„Fast alles hat sich verändert“: Apothekerin Ulrike Schäfer in Ruhestand

Ulrike Schäfer hat vor 41 Jahren ihren Dienst als Pharmazeutisch-Technische Assistentin in der Apotheke am Nocken begonnen. Unzählige Lebenswege hat die 65-Jährige in ihrer Laufbahn begleitet und zwar von der Geburt bis zum Tod. Seit Dienstag befindet sie sich im Ruhestand.
Plettenberg – Drei Aktenordner, ein Filmlesegerät und eine elektrische Registrierkasse – mehr gab es in dem Rohbau der Apotheke am Nocken nicht, als Ulrike Schäfer vor 41 Jahren ihren Dienst als Pharmazeutisch-Technische Assistentin begann. Unzählige Lebenswege hat sie seither begleitet. Heute ist ihr erster Tag im wohlverdienten Ruhestand.
Rund ums kalte Büffet wird viel gescherzt im Aufenthaltsraum. Ulrike Schäfer könnte Bücher füllen mit ihren Erfahrungen nach vier Jahrzehnten in einer Dorf-Apotheke. Die jüngeren Kolleginnen können sich gar nicht mehr vorstellen, wie Warenwirtschaft noch im Jahr 1981 stattgefunden hat. „Unser Katalog wurde auf langen Filmstreifen geliefert, weshalb wir das Filmlesegerät benötigten. Da mussten wir uns die Medikamente zusammensuchen, telefonisch bestellen und ein paar Tage auf die Post warten“, plaudert Ulrike Schäfer aus dem Nähkästchen.
Angefangen hat sie mit ihrem damaligen Chef Jürgen Lehmann. „Ein Vorgesetzter der alten Schule“, beschreibt sie den Vater des heutigen Apothekenbetreibers Jörg Lehmann. Jürgen Lehmann hatte Ulrike Schulte eingestellt, als sie erst die reine Helferinnen-Ausbildung in der Tasche hatte. „Die PTA-Prüfung würde ich ja wohl schaffen“, meinte Jürgen Lehmann und eröffnete mit der jungen Kraft an Bord die Apotheke als Rohbau. „Die Eingangsstufe existierte noch nicht. Da standen die ersten Kunden schon im Geschäft“, erinnert sich die 65-Jährige.
In der Folge gab sie längst nicht nur Pillen, Salben und Tinkturen an die Kundschaft aus, sondern nahm auch an deren Leben teil. „In diesem Beruf begleitet man das ganze Leben. Von der Geburt bis zum Tod. Wir waren dabei, als Familien ins Neubaugebiet gezogen sind, wussten, wer geheiratet hat und sich wieder scheiden ließ. Ich kannte die Noten von Mathearbeiten. All das begleitet man mit, wenn man so lange an einem Ort arbeitet“, berichtet Ulrike Schäfer.
Launig erinnert sie sich an die Zeit, als die kleinen blauen Potenzpillen auf den Markt kamen. „Die Männer mit dem Rezept in der Tasche lungerten erst mal eine Weile vorm Schaufenster, bevor sie reinkamen. So eine Bestellung sollte ja nicht jeder mitbekommen...“
Heute ist der Umgang mit solchen Wirkstoffen deutlich unverkrampfter – die Diskretion am Tresen aber ist geblieben.
„Dafür hat sich fast alles andere verändert im Apothekenwesen. Als dieses Geschäft hier vor 41 Jahren eröffnete, war es nicht ausgelegt auf die hochmoderne Technik, mit der heute gearbeitet wird. Es ist erstaunlich, wie wir da hineingewachsen sind. Wir sind aber auch alle immer gefördert worden, um den Anschluss ans digitale Zeitalter nicht zu verpassen.“
Den Beruf der PTA würde Ulrike Schäfer jungen Leuten gerne ans Herz legen, auch im Hinblick auf den akuten Nachwuchsmangel. Ihr Posten konnte bislang erst mit einer halben Stelle nachbesetzt werden. Eine weitere Halbtagskraft wird noch gesucht.
„Wenn mich ein Notruf vom alten Team ereilt, werde ich bestimmt zum Aushelfen wiederkommen“, versichert die Neu-Ruheständlerin. Aber zuhause wartet auch viel Schönes auf sie: Drei Töchter, drei Schwiegersöhne, drei Enkelkinder. „Und ein E-Bike!“