Jugendliche: Rap, Rock und Pragmatismus

Ein Streiflicht auf Jugendliche in Neuenrade, ihre Interessen und Probleme.
Neuenrade – Das Jugendzentrum ist gut besucht: Zum Kindernachmittag kommen zweimal wöchentlich zehn bis 14 Kinder. Und jeden Tag tummeln sich dort 20 bis 25 Jugendliche. Was ist derzeit los bei jungen Leuten in Neuenrade? Was hören sie für Musik, welche Probleme bewegen sie, was sind die Themen bei Kindern und Jugendlichen? Davon berichten, wie es zumindest bei jenen aussieht, die das Jugendzentrum besuchen oder die im Rahmen der aufsuchenden Jugendarbeit angetroffen werden – das kann Daniel Schwebe.
Sozialarbeiter und ein Pädagoge
Schwebe ist erfahrener Pädagoge und hat früher ein Jugendcafé in Hagen geleitet. In Neuenrade ist er unter anderem für die aufsuchende Jugendarbeit zuständig und ist – natürlich im Wechsel und im gemeinsamen Dienst mit den anderen Beschäftigten – im Jugendzentrum aktiv. Teil der Crew sind auch Vanessa Rohrmann und André Sinn, die im Jugendzentrum Neuenrade Sozialarbeit leisten.
„Zombie“
Was nun musikalisch bei den Jugendlichen im Jugendzentrum läuft – das weiß Schwebe nur zu gut: „Da wird Zombie von den Cranberries rauf und runter gespielt.“ Ansonsten sei der Musikgeschmack seines Erachtens eher zweigeteilt. Derzeit sei das erstaunlicherweise Rockmusik der 90er und es gebe noch die Fraktion mit Rap und Hip-Hop. Was die Themen der älteren Jugendlichen anbelangt, da gibt es kein Vertun: „Das ist ganz klar die Mobilität“, sagt Schwebe. Er kommt über Autos gut ins Gespräch. Hat jemand zum Beispiel sein Auto foliert, dann ist das schon ein Ansatzpunkt für ein Gespräch.
Klimawandel kein Thema
Was nun Themen betrifft, die eher Erwachsene bewegen wie Politik und Gesellschaft – das findet nach der Beobachtung von Daniel Schwebe außerhalb der Schule nicht statt. Klimawandel? In der Freizeit spiele dieses Thema wohl keine Rolle, hat Schwebe beobachtet. Das habe „null“ Stellenwert. Das liege möglicherweise daran, dass das Thema vonseiten der Erwachsenen ständig auf die Jugendlichen einprassele. „Was nun tatsächlich ein ganz großes Thema hier war: Gertrüdchen,“ sagte Schwebe.
Suche nach einem Ausbildungsplatz
Einige suchen im Jugendzentrum tatsächlich auch konkret Rat und Hilfe. „Da geht es um die Ausbildungsplatzsuche.“ Aber auch jugendtypische Probleme, bei denen – je nach Geschlecht – eben Schwebe oder Kollegin Rohrmann angesprochen wird.
Auch Messer tauche auf
Nicht immer ist alles eitel Sonnenschein im Juz. Schwebe: „Zwei haben wir definitiv mit Messern in der Tasche erwischt und rausgeworfen. Das sehen wir äußerst kritisch. Entweder man gibt das Messer sofort ab oder verlässt sofort das Haus.“ Schwebe glaubt, dass es mittlerweile überall in Deutschland üblich sei, dass Jugendliche Messer zum vermeintlichen Eigenschutz dabei hätten. „Fast ausschließlich außereuropäischer Migrationshintergrund“ spiele dabei eine Rolle. „Das ist nicht typisch für Neuenrade, das ist republikweit typisch,“ glaubt der Pädagoge.
Umfrage im Jugendzentrum
Weitere Hinweise auf Seelenleben und Freizeitverhalten der Jugendlichen liefert die Umfrage, welche auf der Homepage des Jugendzentrums einsehbar ist: Zumindest ist ein Trend erkennbar. Beim Sportangebot liegen Parcours, Fußball, Basketball und Kraftsport ganz vorne. Was das Essen angeht, so ziehen diejenigen, welche bei der Umfrage mitgemacht haben eher den Bistro-Style vor. Und Kreativität spielt eine Rolle. Musikmachen haben viele angekreuzt, aber auch Fotos mit einer professionellen Kamera zu machen – dafür gibt es viele „Votes“. Und die Frage, was Jugendliche in ihrer Freizeit so am liebsten machen, da steht „Freunde treffen“ ganz oben, dicht gefolgt von „Chillen“ und „im Internet surfen“. Was Projekte anbelangt, so votieren immerhin drei Jugendliche für „ein Musik-Projekt, bei dem alle Neuenrader mitmachen“. Gleiches gilt für ein Medienprojekt für ganz Neuenrade. Geht es um Wettbewerbe, so stehen Foto-Contests und ein Konsolen-Wettbewerb an erster Stelle.
Wohlhabende Kommune
Offiziell gehört Neuenrade nach den Kriterien der Bertelsmann-Stiftung übrigens zu Typ 4. Das sind „wohlhabende Kommunen im ländlichen Raum“. Unter den betreuten Kommunen im Märkischen Kreis steht Neuenrade ganz gut da: Alle anderen werden als „stabile ländliche Städte“ klassifiziert. Und unterm Strich zeigen die Studien, die beim Kreis im Rahmen des Kinder- und Jugendförderplans zitiert werden, dass Jugendliche eher an der Realität orientiert sind und ihre Zukunft im Blick haben. „Der Blick junger Menschen in die Zukunft wird eingeschränkt optimistisch beschrieben. Die Sinus-Studie kommt wiederum – wie die aktuelle Shell-Studie – zu dem Schluss, dass junge Menschen nach wie vor recht pragmatisch veranlagt sind.“
Auch in Balve gibts ein Jugendzentrum
Die drei Neuenrader Jugendlichen Jannis, Janis und Panos gehören vielleicht dazu. Sie hören jedenfalls analog zu den Beobachtungen von Daniel Schwebe Rap und Rock. Dabei besuchen sie regelmäßig ein Jugendzentrum – das in Balve. Dort sagt ihnen das Angebot zu. Sie gelangen auch schnell dorthin – „mit dem Zug“. Die beiden Rap-Liebhaber Jannis und Panos sind dabei europäisch aufgestellt, erfreuen sich neben den Standards von deutschem und amerikanischem Rap auch an Rap auf Französisch und Spanisch. Janis ist dem Rock verbunden.
Büro, Büro
Was ihre Zukunft anbelangt, so wissen die drei jungen Männer noch nicht so recht, was sie machen wollen. Klar ist nur das Arbeitsumfeld: „Büro“, sagen alle drei unisono.