„Das hier ist ein Naturschutz- und FFH-Gebiet und hat die höchste Schutzstufe in Deutschland. Hier darf noch nicht mal ein Spaten in die Hand genommen werden, ohne die Behörden zu fragen“, sagt Erbeling. Jeder Eingriff in dieses hochsensible Ökosystem habe schwerwiegende Folgen. Seltene Arten, die hier einmal verschwinden würden, kehrten nicht zurück.
Durch den massiven Baggereinsatz sei eine sogenannte variszische Faltung des Bachbettes komplett zugeschüttet worden. Und auch an anderen Stellen wurde nicht nur der Weg ausgeglichen, sondern Gesteinsmaterial im Bachbett verbaut.
Die drei Naturschützer fragen sich auch, ob alles Material, was im Bommecketal mit schwerem Gerät verteilt wurde, auch von dort stammt, denn es fanden sich Kunststtoffreste von Wasser- und Stromleitungen, Fliesenreste und Tonscherben in dem verbauten Material, das nun teilweise auch die seltenen Strudeltöpfe im Bachlauf verdeckt. Diese entstehen in tausenden von Jahren durch im Bachbett transportierte Steine, die Hohlformen in das Gestein mahlen.
Und auch deshalb ist das Bachbett des Bommecketals, das seit dem 12. Februar 1985 – also seit 37 Jahren – unter Naturschutz steht, landesweit einzigartig, Hier leben beispielsweise über 900 Käferarten, es laichen Salamander und es wachsen seltene Rotalgen in den teilweise jahrtausende Jahre alten Gesteinverläufen. Viele der von Dr. Erbeling und anderen Forschern dokumentierten Lebewesen wurden noch nie woanders nachgewiesen. Begünstigt wird der Artenreichtum auch durch die schattige Nordhanglage und das auch im Sommer feucht-kühle Klima.
Betroffen von der Wegesanierung sind auch Pestwurzpflanzen, die am Wegesrand standen. Diese wurden laut Wolfgang Kairat einfach überlagert mit Erdreich und Geröll. „Die gesamte bachbegleitende Vegetation hat stark unter der Maßnahme gelitten“, kritisiert Erbeling, der das Fachbuch „Das Bommecketal in Plettenberg“ bei einem Ortstermin mit Vertretern des für die Maßnahme verantwortlichen städtischen Bauamtes überreichte. Ein Mitarbeiter habe im Gespräch zugegeben, nichts über den Schutzstatus gewusst zu haben.
Mittlerweile sind auch die Naturschutzbehörde des Märkischen Kreises und der Staatsforst in die Angelegenheit involviert. Ein Mitarbeiter der Naturschutzbehörde habe fast „Schnappatmung“ bekommen, als er vor Ort das Ausmaß der ungenehmigten Arbeiten sah. Das bestätigte auch Matthias Hattwich, Sachgebietsleiter Naturschutz und Landschaftspflege beim Märkischen Kreis.
Die Waldbrandgefahr und die für die Feuerwehr nach dem Hochwasser nicht gut zu befahrenen Wege seien wohl der Anlass gewesen, so radikal vorzugehen. Dass da Vorsorge getroffen werde, sei das eine, „aber unser Eindruck ist, dass hier eindeutig über das Ziel hinausgeschossen wurde.“ Noch dazu sei keine Behörde involviert worden. „Weder wir, noch die Untere Wasserbehörde oder der Staatsforst wussten Bescheid“, so Hattwich. Nun gelte es in Ruhe zu überlegen, die Angelegenheit wieder in Ordnung zu bringen, ohne weiteren großen Flurschaden anzurichten. „Das Material, das da nicht hingehört, muss raus“, sagt Hattwich, und betont, dass die Arbeiten mit deutlich kleinerem Gerät zu erfolgen hätten.
Wer die Maßnahme zu bezahlen habe, ist für Hattwich klar: „Da wird man die Stadt Plettenberg ins Boot holen. Das kann man sich an fünf Fingern abzählen“, so der Mitarbeiter im Kreishaus.
Zukünftig sei im Bommecketal zu überlegen, wie und ob dort das Borkenkäferholz abtransportiert werde, denn grundsätzlich sei auch denkbar, die Wege dort zurückzubauen. Klar sei in jedem Fall, dass dort kein Nadelwald mehr angepflanzt werde. Stattdessen werde man auf die natürliche Sukzession und die Pflanzung von Eichen und anderen Laubbäumen setzen.
Nach der umfassenden Wegesanierung, die im Bommecketal durchgeführt wurden, fragte Georg Dickopf im Rathaus nach, wo Bürgermeister Ulrich Schulte für den im Urlaub befindlichen Bauamtsleiter Sebastian Jülich antwortete.
Wer gab die Anordnung, den Weg auszubessern und war bei der Auftragserteilung bekannt, dass es sich um ein Naturschutz- und FFH-Gebiet handelt?
Bürgermeister Ulrich Schulte: Der Weg im Bommecketal wurde durch das Starkregenereignis im letzten Jahr sehr stark ausgewaschen, es wurde eine Menge an Erdmassen in den Bachlauf gespült. Die Feuerwehr hat nach einer Kontrollfahrt darauf hingewiesen, dass der Weg durch diese Ausspülungen nicht mehr mit schweren Fahrzeugen befahrbar ist und im Falle eines Waldbrandes im Bommecketal zwangsläufig nicht gelöscht werden könne.
Der zuständige Mitarbeiter des Tiefbauamtes hat daraufhin einen Auftrag zur Wiederherstellung der Wegeoberfläche erteilt. Ihm war zum Zeitpunkt der Auftragserteilung nicht bewusst, dass es sich um ein Naturschutzgebiet handelt. Gleichwohl hätte aber ohnehin gehandelt werden müssen, da aufgrund der derzeit akuten Waldbrandgefahr ein größerer Schaden bei dem Ausbruch eines Feuers in diesem Bereich zu erwarten gewesen wäre.
Warum wurden der Staatsforst und die Naturschutzbehörde im MK nicht im Vorfeld informiert?
Wegen der Unkenntnis des Charakters des Gebietes wurden weitere Behörden nicht informiert, dies wurde aber zwischenzeitlich nachgeholt.
Es finden sich im Verlauf des Weges und im Bachbett große Mengen an Erdmaterial. Stammt sämtliches Material aus dem Bommecketal und wie hoch waren die Kosten für die Maßnahme?
Es wurde kein Fremdmaterial in das Gebiet eingebracht, lediglich die aus dem Weg ausgespülten Erdmassen wurden wieder aus dem Bachbett herausgezogen und im Weg eingebaut. Die beauftragte Firma hat noch keine Rechnung erstellt, sodass der Auftragswert noch nicht bekannt ist.
Es gibt nur ein Schild, das auf das Naturschutzgebiet hinweist. Ist es denkbar, dass im Bommecketal Infotafeln aufgestellt werden, die auf die besondere Schutzwürdigkeit hinweisen?
Zu weiteren Schildern kann zurzeit nichts gesagt werden, das Thema ist neu.