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Vom Flüchtlingsgipfel enttäuscht: „Mittel greifen schlecht vor Ort“

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Von: Johannes Opfermann

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Viele Flüchtlinge kommen zunächst an der Ohler Straße 100 unter. Neue Zuweisungen dürfte es für Plettenberg zunächst nicht geben, weil die Quoten aktuell (über)erfüllt werden. ARCHIVFoto
Viele Flüchtlinge kommen zunächst an der Ohler Straße 100 unter. Neue Zuweisungen dürfte es für Plettenberg zunächst nicht geben, weil die Quoten aktuell (über)erfüllt werden. ARCHIVFoto © Privat

Nach dem Flüchtlingsgipfel in Berlin, bei dem der Bund den Kommunen zusätzliche Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro zugesichert hat, fällt die Reaktion im Plettenberger Rathaus verhalten aus. Kritikpunkte sind die Zweckgebundenheit vieler Mittel und ein hoher Verwaltungsaufwand, sodass zu wenig Zeit für echte Integration bleibe.

Plettenberg – „Wir werden vor Ort beobachten und dann später berichten, inwiefern die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels konkrete Auswirkungen auf Plettenberg haben“, sagt Christiane Wilk, Fachgebietsleiterin Soziales bei der Stadt Plettenberg, am Tag nach dem Gipfeltreffen in Berlin. „Natürlich begrüßt die Verwaltung eine gemeinsame Flüchtlingspolitik von Bund und Ländern. Vor allem beschleunigte Verfahren und eine bessere, schnellere Rückführung würden die Arbeit vor Ort erleichtern.“ Andere Ideen, wie beispielsweise die mietfreie Überlassung von Bundesliegenschaften, würden hingegen in Plettenberg nicht greifen, weil es hier diese Liegenschaften gar nicht gebe.

Mittel bedarfsgerecht einsetzen

„Natürlich wäre eine auskömmliche Finanzierung der Kosten für die Geflüchteten vor Ort von Vorteil“, so Wilk. „Allerdings sollten die Mittel dann zur freien Verfügung in den Kommunen bereit gestellt werden, sodass wir bedarfsgerecht die Mittel einsetzen können, egal ob für personelle Ausgaben oder bauliche Kosten.“ Hier identifiziert die Fachgebietsleiterin einen Knackpunkt. „Viele Mittel sind zweckgebunden und greifen schlecht vor Ort, bringen aber einen sehr hohen Verwaltungsaufwand mit komplexen Verwendungsnachweisen mit sich“, kritisiert sie. „Die Zeit, die dafür eingesetzt wird oder zum Beispiel auch für vielfältige Statistiken und ähnliches, könnte viel besser für echte Integration aufgebracht werden.“

Nicht nur die Verfahren bei der Ausländerbehörde, sondern auch die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollten Wilks Ansicht nach „dringend beschleunigt“ werden. Für eine wirkliche Integration brauche man unter anderem dringend weitere Kita-Plätze und schulische Angebote wie Offenen Ganztag.

Eine Milliarde Euro an zusätzlichen Mitteln hat der Bund beim Flüchtlingsgipfel für die Kommunen zugesagt, aber was davon vor Ort ankommt, ist noch offen.

„Wir wissen noch nicht, wie hoch der Plettenberger Anteil an den neuen Mitteln sein wird und was konkret mit den Mitteln gemacht wird“, erklärt Wilk. Kürzlich eingegangen sind dagegen 630 000 Euro an Landesmitteln, die bereits Ende März als Vorausmeldung angekündigt worden waren und für die Flüchtlingsunterbringung gedacht sind. „Die konkrete Verwendung der Mittel, die vor allem für bauliche Zwecke vorgesehen sind, muss noch verwaltungsintern abgestimmt werden“, teilt Wilk mit. Zur aktuellen Flüchtlingssituation erklärt Wilk, dass Plettenberg seit März keine weiteren Zuweisungen bekommen habe. „Die Erfüllungsquoten sind nach wie vor gut“, berichtet die Fachgebietsleiterin.

Erfüllungsquoten von 97 und 124 Prozent

Die zwei maßgeblichen Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen erfüllt die Stadt weiterhin deutlich. Die erste Quote nach dem „Flüchtlingsaufnahmegesetz (Flüag)“ bezieht sich auf die Verteilung von nicht oder noch nicht anerkannten Flüchtlingen: Hier leben in Plettenberg zurzeit (Stand 5. Mai) 392 Personen, womit Plettenberg die Quote zu 97,9 Prozent erfüllt (März 101 Prozent).

Darüber hinaus gibt es die zweite Quote, die sich auf Geflüchtete bezieht, die bereits über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen. Zur Integration erhalten diese Menschen aber eine zeitlich befristete Wohnsitzauflage: In Plettenberg leben 354 Geflüchtete mit Wohnsitzauflage, womit Plettenberg diese Quote mit 124 Prozent erfüllt (März 126 Prozent).

Bei der ersten Erfüllungsquote liegen die einzelnen Kommunen meist zwischen 85 und 100 Prozent, bei der zweiten ist die Streuung deutlich größer. Viele Kommunen haben hier eine Erfüllung von unter 50 Prozent, während die Vier-Täler-Stadt hier mit 124 Prozent deutlich im oberen Bereich landet. Somit dürften auch weiterhin erst einmal Kommunen mit niedrigeren Erfüllungsquoten neue Zuweisungen erhalten.

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