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Besonderes Azubi-Projekt: Aus geflüchtetem Ukrainer wird ein Facharbeiter

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Von: Georg Dickopf

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Yevhen Krpinskiy erklärt hier Ausbildungsleiter Marco Luciani, Bürgermeister Ulrich Schulte und Jasmin Haski von der Agentur für Arbeit, seinen Arbeitsplatz, der sich direkt neben einem Roboter befindet.
Yevhen Krpinskiy erklärt hier Ausbildungsleiter Marco Luciani, Bürgermeister Ulrich Schulte und Jasmin Haski von der Agentur für Arbeit, seinen Arbeitsplatz, der sich direkt neben einem Roboter befindet. © Dickopf

Wegen des Kriegs in der Ukraine musste Yevhen Krupinsky, wie viele seiner Landsleute, seine Heimat verlassen. Über ein besonderes Azubi-Projekt bei der C.D. Wälzholz GmbH und Co. KG ist aus dem Geflüchteten nun ein Facharbeiter geworden.

Plettenberg – Der Krieg in der Ukraine hat viele Nachwirkungen. Die meisten sind negativ. Doch im Fall von Yevhen Krupinsky, einem Ukrainer aus Charkow, ist die Entwicklung überaus positiv.

Kurz vor seinem 18. Geburtstag kam der junge Mann mit seiner Mutter und seinem elfjährigen Bruder per Busbrücke nach Plettenberg. Und dort sorgte Norbert Iwannek, Betriebsratsvorsitzender der Firma C.D. Wälzholz für schnelle Hilfe. Nach Zustimmung von Betriebsleiter Dr. Michael Hellmann stellte das Unternehmen der kurz nach Kriegsbeginn geflüchteten Familie eine leer stehende Betriebswohnung neben dem Firmengelände zur Verfügung.

„Zwei Wochen später hätte Yevhen das Land nicht mehr verlassen dürfen“, erklärte Iwannek zur Ausgangslage.

Ausbildungsleiter Marco Luciano nahm Kontakt zu der Familie auf, um zu erfahren, ob die Familie nur kurz oder dauerhaft in Deutschland bleiben möchte. Da eine Rückkehr in die Ukraine ausgeschlossen wurde, setzte sich Luciano mit der Agentur für Arbeit in Verbindung und bot dem gerade 18-jährigen Ukrainer eine sogenannte Einstiegsqualifizierung zum Verfahrenstechnologen Metall an.

Aufbau der Sprachkenntnisse

Ziel sei es gewesen, die nicht vorhandenen Sprachkenntnisse innerhalb eines Jahres aufzubauen und dem Ukrainer gleichzeitig wichtige Einblicke in das Berufsbild zu geben. Auch der Besuch der Berufsschule gehörte dazu. Ein russisch sprechender Berufsschüler half dort, die ersten sprachlichen Hürden zu nehmen. Auch die Lehrwerkstatt in Böddinghausen besuchte der 18-Jährige, der sich in der Woche der Ausbildung bei Bürgermeister Ulrich Schulte, drei Vertretern der Agentur für Arbeit, dem Betriebsratsvorsitzenden sowie dem Betriebsleiter, dem Personalreferent und dem Ausbildungsleiter der Firma in recht gutem Deutsch vorstellte.

Wie Marco Luciani weiter betonte, werde das Entgelt im ersten Jahr vom Jobcenter mitfinanziert, die sich mit 262 Euro monatlich sowie einer Pauschale zur Sozialversicherung beteiligt hätten.

„Damit es innerbetrieblich keine Unterschiede zu den anderen Auszubildenden gibt, haben wir die Vergütung nach oben angepasst“, betonte Luciani. In Abstimmung mit dem Jobcenter besuche der neue Mitarbeiter zudem einmal wöchentlich einen Sprachkurs in Werdohl. „Alles steht und fällt eben mit der Sprache“, befand der Ausbildungsleiter. Denn wenn in dem Unternehmen, in dem mit tonnenschweren Stahlcoils gearbeitet werde, ein falsches Kommando gegeben oder missverstanden werde, könne das schlimme Folgen haben.

Ziel sei es, dass der Neu-Plettenberger zum 1. August die reguläre, dreieinhalbjährige Ausbildung zum Verfahrenstechnologen starte, die er möglicherweise auch verkürzen könne.

Dass die ersten Schritte nicht immer einfach waren, verdeutliche Personalreferent Manuel Garcez. „Je mehr wir uns mit dem ganzen Thema beschäftigt haben, desto mehr Fragen kamen auf. Es war eher eine Findungsphase, statt einer Blaupause für die berufliche Integration“, sagte Garcez.

Unternehmen sucht Kontakt zur Familie

Wichtig war es dem in der siebten Generation geführten Familienunternehmen auch, den Kontakt zur Familie sicherzustellen, schließlich wolle man den jungen Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen binden, das im Jahr 2029 sein 200-jähriges Bestehen feiern kann.

Im Werk selbst zeigte der angehende Auszubildende den Teilnehmern, wie sein Arbeitsplatz aussieht, welche Coils wie bearbeitet werden und welche Aufgaben der nebenan befindliche Roboter übernimmt. Neben ihm befinden sich noch weitere 15 junge Menschen in der Ausbildung, denen man bei entsprechender Leistung eine Festanstellung bieten könne.

Die Teilnehmer bei der Woche der Ausbildung, die sich bei C.D. Wälzholz um den Ukrainer Yevhen Krupinsky (vorne) drehte (v.l.n.r.): Arthur Weiss, Berufsberater, Luciano Guerra, Teamleiter Jobcenter U25, Jasmin Haski, Ausbildungsstellenvermittlerin, Norbert Iwannek, Betriebsratsvorsitzender, Marco Luciani, Ausbildungsleiter, Dr.-Ing. Michael Hellmann, Betriebsleiter und Manuel Garcez, Personalreferent.
Die Teilnehmer bei der Woche der Ausbildung, die sich bei der C.D. Wälzholz GmbH und Co. KG um den Ukrainer Yevhen Krupinsky (vorne) drehte (v.l.n.r.): Arthur Weiss, Berufsberater, Luciano Guerra, Teamleiter Jobcenter U25, Jasmin Haski, Ausbildungsstellenvermittlerin, Norbert Iwannek, Betriebsratsvorsitzender, Marco Luciani, Ausbildungsleiter, Dr.-Ing. Michael Hellmann, Betriebsleiter und Manuel Garcez, Personalreferent. © Dickopf

Auf die Frage von Bürgermeister Ulrich Schulte, was ein ausgelernter Verfahrenstechnologe verdiene, betonte Marco Luciano, dass die Vergütung im Monat bei rund 3600 Euro Brutto liege und man an den IG Metall-Tarifvertrag gebunden sei.

Bislang habe man noch keine Probleme gehabt, offene Ausbildungsstellen zu besetzen, was aber auch an den guten Kontakten zu den Schulen in Plettenberg liege. Insbesondere mit der Zeppelinschule arbeite man seit Jahren gut zusammen.

„Wir investieren rund 100.000 Euro in unsere Ausbildenden“, sagte Luciano, Insgesamt liege der Etat für den Ausbildungsbereich bei rund drei Millionen Euro. Während man früher einige Positionen auch mit ungelernten Kräften gearbeitet habe, setze man heute auf eine grundsolide Ausbildung. Und auch wegen der A45-Sperrung führe kein Weg daran vorbei, sich die notwendigen Facharbeiter selbst heranzuziehen. Und wenn es nach dem Willen der CDW-Führungsriege geht, ist Yevhen Krpinski bald einer dieser Facharbeiter.

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