Slowaken im heimischen Wald: Neue Bäume für kahle Flächen

Es hat etwas von Endzeitstimmung, wenn man die kahlen Bergkuppen im Waldgebiet oberhalb der Blemke betrachtet. Wobei Waldgebiet eher auf frühere Zeiten passt. Also die Zeit, in der der Borkenkäfer noch nicht nahezu alle älteren Fichtenbestände als Brutlagerstätte heimgesucht und zerstört hatte. An diesem sonnigen Märztag arbeiten sich drei Männer mittlereren Alters durch die abgerodeten Waldflächen. Sie heißen Mariãn Sustr, Vladimir Papaj und Mariãn Valãsek und stammen aus Kosice, einem Ort unweit der ungarischen Grenze im Osten der Slowakei.
Plettenberg – Engagiert wurde das Trio, das eine 1400 Kilometer lange Anreise hinter sich hat und in einer Ferienwohnung in Affeln untergebracht wurde, von Revierförster Henning Stolz. „Es ist sehr schwer auf dem heimischen Arbeitsmarkt Kräfte für diese sehr anspruchsvolle und kräftezehrende Arbeit zu finden“, sagt Stolz, der deshalb froh ist, die drei engagierten Männer aus der Slowakei gefunden zu haben.
Der März ist laut Stolz eigentlich bestes Pflanzwetter für junge Baumsetzlinge, die die drei Männer in ihren seitlichen Taschen tragen. „Die Wege haben vor dem letzten Wintereinbruch schon wieder gestaubt, deshalb ist das nasse Wetter gut für die Natur“, sagt Stolz, der für die von ihm betreuten Waldflächen tausende Setzlinge gekauft hat und sich über die zwischenzeitlichen Niederschläge freut, auch wenn sie die Arbeit der drei Slowaken erschweren.

„In diesem Gebiet pflanzen die drei Männer gerade Douglasien und Buchen“, sagt Stolz und zeigt eine 25 Zentimeter große Douglasie nebst Wurzelballen. Die Nadelholzart soll widerstandsfähiger sein als die herkömmliche Fichte, von der es nach Aussage des Försters demnächst nicht mehr viele intakte Exemplare geben dürfte.
Der Bestand hinter ihm sieht aus Entfernung zwar auch aus wie ein Fichtenwald. Es handelt sich dabei aber um nordamerikanische Küstentannen. Eine Baumart, die deutlich schneller wächst als eine Fichte, weniger hochwertiges Holz liefert, aber die Borkenkäfer-Attacken gut abwehren konnte.
„Eine Fichte braucht fast 100 Jahre, eine solche Tanne nur 50 Jahre“, sagt Stolz, der sich ebenso wie viele Waldbesitzer mit den möglichen Alternativen zur Fichte beschäftigt.
Früher habe man in 100 Jahr-Abschnitten gedacht. „Heute sind die Klimaszenarien schon in 30 bis 40 Jahren unberechenbar“, sagt der Förster, der kürzlich auf einem Symposium zur Zukunft der Baumarten war. Ein Experte habe dabei vorausgesagt, dass es im Jahr 2070 hierzulande hauptsächlich mediterrane Hartlaubwälder, Flaumeiche und Olivenbäume geben werde – Baumarten also, die heute vor allem in Südeuropa zu finden sind.
Und vor dem Hintergrund eines solchen Szenarios müsse man jetzt Bäume pflanzen, „denn die Fichte hat hier keine Zukunft mehr“, sagt Stolz.
Einige Waldbesitzer würden auch auf Naturverjüngung setzen. In dem Fall wachse auf den Flächen nach, was es dort vorher gab, was durch die Luft ausgesät werde oder was über den Eichelhäher in anderen Gebieten lande.
Mit den Containerpflanzen, die über einen Wurzelballen verfügen und die von den drei Slowaken im sogenannten Weitverband eingepflanzt werden, erhofft sich der Plettenberger Förster eine gute Anwuchsquote auf der Fläche, die später zur Hälfte aus Nadel und Laubgehölzen bestehen soll.
Die Kosten für die Neubepflanzung starten in etwa bei 2000 Euro pro Hektar. Ein Bäumchen koste rund 1,50 Euro. Nach oben sei die Grenze offen.
Zusammenspiel mit Jägern wichtig
„Es kann passieren, dass ein riesiger Bestand für sehr viel Geld neu gepflanzt und dann durch Rehe komplett abgefressen wird“, nennt Stolz einen weiteren Risikofaktor. Deshalb sei auch das Zusammenspiel mit den Jägern wichtig, die die Bestände im Auge behalten müssten. Alternativ müssten Flächen für viel Geld eingezäunt werden.
Notwendig werde es zudem, die gerodeten Flächen im Auge zu haben und zu pflegen. Während man dabei früher alle Laubgehölze entfernte und auf Fichtenmonokulturen gesetzt habe, müsse man nun die Fichte in Schach halten, um den Laubbäumen Luft und Licht zum wachsen zu lassen.
Stolz weist auch darauf hin, dass das Land die Wiederaufforstungen mit Fördermitteln unterstützt. Ob eine solche Förderung in Frage komme, müsse aber im Vorfeld individuell in einem Beratungsgespräch geklärt werden.
Neben Douglasie und Buche zählen laut Stolz auch Esskastanien, Nordmann- und Küstentannen, Roteichen, Robinien, Hainbuchen, Kirschen und Erlen zu möglichen Baumarten. Wie die Bäume später industriell verwendet werden können, stehe auf einem anderen Blatt. „Als die Spessart-Eiche gepflanzt wurde, hat auch noch keiner gewusst, dass man daraus mal feinste Furnierböden abschälen würde“, gibt der Förster zu bedenken.
„Holz wird ein begehrter Rohstoff bleiben, aber man wird teilweise andere Wege gehen müssen“, so Stolz. So könne Buchenholz chemisch aufgespalten worden, um daraus kunststoffähnliche Stoffe herzustellen. Das steigere dann den Preis des Rohstoffes.
Dass die heimischen Sägewerksbetriebe mittel- bis kurzfristig keine größeren Mengen an Fichtenholz mehr aus dem Sauerland bekommen, zeichne sich schon jetzt ab. „Dieses Frühjahr sind wir mit einer vergleichsweise geringen Pflanzenstückzahl gestartet – mit einem zeitlichem Versatz von zwei bis drei Jahren zum ersten Borkenkäferbefall.“ Dies werde sich in den nächsten Jahren steigern und zusammen mit der Pflege der Kulturen voraussichtlich die nächsten zehn Jahre der Arbeit in den heimischen Wäldern prägen.
