Das Ganze wurde auch sicher als Abschluss eines längeren Prozesses gesehen. Bürgermeister Antonius Wiesemann (CDU) skizzierte in seiner Rede noch einmal den nicht einfachen Weg, der zur Gründung der MVZ-Keimzelle in der Praxis von Michael Beringhoff geführt hatte: Anfängliche Widerstände bei der KV, die Hilfe von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der Streit um den Standort und die kritische Auseinandersetzung der Opposition mit der Thematik –all das ließ er nicht unerwähnt.
Wiesemann betonte, dass die Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Neuenrader Bevölkerung nicht unbedingt zu seinen Aufgaben gezählt habe, gleichwohl habe er sich der Aufgabe gewidmet, weil es „ein sehr wichtiger Standortfaktor“ sei. Und wie immer gehe es auch in erster Linie um die Köpfe und nicht ums Geld. Und er sei froh jemanden wie Michael Beringhoff gefunden zu haben, der sich uneigennützig und engagiert gekümmert habe – genauso wie das MVZ-Team mit den beiden Ärztinnen Renate Borjazin-Kraus und Mohana Thayapararajah, das gerade in den letzten Wochen besonders viel geleistet habe. Lob gab es für Daniel Wingen und Gerhard Schumacher, die beiden Vorstände des MVZ.
Klare Sache, dass auch Michael Beringhoff sprach: Das Ziel sei erreicht, Kontinuität der Patientenversorgung sicherzustellen und die Arbeitsplätze zu sichern. Beringhoff sprach noch einmal die Problematik mit dem Nachwuchs an. Er bedauere, dass sich so wenige Mediziner fänden, die gerader diesen tollen Beruf des Hausarztes ergreifen wollten. Beringhoff sagte, dass „auch seine Nachfolge angestoßen“ werde und er voraussichtlich „in diesem Jahr (Mitte des Jahres ist er 30 Jahre im Beruf) nach Einarbeitung der Nachfolgekraft wohl als Leiter abtreten“ werde. Am Rande der Veranstaltung sagte er, dass eine Reihe von Gesprächen im Hinblick auf die Nachfolge geführt würden.
Dass nun das Medizinische Versorgungszentrum Neuenrade als Leuchtturmprojekt im Beritt der KV Westfalen-Lippe Nachahmer gefunden hat, konnte Bereichsleiter Ansgar von der Osten allerdings nicht sagen. „Es gab anfangs ganz viele Nachfragen. Dass aber jemand konkret in seiner Stadt dergleichen angestoßen hat, kann ich nicht sagen.“ Dabei könne er so ein Konstrukt nur empfehlen, denn so würde „jungen Medizinern eine gute Möglichkeit geboten, so den Einstieg zu finden. „Das ist ein attraktives Modell, junge Mediziner haben den Verwaltungskram nicht am Hals. Sie können sich auf die Medizin konzentrieren.“ Von der Osten sieht aber auch einen sehr starken Anstieg bei jungen Allgemeinmedizinern derzeit. Für die sei zum Beispiel dieses attraktive Medizinische Versorgungszentrum ein guter Einstieg. Van der Osten macht sich durchaus Sorgen um die medizinische Versorgung: „In der ganzen Region scheiden Ärzte aus.“ Auch in Neuenrade wurde (bei den Allgemeinmedizinern) im Grunde nur der Status quo der vergangenen Jahre gehalten, bestätigte am Rande MVZ-Leiter Beringhoff.
Das neue MVZ ist hell und freundlich, es gibt mehr Platz als in der Keimzelle. Es verfügt über vier Sprechzimmer, ein Sonografiezimmer, ein EKG-Raum und ein Labor. Und: Nach wie vor werden junge Mediziner gesucht, die beim familienfreundlich aufgestellten Neuenrader MVZ anheuern wollen.