Stoff für politischen Diskurs

Der Neuenrader Rat segnet mehrheitlich den Haushalt ab und die Fraktionschefs skizzieren in ihren Haushaltsreden die künftigen Debatten.
Neuenrade – Zumindest in einer Angelegenheit waren sich alle – CDU, SPD, FWG, FDP und Grüne einig: Gerhard Schumacher macht einen topp Job. Vorsichtige Haushaltsführung, zuverlässig ansprechbar und jemand, der bereitwillig Auskunft erteilt. Das war jedenfalls den einzelnen haushaltsreden zu entnehmen. Gleichwohl: Der Haushalt wurde nicht einstimmig verabschiedet. Denn die FWG-Fraktion stimmte gegen den Plan.
Finanzen besser als erwartet
Der Haushaltsplan der Stadt Neuenrade mit einem Volumen von 29,3 Millionen Euro sieht dabei wesentlich besser aus, als noch zur Einbringung. Seit Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes 2023 sind erhebliche Veränderungen eingetreten und Korrekturen notwendig geworden. Nach derzeitigem Stand können die Isolierungsbeträge auf einen Betrag in Höhe von rund 1,082 Millionen Euro reduziert werden. Außerdem kann die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage um 300000 Euro auf 1,3 Millionen Euro reduziert werden. Die Entnahme war nötig geworden, um das Defizit auszugleichen. Somit konnte ein leicht positiver Wert ausgewiesen werden. Ein Haushaltssicherungskonzept war daher „nicht nötig“, hieß es unlängst vom Kämmerer.
Energiepreisbremse wird wirksam
Wesentliche Ursache für die deutlichen Verbesserungen in der Ergebnisrechnung sind insbesondere höhere Steuereinnahmen auf der Basis der nunmehr vorliegenden Orientierungsdaten des Landes Nordrhein-Westfalen und der verbesserten Finanzprognosen für das Haushaltsjahr 2023 insgesamt. Außerdem sind nunmehr in die Planung die Auswirkungen der beschlossenen Gas- und Strompreisbremse eingearbeitet worden.
Weniger Umlage an den Kreis, mehr Geld für Gehälter
Eine weitere spürbare Haushaltsentlastung kann bei der Allgemeinen Kreisumlage ausgewiesen werden, nachdem im Kreishaushalt auch jene Isolierungsbeträge veranschlagt worden sind und außerdem ein hoher Betrag aus der Ausgleichsrücklage in die Planung für 2023 eingestellt worden ist. Der Entlastungsbetrag bei der Allgemeinen Kreisumlage in Höhe von insgesamt 206000 Euro „kompensiert den zu veranschlagenden Mehrbetrag bei der Differenzierten Kreisumlage“ (rund 96000 Euro mehr als deutlich. Eingearbeitet in den Haushalt wurden inzwischen auch die Tariferhöhungen für die Beschäftigten.
CDU will proaktiv in Sachen Windkraft agieren
In den Haushaltsreden befassten sich die Fraktionsvorsitzenden nicht mit Details, sondern machten politische Positionen klar: So bleibt Mark Hantelmann (CDU) bei der Linie, die Schulerweiterung wie geplant zu realisieren und an Ort und Stelle. Er geht davon aus, dass nach dem Konnexitätsprinzip Fördergeld fließen werden. Von Alternativen hält er nichts. Auch die Dependance in Altenaffeln soll eine sehr gute Betreuung erfahren. Man will in Sachen erneuerbare Energien tätig werden, will Windkraft pro-aktiv angehen. Finanzielle Belastungen sieht er bei ansteigenden Flüchtlingszahlen, geduldeten Asylbewerbern. Da sieht er auf die Stadt massive Probleme zukommen – der Gesetzgeber müsse hier aktiv werden.
Gefahren im gesellschaftlichen Umgang miteinander
Gefahren sieht er auch im gesellschaftlichen Bereich. Er erwähnte den Silvesterabend mit den Zerstörungen. Im Umgang bei Diskussionen missfällt ihm der rüder werdenden Umgangston in den sozialen Medien, der in die reale Welt überschwappe. Sogar in der Fraktionsvorsitzendenrunde sei der Umgangston rüde geworden. Und er mahnte an, dass Mehrheitsentscheidungen doch zu akzeptieren seien. – so missliebig sie auch sein mag.
SPD stimmt Schulerweiterung nur bei ausreichender Förderung zu
Die SPD trug ihre Haushaltsrede im Doppelpack vor: Ulrike Wolfinger und Thomas Wette wechselten sich ab. Sie sehen viel Gutes, sehen Neuenrade zum Beispiel „auf dem Weg zur ersten klimaneutralen Stadt im Kreis“. Aber monierten, dass die Digitalisierung der Stadtverwaltung ohne den Rat erfolge. Die SPD machte aber auch klar, dass sie „einer Schulerweiterung über zehn Millionen nicht zustimmen werde, wenn das Ganze nicht mit mindestens 70 Prozent gefördert“ werde. Bei Sicherheit und Ordnung mögen sich die Neuenrader mehr zu Wehr setzen. Und beim Bergwaldprojekt hofft die SPD auf einen weiteren Pflanztag.
„Da zahlen am Ende die Hundebesitzer für das Gertrüdchen.“
FWG-Fraktionschef Bernhard Peters lobte den Haushaltsplan als sehr solide, machte sich Sorgen um die Isolierungsbeträge, die ja Schulden seien, hofft auf mittelfristige Entlastung der Energiekosten durch die Investition in energiesparende Lösungen. In Sachen OGS begrüßt man das Projekt grundsätzlich, ist aber weiterhin gegen das Fällen der Bäume. Dem Haushaltsplan stimmte man indes nicht zu, weil man gegen die Hundesteuererhöhung ist, gegen die Erhöhung der Grundsteuer A, von der vor allem Waldbauern betroffen seien und weil man gegen das Anheuern einer Fremdfirma für die Gertrüdchenbewirtung ist. 25000 Euro soll das kosten, früher sei das nicht nötig gewesen, das hätten andere ehrenamtlich bewältigt. Dann wurde es etwas kryptisch. Das alles erschließe sich für ihn nicht, er wollte aber auch „nicht auf die Hintergründe eingehen“. Dafür sagte er noch: „Da zahlen am Ende die Hundebesitzer für das Gertrüdchen.“
FDP ärgert sich über absurde Regionalplanung
FDP-Fraktionschef Michael Hammer war kurzfristig erkrankt, Jan Schäfer musste ran. Demnach hofft die FDP auf Förderung in Sachen Schulerweiterung, sprach sich nochmals vehement pro Freibad aus, gegen die Hundesteuererhöhung und amüsierte sich über ortsfremde Entscheidungen bei der Regionalplanung, bei der ein interkommunales Industriegebiet zwischen Plettenberg und Küntrop angeregt wird, das doch eher zwischen Garbeck/ Küntrop sinnvoll sei.
Bündnisgrüne wollen mehr frühzeitige Bürgerbeteiligung
Die Bündnisgrünen in diesem Fall Fraktionschef Marian Müller und Uli Naumann forderten vor allem mehr frühzeitige Bürgerbeteiligung. Sie sehen auch das Kulturprogramm kritisch, fordern mehr für die Jugend. Was die Schulerweiterung anbelangt, so fordern sie eine Erhalt der Bäume und eine 180-Grad-Drehung des geplanten Gebäudes.
Unterm Strich bot die Sitzung viel politische Anregung für die Zukunft.