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Nachrodter nun der wichtigste Zeuge im Strafverfahren

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Von: Thomas Krumm

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Der Prozess findet vor der großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts statt.
Der Prozess findet vor der großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts statt. © dpa

Am 21. Dezember 2020 verurteilte die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hagen nach monatelangem Prozess einen heute 70-jährigen Nachrodter wegen 93-fachen Betruges und Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Ins Gefängnis musste der Senior nicht.

Nachrodt-Wiblingwerde – Nach einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof musste das Urteil aus formalen Gründen noch einmal korrigiert werden. Diese Verhandlung nutzte der Angeklagte zu einem späten Geständnis: „Das entspricht der Wahrheit, dass ich ihm Geld gegeben habe“, bestätigte er erstmals Zahlungen an seinen ehemaligen Mitangeklagten. Der war während des gesamten Prozesses geständig: 93 Mal habe er jeweils 150 Euro von dem Nachrodter bekommen, gab er zu. Im Gegenzug hatte er Materialproben entgegengenommen, die seine Firma schädigten. Denn der Nachrodter war tätig für ein Entsorgungsunternehmen in Schalksmühle, das Messingschleifstäube und anderen kupferhaltigen Schrott an einen großen Altmetallverwerter in Ennepetal lieferte. Mitgelieferte Probeneimer gaukelten bei Lieferungen zwischen Juli 2011 und Oktober 2015 einen höheren Metallgehalt vor, als tatsächlich in dem durch Krätze und Sand gestreckten Schrott enthalten war. Beim 94. Mal fiel der Betrug nach einem anonymen Hinweis auf. Hochrechnungen gingen von einem Schaden von mindestens 638000 Euro aus.

Zeugenaussage

Nach dem rechtskräftigen Urteil wegen der ganz handfesten Bestechung ist der Nachrodter nun der wichtigste Zeuge im Strafverfahren gegen seinen ehemaligen Chef, das vor der großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts erneut eröffnet wurde. Der heute 48-Jährige hatte schon im ersten Prozess vor Gericht gestanden - gemeinsam mit den beiden Angeklagten, die die Zahlungen und Probeneimer-Übergaben ins Werk setzten. Aufgrund von ärztlichen Attesten, die ihm Verhandlungsunfähigkeit attestierten, verließ der 48-Jährige die Anklagebank jedoch.
Nun befindet er sich in Untersuchungshaft und muss sich im Landgericht allein seinem Strafverfahren stellen. Die Zeugenaussage seines ehemaligen kaufmännischen Mitarbeiters aus Nachrodt musste allerdings verschoben werden. Wachtmeister des Landgerichts teilten mit, dass der Angeklagte in einer Verhandlungspause unter starken Krämpfen gelitten habe. Der Vorsitzende Richter Andreas Behrens ergänzte, dass er daraufhin mit dem „liegenden“ Angeklagten gesprochen habe. Dieser sei der Auffassung, dass er nicht mehr verhandlungsfähig sei, „nicht entgegengetreten“. Die Aussage des Belastungszeugen soll nun zu einem späteren Termin nachgeholt werden.
Im Zusammenhang mit seinem späten Geständnis vor Gericht hatte der damalige Angeklagte und jetzige Hauptbelastungszeuge angegeben, seinen ehemaligen Chef und vorübergehenden Mitangeklagten als Urheber der Betrugstaten zu benennen.
Seine Anwälte bremsten ihn jedoch aus. Das könne er doch gar nicht so genau wissen. „Wer hätte es sonst machen sollen?“, fragte der Angeklagte damals, bevor er mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe den Saal verließ.

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