sich die Fichte in unseren Wäldern halten“, ist Hauser überzeugt.

Vor allem auch deshalb, weil man es Schädlingen künftig nicht mehr so leicht machen will: Große Monokulturen – das waren die großen, stillen Fichtenwälder – soll es nicht mehr geben: „Unser Ziel ist ein stabiler Mischwald, dann können Buchdrucker und Kupferstecher nicht mehr so großen Schaden anrichten“, sagt Kevin Hauser mit Blick auf die Borkenkäferarten, die für die Zerstörung der Fichten verantwortlich sind.

Auch andere Schädlinge, die der Förster im Blick hat, sollen es im Mischwald schwer haben; zum Beispiel der große braune Rüsselkäfer. Er kann zur Gefahr für Aufforstungen mit jungen Douglasien, Lärchen oder Tannen werden: „Wenn Nadelholz an den Stellen gepflanzt wird, wo vorher Nadelholz stand, kann sich dieser Schädling in den abgestorbenen Stümpfen entwickeln und für massive Ausfälle sorgen.“ Der gefräßige Käfer macht sich am Wurzelhals der jungen Nadelbäume zu schaffen.

Naturverjüngungen: Sowohl die Fichten als auch die Birken haben sich bereits vor einigen Jahren auf dieser Kahlfläche ohne menschliches Zutun angesiedelt. So könnte die Fichte dem Sauerland erhalten bleiben.
Naturverjüngungen: Sowohl die Fichten als auch die Birken haben sich bereits vor einigen Jahren auf dieser Kahlfläche ohne menschliches Zutun angesiedelt. So könnte die Fichte dem Sauerland erhalten bleiben. © Witt, Carla

„Generell gilt, dass der Wald für zukünftige Generationen in Ruhe geplant werden sollte“, stellt Kevin Hauser fest. 50 000 junge Bäume sollen zunächst in diesem Jahr im Bereich der FBG Werdohl gepflanzt werden. Die große Masse sind Arten, die im Sauerland schon immer heimisch waren: Buchen, Eichen, Ahorn und Kirschen, dazu kommen die bereits genannten Nadelhölzer Lärche, Douglasie und Tanne.

Vereinzelt sollen sich Esskastanien dazugesellen, die als sogenannte Klimabäume den Ruf haben, mit wärmerem und trockenerem Wetter besonders gut zurecht kommen. „Natürlich ist die Wahl der Bäume auch vom Standort abhängig“, macht Hauser deutlich, dass sorgfältige Planung und Fachwissen bei der Aufforstung wichtig sind.

Pflanzgut knapp

Wann mit welcher Baumart aufgeforstet wird, ist zudem von anderen Faktoren abhängig. „Insgesamt ist das Pflanzgut knapp, man muss früh planen.“ Ganz besonders schwierig sei es momentan, junge Eichen zu bekommen. Hinzu komme, dass auch die Manpower nicht vorhanden sei, um an vielen Stellen gleichzeitig zu pflanzen. Und: Einen neuen Wald anzulegen, das kostet viel Geld.

Dass sich die Aufforstung aus diesen Gründen wohl über viele Jahre hinziehen wird, habe aber auch Vorteile, erklärt der Förster: In einem besonders trockenen Jahr müsse man beispielsweise mit vielen Ausfällen rechnen. „Dann kann es sein, dass fast alle Pflanzen kaputtgehen.“

Wird jedes Jahr ein Teil aufgeforstet, verteilt sich das Risiko entsprechend. Hinzu komme, dass auch durch Naturverjüngung ein stabiler Wald entstehen könne, erklärt Kevin Hauser. „Es kann sich also lohnen abzuwarten, welche Baumarten sich von selbst ansiedeln.“

Inzwischen hat diese Kirsche schon einen stattlichen Stamm. Sie und die Eichen im Hintergrund wurden 2014 gepflanzt – im Rahmen des ersten Bergwaldprojekts, das Revierförster Kevin Hauser begleitet hat.
Inzwischen hat diese Kirsche schon einen stattlichen Stamm. Sie und die Eichen im Hintergrund wurden 2014 gepflanzt – im Rahmen des ersten Bergwaldprojekts, das Revierförster Kevin Hauser begleitet hat. © Witt, Carla

Zu den geplanten Aufforstungen kommen noch die jungen Bäume, die von freiwilligen Helfern im Rahmen des Bergwaldprojektes vom 26. März bis zum 1. April gesetzt werden sollen. Wo die Teilnehmer an die Arbeit gehen, steht noch nicht genau fest. „Es gibt viele Flächen, die infrage kommen“, sagt Hauser.

Nach den Käferjahren hat er nun verstärkt nicht nur die Aufforstung, sondern auch die Pflege von bereits aufgeforsteten oder naturverjüngten Bereichen im Blick – damit sich eine Katastrophe, wie die der vergangenen Jahre, im Wald von morgen möglichst nicht wiederholt.

Auch interessant

Kommentare