„Kein Platz für Behelfsbrücke“

Das könnte eine der besten Nachrichten für 2023 werden: Wenn der „höchst interessierte Investor“ nicht noch einen Rückzieher macht, dann wird im Bereich der ehemaligen Rastatt tatsächlich doch wieder eine Gastronomie entstehen. Und einiges mehr.
Nachrodt-Wiblingwerde – Im Neujahrsinterview spricht Bürgermeisterin Birgit Tupat auch unter anderem über den viel diskutierten Radweg, der an der B 236 gebaut werden soll, über die Lennebrücke, die Resolution aus Nachrodt gegen das Lkw-Durchfahrtsverbot in Lüdenscheid, den Abriss der Lennehalle und einen Neubau, den sie sich wünscht.
Endlich ist 2022 vorbei, möchte man mit Blick auf die Verkehrssituation sagen. Da soll es nun schon wieder eine Sperrung an der B 236 geben, weil ein Radweg gebaut werden soll. Die Nachrodter sind entsetzt. Der Landtagsabgeordnete Thorsten Schick schlägt deshalb ein Gespräch mit Straßen.NRW vor Ort vor. Eine gute Idee?
Ja, auf jeden Fall, ich halte es auch für wichtig, dass man sich noch mal an einen Tisch setzt. Es ist egal, ob es eine halbseitige Sperrung gibt oder nicht: Wir stehen wieder vor Ampeln. Das ist nicht nur eine viermonatige Baustelle, sondern soll ein Jahr dauern. Die Radwegesituation ist hier eine andere als im Münsterland. Ich möchte keine halbseitige Sperrung. Und mal ehrlich: Ich hatte damals schon angeregt, dass man den Radweg doch während der viermonatigen Sperrung für die Sprengung der Felsnase hätte mitmachen können. Da war Zeit. Da war gesperrt. Aber das gab angeblich das Baufeld nicht her.
Straßen.NRW argumentiert, dass es nur eine verlängerte halbseitige Sperrung zur Lennebrücke ist, man könne mit entsprechender Ampelschaltung in „einem Rutsch“ durchkommen.
Ja, wir wissen aber auch, dass die Ampelschaltung oftmals nicht funktioniert. Und wenn wir zum Beispiel eine Rettungsfahrt haben, dann steht alles auf Rot, der Stau ist immens und einige fahren trotzdem durch. Das erlebe ich ja jetzt schon jeden Tag.
Man hat den Eindruck, dass der Radwegebau bei Straßen.NRW ansteht und dies ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen wird.
Ja natürlich kann man deses Gefühl haben, insbesondere, weil wir ja auch das Brückenproblem haben. Wenn das alles nicht wäre, dann könnte man dies sicher händeln. Aber wieso muss man überall Baustellen aufmachen, wenn es sowieso schon eine Riesenbaustelle an der Rahmetalbrücke gibt? Der Landesbetrieb und die Autobahn GmbH müssen doch mal miteinander reden.
Die Gemeinde hat eine Resolution auf den Weg gebracht zum geplanten Lkw-Durchfahrtsverbot in Lüdenscheid, das Nachrodt extrem belasten würde. Erwarten Sie eine Reaktion vom Verkehrsministerium?
Ich weiß es nicht. Bei manchen Leuten hat man schon mal das Gefühl, dass man schreiben kann, was man will. Ich würde mir natürlich eine Rückmeldung wünschen, denn wenn Herr Wissing sagt, dass die Rahmetalbrücke Chefsache ist, dann sollte auch der Rest der Region dazugehören.
Eine weiträumige Umfahrung ist die einzige Lösung?
Das ist praktisch nicht kontrollierbar und nicht durchsetzbar. Dann müssten wir irgendwelche Schlagbäume aufbauen. Es ist doch eine Luftnummer.
Die Gemeinde, so eine Forderung in der Resolution, möchte eine Experten-Einschätzung, wie lange die Lennebrücke noch durchhalten kann. Aber es gibt doch vierteljährliche Prüfungen?
Die Zustandsnote der Brücke ist 3,7 (Anm. der Red.: 3,5 bis 4,0 ist ein ungenügender Zustand). Und ich mache mir wirklich große Sorgen, wenn ich den Schwerlastverkehr beobachte. Ich bekomme das jetzt hier im Büro viel mehr mit, dann wackelt hier die ganze Bude. Und alles rollt über die kleine Brücke.
Eine Behelfsbrücke ist nicht möglich?
Dafür ist einfach der Platz nicht da. Das haben wir alles schon angesprochen.
Es dreht sich vieles um das Thema Verkehr. Ist Nachrodt-Wiblingwerde trotzdem noch eine liebenswerte Gemeinde für Familien beispielsweise?
Auf jeden Fall. Ich finde, dass man hier sehr gut leben kann. Es gibt tolle Wohngebiete, Kindern können hier gut aufwachsen. Bei der Versorgung mit Kindertagesstätten stehen wir im Kreis gut da. Es gibt auch noch Erweiterungen für U 3-Kinder. Wir haben eine super Gemeinschaftsgrundschule mit zwei Standorten, wo die Kinder total gut aufgehoben sind, zudem Betreuung und OGS.
Gerade die Betreuung wird sicher bald ein sehr großes Thema, zumal ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule schrittweise eingeführt wird.
Ja, wir haben die Weichen gestellt, das Haus neben der Grundschule erworben. Da müssen wir jetzt gucken, ob eine Sanierung möglich ist und was sie kosten würde. Rettungswege und Brandschutz müssen natürlich berücksichtigt werden. Man kann das Haus nicht einfach für eine Betreuung ummodeln. Zudem muss auch alles bezahlt werden. Es wird uns als Gemeinde aufgegeben, da erwarte ich einfach, dass es da auch Fördermittel geben wird.
Die Lennehalle wird abgerissen. Was mich interessiert: Will man denn gar nicht wissen, was damals passiert ist, wer das Drama zu verantworten hat?
Doch, da sind wir auch noch dran. Wir prüfen noch, ob es Möglichkeiten gibt, jemanden an die Hammelbeine zu kriegen. Die Gewährleistung ist vorbei, aber wir sprechen noch einmal mit einem Anwalt. Wie ist was gelaufen? Das möchten wir wissen. Wenn wir die Lennehalle zehn Jahre als Beweisstück stehen lassen müssten, wäre das natürlich ein Problem. Aber vielleicht braucht man das Beweisstück auch nicht, weil alles dokumentiert ist. Bei diesem Thema sind wir noch nicht am Ende.
Sind Sie ganz sicher, dass es eine neue Lennehalle geben wird?
Wenn es nach mir geht, gibt es eine neue Halle. Es gibt auch für Sportstätten Fördermöglichkeiten. Man muss sicherlich über die Größe sprechen. Als die Halle gebaut wurde, gab es riesige Feste vom MGV, das Weinfest, Tanz in den Mai und vieles mehr. Die Sportmöglichkeiten müssen gegeben sein, aber ob die Halle wieder so groß werden muss, glaube ich eher nicht. Und natürlich muss es dann auch einen ganz anderen Boden geben, denn jetzt sind die Sportler überhaupt nicht begeistert, gelenkschonend ist das dort nicht.
Man hat natürlich den Eindruck, dass das Thema Lennehalle eine Fortsetzung des Themas Rastatt ist. Auch dort hatte man die Hoffnung, dass etwas Neues entsteht.
Natürlich kann ich die Sorgen verstehen, aber ob eine neue Lennehalle entsteht, ist auch eine politische Entscheidung. Zudem wird es noch einige Jahre dauern. Bis zu dem Neubau der Feuerwehr, der etwa 2024/2025 fertig ist, muss man sich entscheiden, wie eine neue Halle konzipiert sein soll.
Und an der Rastatt?
Wir hatten Ende des Jahres zwei Gespräche mit einem Investor, der sehr interessiert ist, dort etwas zu entwickeln. Es ist ein gebürtiger Nachrodter. Unter anderem ist dort auch eine Gastronomie vorgesehen. Und dann könnte es auch einen Raum für 80 Personen geben. Anfang Januar wollen wir noch mal sprechen.
Klingt großartig. Großartig ist auch die Idee der Lennekirche, aus der katholischen Kirche eine Multi-Sportanlage zu machen?
Ja durchaus. Wenn es so umgesetzt werden kann, ist es auf jeden Fall für Nachrodt-Wiblingwerde ein Alleinstellungsmerkmal. Ich bin sehr froh, dass dort etwas passiert, dass es eine neue Nutzung geben kann.