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37 Jahre nach der Meisterprüfung ist Schluss: Schornsteinfeger berichtet über bewegtes Berufsleben

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Von: Sabrina Jeide

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Bezirksschornsteinfeger Jochen Essers
Bezirksschornsteinfeger Jochen Essers ist im Ruhestand. Er freut sich über die geregelte Nachfolge. © Sabrina Jeide

37 Jahre nach der Meisterprüfung ist seit dem 1. Februar Schluss. Jochen Essers, stets fröhlicher und freundlicher Schornsteinfeger aus Selscheid, ist in den Ruhestand gegangen. Viele Jahrzehnte hat er in Plettenberg und Werdohl gefegt, gemessen, Feuerstätten in Augenschein genommen, Beratungen durchgeführt und im schlimmsten Fall auch bei Kaminbränden geholfen: Ein bewegtes Berufsleben geht damit für den 63-Jährigen zu Ende und „gefegt“ wird ab jetzt nur noch privat.

Plettenberg/Werdohl – Aber, und das ist sehr erfreulich: Essers geht nicht in den Ruhestand, ohne dass die Nachfolge geregelt ist. Denn Sebastian Pohl, der schon seine Ausbildung bei Jochen Essers absolvierte, übernimmt den Kehrbezirk als von der Bezirksregierung Arnsberg bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger. Sebastian Pohl hatte sich zuvor erfolgreich darum beworben, was seit einigen Jahren Pflicht ist. Mit der Reform des Schornsteinfegerrechts Anfang 2013 wurde im Schornsteinfegerhandwerk der Wettbewerb eingeführt. Zudem wurde die Vergabe von Kehrbezirken „auf Lebenszeit“ abgeschafft. Freiwerdende Kehrbezirke werden seitdem öffentlich ausgeschrieben und nur auf sieben Jahre befristet vergeben.

Auch Jochen Essers musste sich aufgrund der neuen Gesetzgebung noch zweimal um „seinen“ Kehrbezirk als Bezirksschornsteinfeger bewerben. Der Selscheider freut sich nun sehr, dass mit Sebastian Pohl ein reibungsloser Übergang erfolgt ist. Pohl ist dabei nicht nur Schornsteinfeger-Meister, sondern auch Energieberater und Brandschutztechniker – ideale Voraussetzungen für die Zukunft.

Sebastian Pohl und Jochen Essers beim Moonlight-Shopping in Werdohl.
Sebastian Pohl hat schon seine Ausbildung bei Jochen Essers absolviert. Unser Foto zeigt sie 2016 gemeinsam beim Moonlight-Shopping in Werdohl. © Michael Koll

Es war im Jahr 1996, als Jochen Essers den Betrieb von seinem Vater Albert übernahm, der zuvor bereits 30 Jahre lang als Schornsteinfeger tätig gewesen war. Auch der Sohn war bekanntlich über viele Jahrzehnte bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger, womit ihm in seinem Kehrbezirk die sogenannten „hoheitlichen Aufgaben“ oblagen. Nach der regelmäßigen Feuerstättenschau (z. B. in Neubauten) erteilte er den Besitzern anschließend den entsprechenden Feuerstätten-Bescheid, in dem beispielsweise geregelt ist, wie oft im Jahr der Kamin gefegt werden muss. Das eigentliche Messen und Fegen seien heutzutage hingegen freie Tätigkeiten – hier können sich Hausbesitzer ihren Schornsteinfeger selbst aussuchen.

Jochen Essers blickt gerne zurück auf seine Arbeit, erinnert sich auch an den Wandel. Er berichtet von Kohle-Etagenheizungen in großen Hochhäusern in Werdohl, mit denen Ende der 70er, Anfang der 80er-Jahre noch geheizt wurde. „Da mussten wir alle vier bis sechs Wochen fegen und haben jeweils drei volle Rußsäcke hinausgetragen“, erinnert sich Essers an die Anfangszeiten seiner Tätigkeit.

Es kamen die Öl-Heizungen, es kamen die Gas-Heizungen, es kamen die Holz-Heizungen. Dort, wo Gas zur Verfügung stehe, sei auch eine Großzahl der Haushalte an das Gasnetz angeschlossen, weiß Essers. Eine Pelletheizung sei in seinen Augen eine gute Alternative – wenn denn die Pellets die entsprechend gute Qualität und vor allem die richtige Größe haben, um optimal zu verbrennen. Sowohl bei den Pellets als auch beispielsweise bei klassischen Kaminöfen, die gerne in Wohnungen in Betrieb genommen werden, gilt nämlich das Motto: „Einfach Ofen an, ist nicht...“, sagt der Experte augenzwinkernd.

Richtig heizen, um Kaminbrand vorzubeugen

Es ist wichtig, einen Kaminofen richtig zu betreiben, damit man lange Freude daran hat. Laut Jochen Essers ist dabei besonders wichtig, dass der Kaminofen mit mindestens 50 Prozent Verbrennungsluft betrieben wird. Es darf also nicht zu wenig Sauerstoff zugeführt werden. Auch Tipps zur richtigen „Anmachmethode“ hält der Experte bereit: Am besten seien zwei Holzscheite, darüber ein Türmchen aus Anmachholz und oben drauf Anzünder. Ähnlich wie bei einer Kerze sollte das Gebilde dann langsam anfangen zu brennen. Zu nasses oder zu harzhaltiges Holz sollte nicht verwendet werden.

Bei falscher Handhabung ist die Gefahr der Bildung von sogenanntem Glanzruß erhöht. Dieser Ruß setzt sich dann im Schornstein ab und ist leicht entzündlich, was eben zu Kaminbränden führen kann.

Falsch geheizt, kann sich im Kamin schnell der Glanzruß bilden, der zu Kaminbränden führen kann. „Das ist der weniger schöne Teil der Arbeit“, weiß auch Jochen Essers, der zwischen Herscheid und Altena in seinem Arbeitsleben zu einigen Bränden ausrücken musste.

Doch erfreulicherweise sei die Zahl der Kaminbrände rückläufig – das führt der Schornsteinfeger auch auf die ausführliche Beratung zurück. Die Schornsteinfeger sensibilisieren dabei die Menschen, worauf sie beim Heizen achten sollten.

„Das wird vielleicht doch ein bisschen schwer“, lautet derweil Essers Antwort auf die Frage nach dem bevorstehenden Ruhestand.

In all den Jahren habe er viele Menschen kennengelernt („Manchmal muss man auch mit Scheuklappen durch die Häuser gehen...“), doch zu den allermeisten immer ein gutes Verhältnis gehabt. „Es war mir immer wichtig, die Kundschaft zu pflegen“, hat dem Schornsteinfeger auch die soziale Seite immer am Herzen gelegen. Erst letztens habe er eine ältere Dame getroffen, der die Freude über seinen Besuch deutlich anzumerken gewesen sei: „Sie habe ich ja lange nicht mehr gesehen“. Indes: Sehen werden die Kunden Essers ab jetzt nur noch privat – zum Fegen, Messen und Begutachten kommt nun Sebastian Pohl in die Häuser.

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