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Kapazitäten sind ausgeschöpft: Drei Containereinheiten geplant

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Von: Dirk Grein

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Der Parkplatz in der Winzenbecke ist gesperrt, dort werden zurzeit Versorgungsleitungen verlegt. In Kürze sollen hier die ersten Wohncontainer aufgestellt werden.
Der Parkplatz in der Winzenbecke ist gesperrt, dort werden zurzeit Versorgungsleitungen verlegt. In Kürze sollen hier die ersten Wohncontainer aufgestellt werden. © Grein

Die Zahl der Zuweisungen ebbt nicht ab, die Möglichkeiten der Unterbringung sind am Ende: Seit Wochen und Monaten spitzt sich die Flüchtlingssituation in Herscheid zu. Jetzt muss Bürgermeister Uwe Schmalenbach verkünden, dass die eigenen Kapazitäten ausgeschöpft sind. Daher muss auf vorübergehende Lösungen gesetzt werden – in Form von Wohncontainern.

Herscheid - Der Zustand der kompletten Auslastung sei erreicht, berichtete Schmalenbach in der Sitzung des Rates. Mit Stand von Montagnachmittag sind in der Gemeinde insgesamt 111 Flüchtlinge gemeldet. 68 Personen stammen aus der Ukraine, die restlichen aus anderen Ländern der Welt. Momentan kommen überwiegend Flüchtlinge aus Syrien in Herscheid an. Dabei handele es sich in den meisten Fällen um anerkannte Flüchtlinge (Männer), bei denen mit Familiennachzug zu rechnen sei. Eine kurzfristige Entspannung der Situation sei daher nicht zu erwarten.

Die drei gemeindlichen Unterbringungen seien voll belegt. Notgedrungen sei man dazu übergegangen, die einstigen Klassenräume der leer stehenden Grundschule am Rahlenberg zu nutzen. Dies sei jedoch nur ein Provisorium, betonte der Bürgermeister, dass auf Dauer ein Wohnen in den ehemaligen Schulräumen aufgrund der dortigen Gegebenheiten nicht wünschenswert sei. So befinden sich in den umfunktionierten Klassenräumen beispielsweise keine Duschmöglichkeiten; dafür müssten die Bewohner einen auf dem Schulhof aufgestellten Container nutzen.

Bürgermeister: „Wir als Kommunen müssen das auffangen, was das Land nicht schafft“

Beim Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern sitzen die Kommunen nicht mit am Verhandlungstisch, was für gedämpfte Erwartungen im Herscheider Rathaus sorgt, gibt Bürgermeister Uwe Schmalenbach zu verstehen. Er begründet: Für das Jahr 2023 erwarte das Land Nordrhein-Westfalen 30 Prozent mehr Flüchtlingszuweisungen, als im Vorjahr. Für eben jenes 2022 habe das Land das selbst gesteckte Ziel verfehlt, 34 500 Unterbringungsplätze in Landeseinrichtungen zu schaffen. Nach Ansicht der Kommunen seien inzwischen 70 000 bis 80 000 solcher Plätze in NRW nötig, das habe die Krise der Jahre 2015/2016 gezeigt. „Das bedeutet, dass wir als Kommunen das auffangen müssen, was das Land nicht schafft“, schlussfolgert Schmalenbach. Wie dieser Mehraufwand finanziert werden soll, darauf gebe es bislang keine Antworten – doch genau diese erhofft sich der Bürgermeister von dem Gipfeltreffen. In einer ersten Tranche habe die Gemeinde Herscheid 198 445 Euro vom Land erhalten. Geld, das für bauliche Veränderungen zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden soll. Doch allein die Anschaffung der Wohncontainer, die in Kürze aufgestellt werden sollen, schlage mit rund einer Dreiviertelmillion zu Buche. Weitere Bewilligungen seien noch nicht in Sicht, sagt der Bürgermeister. 

Das Ziel, dezentrale Lösungen und Wohnverhältnisse zu finden, könne mit bestehenden Gebäuden nicht erreicht werden. Daher habe die Gemeinde erste Wohncontainer bestellt. Diese sollen in den nächsten Wochen auf dem Parkplatz an der Unterkunft in der Winzenbecke aufgestellt werden; dort werden zurzeit die dafür notwendigen Versorgungsleitungen verlegt. In den zweigeschossigen Containerbauten sei Platz für insgesamt zehn Wohneinheiten und bis zu 24 Personen. Die Appartements seien mit Schlafbereich, Küche und sanitären Einrichtungen ausgestattet.

Gemeinde erwirbt Haus in Hüinghausen

Diese erste Containereinheit werde angesichts von durchschnittlich drei Neuaufnahmen pro Woche nicht lange ausreichen. Daher plane die Gemeinde Herscheid bereits mit einer zweiten Anlage, die in Hüinghausen aufgestellt werden soll. Dort habe die Gemeinde ein Haus erworben, in dessen Umfeld die Container aufgestellt werden sollen, erzählte Schmalenbach, der ergänzte: „Wir gehen davon aus, dass wir darüber hinaus eine dritte Containereinheit benötigen werden.“ Derzeit führe die Verwaltung noch Gespräche wegen des dritten Standortes. Dieser könne sich im Herscheider Unterdorf befinden, sagte der Bürgermeister.

Die behördlichen Genehmigungen für derlei Containerbauten zur Unterbringung von Geflüchteten sei auf zwei bis drei Jahre begrenzt. Schmalenbach hofft, mit den genannten drei Appartement-Standorten „eine gewisse Zeit“ weiterzukommen und, falls möglich, die Belegung der einstigen Grundschule aufgeben zu können. Schließlich sei es erklärter Wille von Gemeinde und Politik, den nach dem Bau des Bildungszentrums nicht mehr benötigten Teil der leer stehenden Grundschule zurückzubauen.

Als bauliche Reserve hat die Gemeinde das ehemalige Schullandheim Stucken in der Hinterhand. Dieses hatte sie im November 2015 gekauft, wegen der Lage im Außenbereich aber bislang noch nicht als Unterkunft genutzt. Die Räumlichkeiten seien für eine kurzfristige Nutzung vorbereitet; eine Flüchtlingsfamilie, die über ein Auto verfügte und somit mobil war, sollte dort ursprünglich vor einigen Tagen einziehen, sie sei allerdings unerwartet aus Herscheid verzogen. Langfristig soll das ehemalige Schullandheim Stucken die Rolle der Auffangvorrichtung übernehmen, die zurzeit noch die alte Grundschule inne hat.

Lediglich eine Übergangslösung: Ein Teil der alten Herscheider Grundschule soll zurückgebaut werden.
Lediglich eine Übergangslösung: Ein Teil der alten Herscheider Grundschule soll zurückgebaut werden. © Grein, Dirk

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