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Kampfpanzer für die Ukraine: Das sagen die heimischen Abgeordneten

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Von: Susanne Fischer-Bolz

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Kampfpanzer des Typs Leopard 2 liefert Deutschland an die Ukraine.
Kampfpanzer des Typs Leopard 2 liefert Deutschland an die Ukraine. © Philipp Schulze

„Da bekomme ich Gänsehaut. Wie lange soll dieser Krieg noch dauern?“, ist Bürgermeisterin Birgit Tupat entsetzt über die Leopard-Lieferung an die Ukranine. Und auch die heimischen Bundestagsabgeordneten Bettina Lugk (SPD) und Paul Ziemiak (CDU) beziehen Stellung.

Nachrodt-Wiblingwerde – Bürgermeisterin Birgit Tupat ist entsetzt, auch, wenn die Nachricht sie nicht überraschte. Nach monatelangem Tauziehen wird Deutschland der Ukraine nun Leopard-2-Kampfpanzer liefern. „Ich hatte gehofft, dass Olaf Scholz bei seiner Linie bleibt. Das macht mir wirklich Sorge“, sagt die Verwaltungschefin. Dass nicht nur die lokalen Themen – die Lennebrücke, die gesperrte Brücke in Altena, das Verkehrschaos – die Bürger beschäftigen, versteht sich von selbst und wurde auch während eines Neujahrsempfangs im Café Klunterbunt deutlich. So sehr Bundeskanzler Olaf Scholz offenbar immer mehr unter Druck geriet, wie Birgit Tupat es formuliert, so sehr waren die Bürger offenbar gegen eine Lieferung.

Gefühlt 75 Prozent dagegen

Zumindest etwa gefühlt 75 Prozent derjenigen, die im Wahlbezirk der SPD-Bundestagsabgeordneten Bettina Lugk wohnen – also auch die Nachrodt-Wiblingwerder. Das habe sie in Gesprächen immer wieder gehört, berichtete Bettina Lugk beim Neujahrsempfang, an dem auch viele Lokalpolitiker teilnahmen. Damit unterscheidet sich das Meinungsbild, das Lugk in ihrem Wahlkreis eingeholt hat, stark von repräsentativen Umfragen. So sprechen sich im aktuellen „Deutschlandtrend“ für das ARD-Morgenmagazin 46 Prozent für die Panzerlieferungen aus, 43 Prozent sind dagegen. Die verbleibenden elf Prozent können oder wollen sich nicht festlegen (wir berichteten). Mit der Bundestagsabgeordneten über die Leopard-Debatte zu sprechen, fand auch Bürgermeisterin Birgit Tupat spannend. Sie selbst ist klar gegen eine Panzerlieferung, „man muss viel mehr miteinander sprechen. Nicht einmal. Immer wieder. Ich glaube nicht, dass die Entscheidung, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, richtig ist“, sagt Tupat und ergänzt: „Da bekomme ich Gänsehaut. Wie lange soll dieser Krieg noch dauern?“

„Ich bin erleichtert, dass eine Entscheidung gefallen ist“

Die Ukrainer wollen mit den „Leopard-2“-Panzern gegnerische Linien durchbrechen. Die Panzer seien nötig, „um unsere Energieinfrastruktur zu retten, um die Ukrainer vor den Verbrechen zu retten“, hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba beim Besuch seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock in der Ostukraine im Januar betont. „Ich bin erleichtert, dass eine Entscheidung gefallen ist. Die Nachricht, dass nach aktuellem Stand auch Deutschland schwere Panzer in die Ukraine liefert, ist für die Menschen in der Ukraine erst einmal eine gute Nachricht, da sie ihre Verteidigungsfähigkeit stärkt. Zugleich erfüllt mich diese Nachricht mit Blick auf Putins Reaktion auch mit Sorge. Da geht es mir vermutlich nicht anders als vielen Menschen in meinem Wahlkreis“, so Bettina Lugk. Mit der Lieferung von schweren Panzern gebe man Rüstungsgerät aus der Hand, das gegebenenfalls auch in der Bundeswehr benötigt werde. Das Grundproblem: „Wir müssen für eine Abgewogenheit zwischen der militärischen und humanitären Unterstützung der Ukraine sorgen, damit sie ihr Selbstverteidigungsrecht wahrnehmen kann, und wir die Sicherung einer Verteidigungsfähigkeit unserer Bundeswehr beziehungsweise unserer Nato-Partner schaffen.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak (links) mit Friedrich Merz (r.) und dem Premierminister der Republik Polen, Mateusz Morawiecki. „Wir haben uns in der vergangen Woche in Berlin getroffen und auch über die Panzerlieferungen gesprochen“, so Paul Ziemiak.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak (links) mit Friedrich Merz (r.) und dem Premierminister der Republik Polen, Mateusz Morawiecki. „Wir haben uns in der vergangen Woche in Berlin getroffen und auch über die Panzerlieferungen gesprochen“, so Paul Ziemiak. © Privat

„Ein Zeichen setzen, dass Waffen nicht das Einzige sind“

Eine Diskussion ist Lugk in ihrer Gesamtheit zu wenig betrachtet. 2014 habe Frank-Walter Steinmeier als Außenminister während der Krim-Krise viel Zeit mit Überzeugungsarbeit bei den jeweiligen Akteuren verbracht, um sie an einen Tisch zu bekommen, damit die Kampfhandlungen enden. „Und das ist etwas, was wir – insbesondere aber die Außenministerin – viel stärker machen müssen, um ein Zeichen zu setzen, dass Waffen nicht das Einzige sind“, findet Bettina Lugk. Man werde nicht bei einem ersten Zusammenkommen einen Friedensschluss erreichen, aber ein Runder Tisch mit der Ukraine, Russland und Vermittlern müsse installiert werden, damit man ein Mindestmaß an Gesprächsbereitschaft und eine Plattform für Austausch aufbauen könne. Bettina Lugk erklärt, dass die einschlägigen Paragrafen des Nato-Vertrages von zentraler Bedeutung seien. Darin gehe es darum, wann aktiv in einen Krieg eingegriffen wird. Die Ukraine ist kein Nato-Partner, aber ein Verbündeter. „Ziel muss es aber immer sein, dass unsere Waffenlieferungen oder ein Zwischenfall mit diesen Waffen von Putin nicht als feindlichen Angriff betrachtet werden können. Eine Kriegserklärung an ein Nato-Land wäre der Bündnisfall, so dass sich alle Bündnispartner beistehen müssten. Das ist Zweck der Nato. Wir können deshalb nichts unabgestimmt liefern“, so Lugk.

Volksabstimmung nicht möglich

Als bundesweite Volksabstimmung sei die Entscheidung über eine Leopard-2-Lieferung übrigens nicht möglich gewesen. „Was ich aus meinem Wahlkreis höre, ist, dass der größere Teil der Bevölkerung für die Unterstützung der Ukraine ist, aber gegen erhebliche Lieferungen von schweren Panzern oder gar Kampfjets“, sagt Lugk. In anderen Regionen sei es nicht so deutlich.

„Als Politiker muss man eine Entscheidung treffen“

Der heimische CDU-Bundesabgeordnete Paul Ziemiak hat im Vorfeld auch viel mit den Menschen in seinem Wahlkreis gesprochen. „Ich erlebe beide Seiten und nehme die Sorgen über die Ausweitung des Krieges sehr ernst. Aber als Politiker muss man aber am Ende für sich eine Entscheidung treffen. Für mich überwiegen die Argumente, die für eine Lieferung von Panzern sprechen“, sagt Ziemiak. Die Lieferung von Kampfpanzern sei notwendig und auch überfällig. „Nach einem Jahr Krieg in Europa müssen wir die Ukraine bei der Verteidigung ihrer Freiheit gegen den russischen Angriffskrieg verteidigen“, sagt Ziemiak weiterhin. Nur so könne es zu Verhandlungen und zum Frieden kommen. „Wenn Russland heute seinen Kampf einstellt, gibt es Frieden. Wenn die Ukraine heute aufhört zu kämpfen, dann gibt es keine Ukraine mehr“, so Ziemiak abschließend.

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