Erste Berührungspunkte ergaben sich Mitte der 1980er Jahre: Als Zehnjähriger habe er zum ersten Mal eine Platte (das rote Album) der Beatles gehört. Die Melodien, die Stimmen, der Groove: „Ich war sofort Beatle-Fan“, sagt Schirmer, der damals das Akkordeonspielen von seiner Tante lernte. Ähnlich wie seine Vorbilder aus England brachte sich der junge Mann in den Folgejahren das Spielen von Bass, Gitarre und Klavier selbst bei, gründete in seiner Heimat Hagen eine Band, hatte erste Auftritte.
Nach dem Abitur im Jahr 1996 setzte er alles auf die Karte Musik. Sein Ziel war das von Paul McCartney im selben Jahr mitbegründete Liverpooler Institut für Darstellende Kunst. „Damals kamen auf 30 Studienplätze mehr als 8 000 Bewerber aus aller Welt“, sagt Schirmer, der daher einen Umweg über Holland wählte. Im Konservatorium in Enschede habe er das Handwerk in Jazz-Piano und Popularmusik gelernt. Dass er jedoch im Jahr 2000 die Aufnahmeprüfung für das angestrebte Institut in Liverpool bestand, das „hat mein Leben um 180 Grad gedreht“.
In England habe er sich vom ersten Tag an willkommen gefühlt, komponierte eigene Songs, wirkte an verschiedenen Projekten mit. Nach nur drei Monaten trat er im Cavern Club auf, in dem neben den Beatles unter anderem auch die Rolling Stones und Elton John gespielt hatten. „Das kam mir alles vor wie in einem Traum, wie das Musiker-Paradies“, so Schirmer zu dieser Zeit.
Und dieser Traum sollte nicht enden: Vor fast 20 Jahren traf der heutige Herscheider Paul McCartney in einem Pub des Instituts. Zunächst habe er noch überlegt, welche Anrede er wählen sollte. Er entschied sich für „Mister McCartney“, dem er für die Möglichkeiten dankte, sich als junger Musiker verwirklichen zu können.
Drei Jahre später die nächste Begegnung: Schirmer, bereits im letzten Studienjahr in Liverpool, hatte das Glück, an McCartneys Unterricht teilzunehmen. Wobei dieser keinesfalls als Typ Oberlehrer daherkam, sondern als Musiker und Mensch. In privater Atmosphäre nahm er sich die Zeit, mit Schirmer an dessen Musik zu feilen, und ließ zwischendurch immer wieder Einblicke in die eigene Weltkarriere zu. Ganz bescheiden gab er zu verstehen: „Ich hatte das Glück, einen guten Songwriter an meiner Seite zu wissen“, sagte er – gemeint war damit niemand anderer als John Lennon.
Dass Schirmer von diesem Treffen, auf das er 13 Jahre lang hingearbeitet hatte, beeindruckt war, erklärt sich von selbst. Doch auch auf Sir Paul schien der junge Musiker Eindruck gemacht zu haben. Bei der Abschlussfeier einige Monate später, bei der der Ex-Beatle eine Rede hielt, gratulierte er Schirmer persönlich. „Er hatte sich sogar meinen Namen gemerkt.“
Damit endete für den heutigen Herscheider zunächst das Kapitel Liverpool: Er sammelte Erfahrungen als Pianist auf Kreuzfahrtschiffen, arbeitete an eigenen Songs, gründete ein eigenes Label und brachte im Jahr 2008 sein erstes Album heraus („A day in the Top of the Tree“). Musik, die ganz deutlich von den Beatles im Allgemeinen und McCartney im Speziellen geprägt ist.
So schloss sich kurz darauf ein Kreis, als Schirmer die Anfrage erhielt, ob er als Dozent in Liverpool tätig sein möchte. Wohlgemerkt: Er war nicht nur der jüngste (seinerzeit 32 Jahre), sondern auch der erste Dozent aus dem Ausland, der an der Hochschule den Lehrauftrag für Komposition übernahm.
Dabei traf er nicht nur gelegentlich auf McCartney, sondern lernte auch viele talentierte Jungmusiker kennen, die inzwischen mit dem Weltstar auf Tournee gehen.
Nach fünf Jahren der hingebungsvollen Arbeit entschloss sich Schirmer schließlich, Liverpool erneut zu verlassen. Ihn reizten neue musikalische Aufgaben und er wollte wieder zurück zu seinen Wurzeln: Zunächst ging es nach Hagen und im Jahr 2017 schließlich nach Herscheid. Dort hat er mit seiner Frau Britta (die er übrigens bei einem eigenen Konzert an der Waldbühne Lüdenscheid kennenlernte) eine Familie gegründet. Darauf liege zurzeit der Fokus. Parallel dazu ist Schirmer an der App Skoove beteiligt: Dabei lernen Nutzer digital das Klavierspielen.
Die Zeit in Liverpool, die vielen Begegnungen dort, die Herzlichkeit der Menschen – all das begleitet ihn bis heute. All das ist nachzuhören auf seinem vierten Album („Life on Catharine Street“), auf dem er das in England Erlebte musikalisch aufleben lässt.
Zum 80. Geburtstag von Paul McCartney sind diese Erinnerungen präsenter denn je. Eine Karte werde er dem Weltstar zwar nicht schreiben, das werde sicherlich das Institut aus Liverpool machen, dem sich der Herscheider weiter sehr verbunden fühlt. „Aber ich wünsche ihm, dass er noch möglichst lange auf der Bühne stehen wird und Musik machen kann“, sagt Schirmer über seinen Ausbilder und Mentor, Sir Paul McCartney.