In der Tat singen viele Schulen das Hohelied auf die 60-Minuten-Einheit. Das selbstständige Arbeiten von Schülern werde gefördert, ein „schülerzentriertes Arbeiten“ sei möglich. Stundenthemen könnten zum Abschluss gebracht werden, Zeitverluste würden verhindert, weil ein Neuaufrollen in der Folgestunde nicht mehr nötig sei.
An einem Schultag würden weniger Fächer unterrichtet, überhaupt sei organisatorisch der Unterrichtstag besser zu händeln – es gebe einen effektiven Gewinn an echter Lernzeit, heißt es in einer Zitatensammlung zu dem Thema.
Jede Menge Erfahrungswerte gibt es also. Eine wissenschaftliche Studie für die 60-Minuten-Einheit hatte auch Schulleiterin Eva Päckert gerade nicht zur Hand, verwies allerdings auf Bachelor-Arbeiten und dergleichen mehr, die sich mit dem Thema befassten. „Wir erhoffen uns eine Entschleunigung des Schulalltages“, sagte Päckert.
Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war eine Unterrichtsstunde tatsächlich 60 Minuten lang. Es war zudem üblich, dass Unterricht vormittags und nachmittags stattfand. Dazwischen gab es eine lange dreistündige Pause, in der die Schüler nach Hause gingen. Die Nachmittagsstunden waren wohl unbeliebt. Es gab Erkenntnisse der damaligen experimentellen Psychologie, die Ermüdungsmessungen an Schulkindern durchführte. Demnach sollte die 60-Minuten-Taktung der Gesundheit der Kinder schaden und für das Lernen nicht förderlich sei. Die Wissenschaft empfahl daher, kleinere Kinder in 30-Minuten-Lektionen zu unterrichten, ältere Kinder in 45- oder 50-Minuten-Lektionen. 1911 legten die Preußen dann die 45-Minuten-Einheit fest. Mit den Kurzstunden konnte quasi die Vormittag-Schule etabliert werden. Die Entscheidung war umstritten, zumal auch die Pausen kürzer wurden – dabei hatten die Psychologen längere Pausen gefordert. Die Lehrer waren auch nicht überzeugt: In 45 Minuten sei kein vernünftiger Unterricht möglich. Zu hastiges Tempo störe die Harmonie des Unterrichts. Weitere Kritiker führten aus, dass die Entscheidung des preußischen Kultusministers eine Sparmaßnahme sei. Mit dem Halbtagesunterricht solle in weniger Zeit mehr gelernt werden. Die Halbtagsschule sei ein übler Notbehelf. Das alles ist dem umfassenden Text zu entnehmen, den der Historiker Robert Kluth zum Thema auf der Homepage des Deutschen Historischen Museums erstellt hat. https://www.dhm.de/blog/2018/08/15
Das Thema wurde auch schon Mitte März Eltern vorgestellt. „Die Eltern, die da waren, waren sehr interessiert. Die Resonanz war sehr positiv.“ Päckert verwies auch darauf, dass es unheimlich viele Schulen gebe, die das machen würden. Die Schulleiterin führte zudem aus, dass „die 60-Minuten auch viel besser zu den modernen Lernformen passen.“
Entspannter werde es sicher auch für die Schüler, die nun weniger Fächer pro Tag hätten. Zudem könne man generell die Schulwoche besser strukturieren. So plane man, ein festes Lernzeitenband einzuführen.
Die Hönnequell-Schule, als experimentelle Gemeinschaftsschule gegründet, zählt inzwischen zu den Sekundarschulen. Sie ist dreizügig und favorisiert langes gemeinsames Lernen. Bei der Zusammensetzung der Schülerschaft gibt es eine Drittelung von Kindern mit Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialempfehlung. Die Schule wird dreizügig geführt und ist hochmodern ausgestattet. Kommunalpolitik, Verwaltung und Privatiers ziehen hier an einem Strang.
Es wird viel an der Schule investiert und sie etabliert sich in Neuenrade und in der Region immer mehr. Etliche Werdohler besuchen inzwischen die Schule. Die HQS kooperiert eng mit dem Burggymnasium in Altena, sowie den beruflichen Schulen in Lüdenscheid und auch in Plettenberg.
Die Hönnequell-Schule hat zudem mit Neuenrader Firmen Kooperationsverträge unterschrieben. In diesen Tagen feiert die Neuenrader Schule ihr Zehnjähriges.