Nach einem kurzen Fußmarsch durch Hervel befand man sich bereits mitten im Naturschutzgebiet. „Hier gilt Wegegebot“, erinnerte Bloch. Manchen Wanderer kümmert das jedoch überhaupt nicht; so musste Bloch vor einigen Tagen feststellen, dass bei den Märzenbechern „leider schon ziemlich viel zertrampelt war“. Dabei hatten Naturschützer bereits Absperrseile gespannt und provisorische Hinweisschilder angebracht. Die Teilnehmer wies Bloch an, auf den Wegen zu bleiben; auch von dort könne man schöne Fotos machen.
Wie man den Märzenbecher geschickt in Szene setzt, erklärte Bloch anhand von Beispielfotos: Als erstes müsse man sich selbst die Frage beantworten: „Was will ich für eine Aussage treffen? Was will ich meinem Betrachter eigentlich beschrieben?“ Einfach drauflos zu knipsen sei jedenfalls keine gute Idee. Allein die Entscheidung, ob Quer- oder Hochformat, müsse gefällt werden.
Bloch riet davon ab, das „große Ganze“ einfangen zu wollen: „Das wird nicht gelingen“, sagte er. Stattdessen riet er den Teilnehmern, alleinstehende Pflanzen separiert darzustellen. „Das geht nur aus der Froschperspektive“, so Bloch.
Desweiteren sei die Bildaufteilung wichtig: In Anlehnung an den Goldenen Schnitt plädierte Bloch für eine Drittelung des Bildes. Will heißen: Man denke sich in der Höhe und der Breite je zwei Linien, so dass vier Schnittpunkte entstehen. Nun muss man sich entscheiden, auf welchen Schnittpunkt man zum Beispiel die Blüte setzt. Hierzulande legt man das Augenmerk klassischerweise auf einen der rechten Schnittpunkte, weil wir es gewohnt sind, von links nach rechts zu lesen – im arabischen Raum ist es genau umgekehrt.
Das Gegenlicht für sich nutzen, mit voll ausgefahrenem Teleobjektiv den größtmöglichen Unschärfeeffekt erzielen oder mit der Verschlusszeit spielen: Die Möglichkeiten, die Märzenbecher abzubilden, waren schier grenzenlos. Doch das alles waren natürlich nur Anregungen; letztendlich musste jeder selbst herausfinden, was ihm gefiel. Bloch gab Ratschläge und Hilfestellungen, sodass schließlich jeder ein paar schöne Märzenbecherbilder im Kasten hatte.
Neben dem Märzenbecher war auch der Zustand des Waldes ein Thema der Wanderung, schließlich hatten die jüngsten Vorkommnisse Auswirkungen auf die Route. „Drei tieftrockene Sommer hintereinander“ haben bewirkt, dass den Fichten das Wasser fehlt, um Harz zu produzieren, womit sie sich gegen den Borkenkäfer zur Wehr setzen. Die Folgen sind überall zu sehen: erst braune, abgestorbene Fichten und anschließend Kahlschlag.
Dazu kommen nun Sekundärschäden: Gesunde Bäume, die zuvor mitten im Wald gestanden haben, sind plötzlich Randbäume. Jedoch mangelt es ihnen an Standfestigkeit und so können sie bei Stürmen leichter gefällt werden.
Märzenbecher – die offiziell eigentlich Frühlings-Knotenblume heißen – gehören zu den absoluten Frühblühern. Nicht selten stehen sie schon während der Schneeschmelze in der ersten Blüte; je nach Standort und Witterung kann es bereits im Februar losgehen. Normalerweise stehen die Märzenbecher in kleineren Grüppchen beisammen – größere Ansammlungen wie in Hervel sind eher selten. Märzenbecher sind an bestimmte Bodenbedingungen gebunden: feucht, sumpfig und lehmig, dazu mäßig sauer – so mögen es die zarten Pflanzen, die mit ihren weißen, glockenförmigen Blüten auf den ersten Blick an Schneeglöckchen erinnern, sich von diesen jedoch durch die gelben, bzw. grünen Punkte an den Blüten unterscheiden. So schön sie auch sind: In der Natur darf man sich nur an ihrem Anblick erfreuen. Pflücken oder gar ausgraben ist streng verboten; denn Märzenbecher stehen unter Naturschutz.
Auch wenn der zurzeit karge Anblick schmerzt: Laut Bloch bestehe nun die Chance, einen nachhalten Mischwald aufzubauen. Verteufeln wollte er die Monokultur der Fichte aber nicht, immerhin haben die vergleichsweis schnell wachsenden Fichten seinerzeit zum Wohlstand der Gegend beigetragen – das Gebiet um die Nordhelle war Zentrum der Eisenverhüttung; die vielen kleinen Teiche, einst Hammerteiche, zeugen noch heute davon. Zudem habe die Fichte vielen Bergleuten das Leben gerettet: Das signifikante Knacken bevor es bricht war für die Kumpel ein Warnsignal, schleunigst die Grube zur verlassen, denn dann herrschte akute Einsturzgefahr.
Am Ende der Wanderung verriet Bloch den Teilnehmern, wann sich ein Besuch bei den Märzenbechern fototechnisch besonders lohnt: am Nachmittag, wenn das Licht weicher ist und der Sonnenstand tiefer. Zu empfehlen seien zudem die Tage unter der Woche, da dann weniger los sei. Schließlich appellierte Bloch nochmal eindringlich, nicht einfach mitten in das Blütenmeer hineinzugehen: „Das ist schön und es soll auch schön bleiben!“