Er geht davon aus, dass das Kalb erst kurz zuvor zur Welt gekommen ist. Das trächtige Muttertier sei in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch draußen auf einer Wiese gewesen, ein vollkommen natürlicher Vorgang. Wie viele Stunden zwischen der Geburt und dem tödlichen Angriff gelegen haben, das kann nicht abgeschätzt werden.
„Die gefressene Fleischmenge und die Art und Weise – versetzen uns in Aufruhr, dass es sich hier nicht um einen Fuchs handeln könnte“, sagt Schäfer. Er informierte das Veterinäramt und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Außerdem brachte er die Überreste des Kalbes in ein Labor nach Arnsberg. Die Auswertung dürfte nach Aussage vor Ort einige Tage dauern; mit Ergebnissen sei frühestens in drei Wochen zu rechnen.
Der Landwirt muss sich also in Geduld üben. Nicht nur für das Muttertier sei dieser Verlust schmerzhaft. „Das ist eine traurige Geschichte“, sagt Karsten Schäfer. Für seinen Betrieb entstehe neben dem emotionalen auch ein finanzieller Schaden: Ein Jahr lang sei die trächtige Kuh entsprechend gefüttert worden. Ob es für die tödliche Attacke Entschädigungen geben wird, das bleibe abzuwarten.
Direkte Konsequenzen aus diesem Vorfall will der Landwirt nicht ziehen. Die Tiere rund um die Uhr zu bewachen sei aufgrund der Vielzahl der Rinder nicht möglich. Eine zusätzliche Einzäunung sei vorerst nicht angedacht, dazu seien die Flächen und der damit einhergehende Aufwand zu groß.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz informiert auf eine Homepage (wolf.nrw) darüber, wo und in welcher Region zuletzt nachweislich Wölfe gesehen wurden. Demnach erfolgte die letzte Sichtung in der heimischen Region am 14. Juni in Attendorn. In dieser Liste wird auch auf die Sichtbeobachtung am 12. März auf der Nordhelle hingewiesen (wir berichteten): Dort hatten zwei Freundinnen auf dem Wanderparkplatz P 5 einen Wolf gesehen, der nur wenige Meter von ihnen entfernt über einen Weg lief, dabei vollkommen entspannt wirkte und anschließend in Richtung Wegespinne verschwand. Anhand des dabei entstandenen Fotos konnte nachgewiesen werden, dass es bei dem Tier um einen Wolf handelte.
Doch der Vorfall stimmt die Familie Schäfer nachdenklich: Das Tierwohl steht bei ihrem Betrieb an vorderster Stelle. Die Rinder bleiben bewusst von der Geburt über die Zucht bis zur Mast auf dem Hof, verbringen einen Großteil ihres Lebens im Freien. Sollte sich nun herausstellen, dass ein Wolf für die tödlichen Bisse verantwortlich ist, dann bedeute das eine Gefährdung für den Betrieb.
Um die Herscheider zu warnen, ohne dabei in Hysterie zu verfallen, macht Karsten Schäfer den Vorgang öffentlich. Der Fundort befindet sich nicht nur wenige Meter von dem Wohnhaus der Familie entfernt, sondern eben auch in einem beliebten Naherholungsbereich. Dort seien viele Spaziergänger auch mit Hunden unterwegs. „Bitte bleibt aufmerksam – ohne jetzt in den Wäldern suchen zu gehen“, lautetet der Appell der Schäfers an alle Personen, die in den umliegenden Wäldern unterwegs sind.