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Dank Matratze voller Beton: Keine Wasserverluste mehr am Siesel

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Von: Georg Dickopf

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Jörg Klages, Betriebsleiter der Wasserkraft-Sparte bei der Mark-E, am sanierten Obergraben der Lenne.
Jörg Klages, Betriebsleiter der Wasserkraft-Sparte bei der Mark-E, am sanierten Obergraben der Lenne. © Dickopf, Georg

Für mehrere Hunderttausend Euro wurde in den vergangenen Monaten der Obergraben des Sieseler Laufwasserkraftwerkes vollständig saniert. Da der Zulauf undicht war, sickerten täglich tausende Liter Wasser durch die Betonverkleidung. Eine mit Beton gefüllte Matratzenhülle soll dies künftig verhindern.

Plettenberg – Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurden in den letzten Monaten der Obergraben des Sieseler Laufwasserkraftwerkes komplett saniert.

Der 200 Meter lange Zulauf vom Lennewehr war undicht, wie der Plettenberger Jörg Klages, Betriebsleiter des Bereiches Wasserkraft bei der Mark-E, beim Termin vor Ort berichtete. Mehrere tausend Liter Lennewasser seien täglich durch schadhafte Stellen der Betonverkleidung des Obergrabens hindurchgesickert.

Um das verhindern, sei eine umfassende Sanierung des gesamten Obergrabens  unausweichlich gewesen. Um den Ausfall der dahinter liegenden Wasserturbinen möglichst kurz zu halten, entschied sich der verantwortliche Bauingenieur Uwe Haring für die Zusammenarbeit mit einer Firma aus Süddeutschland.

Der Obergraben zu Beginn der Sanierung mit der speziellen Textilmatratze.
Der Obergraben zu Beginn der Sanierung mit der speziellen Textilmatratze. © Dickopf, Georg

Textile Matratze mit Beton verfüllt

Die legte den gesamten Obergraben laut Jörg Klages mit einer Art textiler Matratzenhülle aus, die vom Boden aus mit den schrägen Seitenwänden verbunden wurden.

Anschließend wurde die Hülle vorsichtig mit einem ganz speziellen Betongemisch verfüllt. Der Beton füllte dabei die gut zehn Zentimeter hohen Waben und verteilte sich so über die gesamte V-Form des Obergrabens.

Zeitaufwändige und teure Schalungsarbeiten am Obergraben entfielen so und nach der Austrocknung des Betons konnten die Schleusen wieder geöffnet werden.

Vorsichtig wurden die Matten zum Abschluss mit einer Betonmischung verfüllt.
Vorsichtig wurden die Matten zum Abschluss mit einer Betonmischung verfüllt. © Dickopf, Georg

Alles in allem habe die Sanierung des Obergrabens an der Lenne laut Klages rund 600 000 Euro gekostet. Weitere 200 000 Euro wurden investiert, um Verschleißteile der mehr als 100 Jahre alten Wasserkraftturbinen mit 1,8 Megawatt Gesamtleistung zu ersetzen. „Die laufen jetzt die nächsten 20 Jahre“, vertraut Klages auf die gute Qualität der drei Francis-Turbinen, die für die Nova Strom, eine Tochter der Enervie-Gruppe, knapp 5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr produzieren – abhängig vom Wasserstand der Lenne.

„Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, die sogenannte Grundlast sicherzustellen, denn wir können hier verlässlich Strom produzieren, auch wenn sich kein Windrad dreht und die Sonne nicht scheint“, sagt Klages. Dies sei nach der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke ein wichtiger Punkt.

Dass Bild zeigte den Aufbau der Betonmatratze.
Dass Bild zeigte den Aufbau der Betonmatratze. © Dickopf, Georg

Bevor das Wasser vom Obergraben zu den Turbinen strömt, läuft es durch feine Rechen. Und davor sammelt sich gerne jede Menge Unrat. Große Äste, Unrat, Fahrräder, Angeln und vor Jahrzehnten sogar ein Frauenleichnam wurde dort aus der Lenne gefischt. Ein riesiger Rechen fährt automatisch in festen Zeitintervallen vor dem Sieb auf und ab und fördert alles ans Tageslicht, was dort nicht hingehört.

Aus neun Meter Fallhöhe strömt das Wasser auf die Turbinen im Krafthaus, die dadurch Strom erzeugen. Das umgeleitete Lennewasser verlässt das Kraftwerk dann über einen Untergraben in Richtung Lenne, wo sich das Wasser nach getaner Stromerzeugung  wieder mit dem am Kraftwerk vorbeifließenden Lennewasser vermischt und vom Siesel aus in Richtung der beiden weiteren Laufwasserkraftwerke in Bockeloh und Wilhelmstal weiterfließt.

Blick auf die Francis-Turbinen im Krafthaus.
Blick auf die Francis-Turbinen im Krafthaus. © Dickopf, Georg

Strombedarf von fast 5000 Haushalten nur durch Wasserkraft erzeugt

Novastrom besitzt drei Laufwasserkraftwerke in der Lenne, und zwar in Plettenberg-Siesel, Werdohl-Wilhelmsthal und Werdohl-Bockeloh. Die Kraftwerke sind an die Mark-E AG verpachtet. Kraftwerkspersonal der Mark-E überwacht und steuert die Kraftwerke aus einer zentralen Leitwarte und führt regelmäßige Kontrollen und Wartungsarbeiten durch.

Die erzeugte Strommenge in den Laufwasserkraftwerken ist vom Pegel der Lenne abhängig und liegt zwischen 13 und 18 Millionen Kilowattstunden Strom jährlich. Rein rechnerisch deckt die Lenne so die Versorgung von fast 5000 Haushalten mit zertifiziertem Ökostrom.

Allerdings gilt für die Laufwasserkraftwerke wie für fast alle EEG-Anlagen: Die Stromproduktion richtet sich nach dem Primärenergieangebot, nicht nach dem Bedarf der Verbraucher. Die Wasserkraftwerke produzieren bei hohem Wasserstand der Lenne mehr Strom, bei Niedrigwasser weniger.

Die Betriebsweise kann nicht dem Verbrauchsprofil bestimmter Kunden angepasst werden. Insofern wäre ein direkte Versorgung von Haushalten nicht sinnvoll.

Die Kraftwerke speisen stattdessen in das Stromnetz ein und liefern somit mal einen größeren, mal einen kleineren Anteil der zur Versorgung aller Kunden im Netzgebiet benötigten Energie sowie der Grundlast.

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