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Zwei Kräuterschnäpse im Angebot

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Von: Michael Koll, Peter von der Beck

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Der Kräuterschnaps gehört für viele Neuenrader zu einem Gertrüdchen-Besuch dazu. In diesem Jahr werden nun gleich zwei verschiedene Schnäpse angeboten.
Der Kräuterschnaps gehört für viele Neuenrader zu einem Gertrüdchen-Besuch dazu. In diesem Jahr werden nun gleich zwei verschiedene Schnäpse angeboten. © Archiv

Beim Gertrüdchen gibts den „Truden Tropfen“ und einen Kräuter-Likör noch ohne Namen.

Neuenrade – Eine besondere Neuerung gibt es bei diesem Gertrüdchen, das am Freitag beginnt: Die Besucher werden mit zwei Gertrudenschnäpsen zurechtkommen müssen. Der eine wird von einer Apothekerin verkauft, der andere vom Stadtmarketingverein vertrieben – nach einem alten Rezept, über das der Bürgermeister wohl verfügt.

Gertrudenpassage

Den Kräuterschnaps zu Gertrüdchen als identifikationsstiftend zu bezeichnen, ist sicher übertrieben. Die meisten Neuenrader und die auswärtigen Besucher werden das erste große Volksfest des Jahres in der Region sicher nicht mit speziell benannten Kräuterschnäpsen und anderen Essenzen verbinden. Gleichwohl galt und gilt der „Buba Bitter“ immer als typisches Gertrudengetränk – vor allem wohl bei den Älteren. Der Verkauf erfolgte in der Vergangenheit vor allem an zwei Tagen in der Gertrudenpassage zwischen Kirche und Alter Apotheke.

Was Besucher wollen

Dort hat sich im Laufe vieler Gertrüdchen-Jahre ein Treffpunkt mit Partymusik am Freitag und Samstag entwickelt: Eine überdachte Party, wohin die Leute kommen, um alte Bekannte zu sehen, um Spaß zu haben. Ansonsten kommen die meisten Besucher mit Kindern zum Gertrüdchen, um mit den Kleinen eine Runde auf dem Karussell zu drehen, Frühjahrsdeko zu kaufen, durch das Hüttendorf zu flanieren oder die Vereinsangebote zu testen.

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Buba Bitter wird zum Truden Tropfen

Da mutet die Posse mit dem Gertrudenschnaps schon bizarr an. Denn es gibt mittlerweile zwei Schnäpse mit mutmaßlich ähnlichem Inhalt, die auf dem Volksfest angeboten werden. Da ist der „Truden Tropfen“ der Gertruden-Apotheke. Der „Truden Tropfen“ ging aus dem „Buba Bitter“ hervor, der seinen Namen wegen eines EU-Gesetzes ändern musste (wir berichteten) – aber die Rezeptur eben behielt.

Amtliche Planprobe

Die Geschichte dahinter: Apothekerin Alexandra Simons und Ehemann Dr. Sven Simons, die damals die Gertruden-Apotheke und die Apotheke am Stadttor mit allen Rechten (inklusive des Schnapses) erworben hatten, dachten sich, dass man den „Buba Bitter“ sicher auch außerhalb der Gertrüdchenzeit verkaufen könnte und bot den Kräuterlikör im heimischen Baumarkt an. Deshalb wurde der Fachdienst Verbraucherschutz/Veterinärwesen des Märkischen Kreises aktiv. Eine „amtliche Planprobe des Buba Bitter Liquer“ wurde entnommen und vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe in Münster (CVUA) untersucht. Am Ende hatte man sich an der Bezeichnung „bitter“ gestoßen, weil der Kräuterschnaps eben nicht so richtig bitter schmecke, mithin nur ein Halbbitter sei. Die Lösung: Der Likör wurde eben umbenannt in „Truden Tropfen“.

Buba war ein Spitzname

Der wird nun von Apothekerin Alexandra Simons angeboten. Erfunden wurde der „Buba Bitter“ nach seinen eigenen Angaben von Apotheker Bernd Buntenbach. 1987 habe er den Kräuterschnaps, der einmal Kultstatus erlangen sollte, erstmals aufgelegt. Der Name „Buba“ gehe auf seinen Spitznamen zurück, den er als Kind hatte, erzählt Buntenbach.

Ursprünge des Kräuterlikörs im 18. Jahrhundert

Indes: Die Sache mit dem Kräuterschnaps reicht noch weiter zurück, wie der städtsichen Homepage zu entnehmen ist: „Seinen Ursprung hat das vorzügliche Getränk bereits im 18. Jahrhundert, als der Provisor Franz Vigelius diesen besonderen Tropfen brannte. Die Herstellung des Branntweines wird vom jeweiligen Apotheker bis in die heutigen Tage fortgesetzt.“ Mit der Familie Simons – vor allem mit Wolfgang Simons – war Buntenbach lange verbunden. Der Apotheker a. D. erzählt, dass er mit ihm „Linda“ begründet hatte – einen Zusammenschluss inhabergeführter Apotheken, der Kunden landesweit ein Begriff ist.

Hoher Aufwand

Wie gesagt: Buntenbach verkaufte die Apotheken eben mit allem Drum und Dran. „Buba Bitter“, inklusive Rezeptur und Ausschankgenehmigung war dabei inbegriffen. Fortan (seit 2008) verkaufte an Gertrüdchen die junge Apothekerfamilie Simons den Kräuterschnaps – viele Jahre lang. Auch die Namensrechte sicherte sich die Familie. Aufwand und Ertrag hielten sich dabei wohl die Waage. Sprich: Reich wurden die Simons damit wohl nicht, wie Alexandra Simons durchblicken lässt. Und der Aufwand an Gertrüdchen war für die Apothekerin inzwischen so groß geworden, dass man nach all den Jahren zum Bürgermeister gegangen sei und um Hilfe gebeten habe. Hilfeersuchen bei anderen Vereinen/Institutionen hätten nicht funktioniert. Gehört habe man am langen Ende aber nichts, lässt Alexandra Simons durchblicken.

Bürgermeister und ein altes Rezept

Zum ersten Gertrüdchen nach langer Corona-Zwangspause wird es stattdessen nun zwei Kräuterschnäpse geben: Neben dem „Truden Tropfen“ noch einen Kräuterschnaps mit neuem Namen. Diesen will Bürgermeister Antonius Wiesemann (CDU) noch vor dem Volksfest-Auftakt verkünden. Vertrieben wird der Kräuterschnaps mit der Rezeptur, die der Bürgermeister auf einer alten Urkunde gefunden haben will, vom Stadtmarketing. Verbunden ist der Gertrüdchenschnaps in den Köpfen vieler Neuenrader mit der Gertruden-Passage. Diese gehört ebenso wie das Gestell, mit welchem die Passage beim Gertrüdchen vor der Witterung geschützt wird, unverändert dazu. Und nur mit der Passage und dem „Buba Bitter“ sei das Getrüdchen doch überhaupt am Leben geblieben, behauptet Buntenbach.

Apothekerin Alexandra Simons sagt: Bei ihr habe der Bürgermeister nicht gefragt, ob er den Kräuterschnaps verkaufen könne.

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