Probleme bei Flüchtlingsunterbringung: Kapazitäten sind erschöpft

Die Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen stoßen in Nachrodt-Wiblingwerde an Grenzen. Kommen auch Erdbebenopfer?
Nachrodt-Wiblingwerde – Wer kann Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen? Jetzt wird es nämlich eng in der Doppelgemeinde, die Kapazitäten sind ausgeschöpft. „Es gibt viele Privatleute, die Einliegerwohnungen haben. Vielleicht können wir sie ein bisschen motivieren, in dieser Notsituation einzuspringen“, sagt Aykut Aggül, der mit seiner Nachbarschaftshilfe „Jeder kann jedem helfen“ in Nachrodt-Wiblingwerde mit allen Kräften die Flüchtlinge unterstützt – zum Beispiel mit privat organisierten Sprachkursen. Jetzt möchte er mit seiner Mitstreiterin Elfriede Sickart, die seit 2015 mit ein paar treuen Weggefährtinnen regelmäßig ein Flüchtlingscafé auf die Beine stellt, alle Hebel in Bewegung setzen, damit nicht möglicherweise in Zukunft die Sporthalle am Holensiepen zur Unterbringung genutzt werden muss.
„Der Schmerz ist groß“
225 Geflüchtete leben derzeit in Nachrodt. Es sind 102 ukrainische Kriegsflüchtlinge, neun Asylbewerber im laufenden Verfahren, 17 geduldete Personen. Zudem sind 97 Menschen gekommen, die eine Wohnsitzauflage haben. Sie haben ihr Verfahren beendet und müssen sich in der Doppelgemeinde eine Wohnung suchen. Weitere 58 sind angekündigt. Eventuell kommen auch bald Flüchtlinge aus den Erdbebengebieten. „Es gibt auch hier in Nachrodt einige Familien, die ihre Lieben in der Türkei verloren haben. Bei einer Familie sind es acht verstorbene Familienmitglieder. Der Schmerz ist groß“, erzählt Aykut Aggül. „Man erlebt hier eins zu eins die Katastrophen in der Welt mit.“ Wie er berichtet, arbeitet man gerade daran, die Visa-Regelungen zu vereinfachen, damit den Erdbebenopfern geholfen werden kann.
Lichtstreif
Wohnraum wird also auf jeden Fall benötigt. Eigentlich wollte Aykut Aggül darüber mit vielen ehrenamtlich Tätigen sprechen, doch der Termin „platzte“. Einige saßen im Stau und konnten nicht rechtzeitig kommen, bei anderen standen Karnevalspartys an. Dass es kein Interesse gibt, glauben Aggül und Sickart indes auf keinen Fall – gerade in Nachrodt-Wiblingwerde gebe es ein funktionierendes Netzwerk zur Hilfe für Flüchtlingen. Ein Lichtstreif am Horizont beim Thema Unterbringung könnten übrigens einige leer stehende Wohnungen in der Werkssiedlung Langenstück sein. Aykut Aggül hat Kontakt mit dem Vermieter LEG aufgenommen. Sechs Familien könnte man aus seiner Sicht dort noch unterbringen. Wohnungen im Nachrodter Feld dagegen sieht er allerdings – wie Ordnungsamtsleiter Sebastian Putz – nur als letzte Option. „Mit der Erkenntnis von heute war es wohl keine gute Idee, das Flüchtlingsheim und die Obdachlosenunterkunft abzureißen“, findet der fraktionslose Ratsherr. „Aber das nützt ja jetzt nichts mehr.“
Bitte melden
Wer eine Wohnung vermieten möchte, kann sich an die Flüchtlingsbeauftragte Sabrina Lippert wenden – am besten per E-Mail an s.lippert@nachrodt-wiblingwerde.de.