Mordermittlung nach Zirkus-Streit mit Ehepaar aus Plettenberg

Ein ukrainisches Flüchtlings-Ehepaar mit Wohnsitz in Plettenberg wurde schwer verletzt bei einem Streit, der sich vor einem Zirkus ereignete und bei dem es um die Bezahlung ging.
Plettenberg/Rheda – Zu dem Streit mit brutalem und blutigem Ausgang kam es am Sonntag, 19. Februar, auf dem Gelände der Johannis-Grundschule in Rheda. Verwickelt darin waren ein ukrainisches Ehepaar mit Wohnsitz in Plettenbergs sowie drei Zirkus-Mitarbeiter, von denen einer seit dem Vorfall wegen versuchten Totschlags in Untersuchungshaft sitzt.
Der Circus Lollipop hatte am 19. Februar auf dem Gelände der katholischen Johannis-Schule seine Zelte für ein Mitmach-Zirkus-Projekt aufgebaut. Am Vormittag halfen Eltern und Grundschüler noch beim Aufbau mit. Am Abend gegen 18.30 Uhr kam es dann nach Polizeiangaben zu einem Streit zwischen einem Zirkusmitarbeiter und einem ukrainischen Ehepaar. Nach den ersten Erkenntnissen sollen die in Plettenberg gemeldeten Ukrainer mehr Geld gefordert haben. Beide hatten sich nach der Flucht aus der Ukraine dem Zirkus angeschlossen und ihre beiden Kinder in der Obhut der Oma in einer Flüchtlingsunterkunft in Plettenberg zurückgelassen.
Höhere Bezahlung gefordert
Wie Staatsanwalt Christopher York auf Anfrage unserer Zeitung betonte, habe ein 29-jähriger Zirkus-Mitarbeiter im Verlauf des Streits um eine höhere Bezahlung zu einem Baseballschläger gegriffen. Bei der dann folgenden Auseinandersetzung habe der 35-jährige Ukrainer einen Schädelbasisbruch und ein lebensbedrohliches Schädelhirntrauma durch stumpfe Gewalteinwirkung erlitten. Die 37-jährige Ehefrau habe einen Bruch des Jochbeins und Frakturen von zwei Lendenwirbeln erlitten.
Zwei weitere Mitarbeiter griffen ein
Während des Streits hätten zwei weitere Zirkusmitarbeiter im Alter von 42 und 16 Jahren eingegriffen und ebenfalls zu Baseballschlägern gegriffen. Beide seien nach ihrer zwischenzeitlichen Vernehmung aus dem Gewahrsam entlassen worden.
Nachdem der 35-jährige Ukrainer mit Wohnsitz in Plettenberg mehrere Tage lang in akuter Lebensgefahr schwebte, war er laut Christopher York zuletzt vernehmungsunfähig und habe erste Aussagen machen können.
„Der Haupttäter befindet sich weiter in Untersuchungshaft“, betonte York. Eine Haftprüfung dürfte nach seinen Worten wenig Aussicht auf Erfolg haben angesichts des Tatvorwurfs des versuchten Totschlags. „Die entscheidende Frage ist, ob er eine Tötung billigend in Kauf nahm“, erklärte der Staatsanwalt. In dem Verfahren ermittle nun die Mordkommission.
Lange Gefängnisstrafe droht
Falls sich der Tatvorwurf erhärte, droht dem Tatverdächtigen laut York eine Gefängnisstrafe von 5 bis 15 Jahren.
Besagter Tatverdächtiger stellte den Streit bei seiner Vernehmung anders dar. Der polizeilich bislang unbekannte Deutsche gab laut Staatsanwalt York an, von dem Ukrainer mit einem Messer bedroht und erpresst worden zu sein. Seine Reaktion sei Notwehr gewesen.
Dass ein Messer am Tatort gefunden wurde, bestätigte der Staatsanwalt, der noch weitere Zeugen des Vorfalls sucht.

Bei einem Anruf erreichten wir Patrick Brumbach, den Chef des Circus Lollipop, mitten in einer Vorführung. Er bat darum, keine Vorverurteilung vorzunehmen in dem Fall. „Es wurde ein Messer gefunden und es gehörte nicht zu uns“, verriet Brumbach. Man arbeite seit nunmehr zwölf Jahren mit Kindern und Jugendlichen zusammen und noch nie sei irgendetwas vorgefallen. Sein Sohn, der nun in U-Haft sitze, habe den Flüchtlingen sogar im Vorfeld geholfen bei den bürokratischen Anträgen, ihnen einen Wohnwagen zur Verfügung gestellt und Reparaturen am Auto vorgenommen. Ob das ukrainische Ehepaar als Artisten arbeitete, ließ Brumbach offen.
Wer rief den Rettungsdienst?
„Ich hoffe, dass sich alles aufklärt“, betonte der Zirkusdirektor, dessen Team weiter arbeitet.
Offen ist derzeit, wer der Anrufer war, der den Rettungsdienst alarmierte. Die Einsatzkräfte nahmen auf dem Grundschul-Standort die Erstversorgung des bewusstlosen Ukrainers und der schwer verletzten Ehefrau vor. Beide sollen das Krankenhaus mittlerweile verlassen haben.
Weiter so bei der Johannis-Schule
Für die Leiterin der Johannis-Schule, war der blutige Vorfall kein Grund, die Projektwoche in der Folgewoche abzusagen. Auf der Homepage der Schule heißt es dazu: „Liebe Eltern, ich möchte Sie darüber informieren, dass es am Sonntagabend nach einer Auseinandersetzung innerhalb des Zirkusteams zu einem Polizeieinsatz auf unserem Gelände kam. Das Mitarbeiterteam ist mittlerweile ausgetauscht, so dass das Zirkusprojekt wie geplant starten konnte.“
Hanno Grundmann, Sprecher der Stadt Plettenberg, bestätigte auf Anfrage, dass das ukrainische Paar einen Wohnsitz in Plettenberg habe. „Sollte das betroffene Paar oder deren Familie die Stadt Plettenberg direkt um Hilfe ersuchen, werden wir sie selbstverständlich im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen“, so Grundmann.