Vortrag an Waldorfschule in Neuenrade: Google und die Idioten

Neuenrade - Uwe Buermann schien immer noch erschüttert, als er den Schülern erzählte, dass selbst Freunde von ihm, „gebildete Leute“, in die Google-Falle getappt seien.
Sie hatten sich manipulieren lassen, hätten die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen und der anderen Meinung verlernt. Und das alles, weil sie eben seiner Überzeugung nach in einer Google-Blase leben würden. Sie hätten die Mechanismen, mit denen der amerikanische Konzern arbeitet, nicht erkannt.
Buermann, unter anderem Medienberater, verwies eben auf die typische Google-Technik anhand des Suchbegriffbeispiels „Flüchtlingsströme“. Nur beim allerersten Mal würde alles mögliche zu dem Thema angezeigt, entscheidend sei dann, was der Benutzer anklicke.
Entscheide man sich für einen negativen Artikel zu dem Thema oder eben für einen positiven Artikel, so bekomme man fortan eben nur jene Angebote aus der bestimmten Richtung. Es erfolge somit eine inhaltliche Zensur.
Alternative Suchmaschinen
Man könne das ja nachprüfen und mit Suchverläufen Google-unabhängiger Suchmaschinen vergleichen. Alternativen zu Google seien Ixquick.de oder duckduckgo.com. Vor diesem Hintergrund sagte Buermann: „Wer nur googelt, wird zwangsläufig zum Idioten.“ Da habe man doch keine Chance, etwas Neues zu entdecken.
Und so berichtete der Experte auch von der Tipp-Signatur, die es Google ermögliche, jeden – egal an welchem Gerät er gerade durch das Internet surft – wieder zu erkennen. Auch das könne experimentell überprüft werden.

Buermann sprach gestern Vormittag vor den Schülern der Freien Waldorfschule Neuenrade und am Abend vor den Eltern. „Smartphones – nutzen kann es jeder, aber auch beherrschen?“ war die Veranstaltung überschrieben.
Dem Referenten ging es darum, den Smartphone-Nutzern – sprich Schülern, aber auch Eltern, die Gefahren und Manipulationsmöglichkeiten vor Augen zu führen. Einfach nur die neue Technik nutzen und auch den Kindern zur Verfügung zu stellen, das reiche nicht angesichts der Fälle von Cybermobbing oder Internetsucht, hieß es in der Ankündigung der Waldorfschule.
Buermanns Bestreben ist es, jedem Einzelnen zu helfen, einen eigenen festen Standpunkt zu finden, von wo aus sie oder er mit innerer Sicherheit auf die alltäglichen Herausforderungen zugehen könne, so schreibt der Medienberater, Dozent, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Autor an anderer Stelle.
Vorsichtige Terroristen
Reden kann er und so war sein Vortrag nicht langweilig, fesselte die Jugendlichen über weite Strecken, die auch durchaus Zwischenfragen stellten und zum Beispiel nachfragten, warum es angesichts der Techniken nicht möglich sei, Terroristen zu erwischen. Die seien vorsichtig, nutzten wohl statt Whatsapp Telegram oder gar kein Internet.
Buermann wartete mit vielen Infos auf, verwies auf das automatisch eingeschaltete Mikro beim aktuellen Windows-Betriebssystem und die Datensammelwut via Mikro, GPS-Daten, Einkaufs- und Surfverhalten sowie Whatsapp und Facebook. Und Google lebe auch von der totalen Individualisierung.
Dabei haben Datenkraken wie Google nicht unbedingt Interesse an Adressen und Geburtsdaten von Erwachsenen oder Jugendlichen. Neulich habe er sich noch auf dem Schwarzmarkt informiert und stieß auf Ramschpreise für Adressen von Jugendlichen. 100 000 Adressen kosteten da gerade einmal 5 Euro.
Big Data ist dabei das Stichwort. Gesammelt werde alles und später könne man per Data-Mining die Schätze bergen. Das funktioniert wohl: Buermann verwies auf jene englische Firma, die behauptet habe, dass sie die jüngste Wahl in den USA mit entschieden habe. Über spezielle statistische Auswertungen sei es gelungen, spezielle Adressen zu bekommen.
Manipulations-Befürchtungen für Bundestagswahl
So habe man wohl bei Facebook entsprechende Daten gekauft und anhand der Freundes- und Adresslisten sowie anderen Faktoren drei potenzielle Trump-Wähler-Gruppen herausgefunden: Datengrundlage für das Trumpsche Wahlkampfteam, um gezielt Menschen für ihn zu überzeugen. Das sei Manipulation, sagte Buermann, der durchblicken ließ, dass er Ähnliches für die Bundestagswahl befürchte.