„Merkt, dass Fachkräfte fehlen“: Viele Stolpersteine für die heimische Wirtschaft

Kostensteigerungen, Fachkräftemangel sowie das schlechte Image der Schwerindustrie – Herausforderungen, mit denen die heimischen Unternehmen zu kämpfen haben, sind vielfältig. Bei einem Besuch in der Schmiedetechnik Plettenberg machte sich davon die heimische Bundestagsabgeordnete Bettina Lugk (SPD) selbst ein Bild.
Plettenberg – Von der Skizze eines Kunden bis zum fertigen Bauteil ist es ein langer Prozess, in dem das Produkt mit dem Knowhow von STP nach den Wünschen des Kunden entwickelt und getestet wird. „Es dauert bis zu zwei Jahre, bis ein Teil genehmigt ist“, erklärte Mark Martin, Managing Director bei STP.
Rund 65. 000 Tonnen Stahl im Jahr verarbeitet die Gesenkschmiede und produziert 17 Millionen Teile, davon etwa 11 Millionen Pleuelstangen für die Automobilbranche, für Fahrzeuge vom Motorrad bis zum Lkw.
Automatisierung und Fachkräfte
Auch wenn das eigentliche Schmiedeverfahren 5000 Jahre alt ist, so haben sich die Maschinen und die Arbeit verändert. Vieles läuft heute auch bei STP vollautomatisch. „An einigen Maschinen stehen heute nur noch Roboter“, so Martin. „Das Thema Automatisierung macht den Leuten auch Angst, aber nur so können wir mit China konkurrieren.“
Während durch die Automatisierung manche Arbeitsplätze wegfielen, würden in anderen Bereichen Leute eingestellt, die für die Maschinenprogrammierung, bei der Qualitätskontrolle oder auch in der Innovationsabteilung gebraucht werden. Die Suche nach Fachkräften beschäftigt auch STP.

In anderen Unternehmen in der Region komme das Thema ebenfalls immer wieder zu Sprache, so die Bundestagsabgeordnete Bettina Lugk: „Man merkt, dass Fachkräfte fehlen. Die Leute werden von den Firmen nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen, sondern man versucht das Knowhow zu halten.“
Das gilt auch für STP. „Für uns ist das Thema Mitarbeiter entscheidend. Wenn wir wachsen wollen, brauchen wir mehr Leute und müssen die mit Erfahrung und Knowhow halten“, erklärte Martin. Nach einem Rückgang sei man inzwischen wieder bei 600 Mitarbeitern angelangt. „Wir wollen in fünf Jahren unseren Umsatz verdoppeln, und das nicht über Preiserhöhungen, sondern über Mengenerhöhungen.“
Schlechtes Image korrigieren
Die Arbeitsbedingungen seien auch im Rahmen des Gesundheitsmanagements, für das STP 2021 mit dem Corporate Health Award ausgezeichnet wurde, verbessert worden. So seien überall Absauganlagen installiert worden, um Feinstäube abzusaugen und so die Luft zu verbessern, erläuterte Martin.
Besonders wichtig war es ihm auch, das schlechte Image der Schwerindustrie zu korrigieren: „Die Stahlindustrie ist der größte Recycler in Deutschland, es weiß nur keiner.“ Der bei STP verwendete Stahl werde aus Schrott hergestellt und auch der bei der Produktion der eigenen Teile anfallende Schrott – Grate, Späne – gehe zurück ins Stahlwerk. Für den eigenen Energiebedarf bezieht STP 58 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien, „auch wenn es teurer ist“, so Martin. Zudem gibt es Planungen, die Maschinen so umzurüsten, dass sie 40 Prozent weniger Strom verbrauchen, oder die viele anfallende Wärme zum Heizen zu nutzen.
„Erreichbare Ziele formulieren“
STP wäre als Hersteller von Pleueln enorm vom drohenden Aus des Verbrennungsmotors ab 2035 betroffen. Da aus Sicht von STP-Manager Martin eine komplette Umstellung auf Elektroantriebe nicht umsetzbar ist, sprach er auch das Thema E-Fuels an.
„Wir werden um das Thema E-Fuels als Brücke nicht herumkommen“, meinte dazu auch Bettina Lugk. Es sei wichtig, realistisch erreichbare Ziele zu formulieren: „Die Frage ist, wie können wir Ziele ambitioniert, aber machbar formulieren, damit sie die Wirtschaft nicht gefährdet.“
Ein weiteres Anliegen war es für Martin, auf die Marktmacht der Autohersteller gegenüber den Zulieferern hinzuweisen. „Das ist nicht mehr auszuhalten. Selbst wenn seit zehn Jahren ein Teil produziert wird, soll immer noch mehr Rabatt gegeben werden.“ So sollten aus Sicht der Autohersteller allein die Zulieferer die gesteigerten Energiekosten tragen. Lugk verwies an dieser Stelle auf Diskussionen um einen verbilligten Industriestrom, der den Standort sichere, solange die Transformation zu anderen Energieträgern wie Wasserstoff noch nicht umgesetzt ist.
Im Anschluss an das Gespräch, aus dem Lugk Impulse für ihre Arbeit in Berlin mitnimmt, konnte die Bundestagsabgeordnete bei einer Führung durch das Plettenberger Werk noch einige Eindrücke sammeln, wie Pleuel und andere Autokomponenten hergestellt werden.