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„Kein Tag wie der andere“: Warum geht man heute noch in die Pflege?

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Von: Dirk Grein

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Mitarbeiter des Seniorenzentrums vom Maskenzwang befreit, Besucher hingegen nicht. Daher trugen Ausbildungsstellenvermittlerin Jasmin Haski (links) und Bürgermeister Uwe Schmalenbach (rechts) Mundschutz, als Auszubildende Lara-Lynn Baumann (2. von links), Pflegedienstleiterin Daniela Böhme (Mitte) und Einrichtungsleiterin Anke Dahlhaus (2. von rechts) aus dem Alltag in der Seniorenpflege berichteten.
Mitarbeiter des Seniorenzentrums vom Maskenzwang befreit, Besucher hingegen nicht. Daher trugen Ausbildungsstellenvermittlerin Jasmin Haski (links) und Bürgermeister Uwe Schmalenbach (rechts) Mundschutz, als Auszubildende Lara-Lynn Baumann (2. von links), Pflegedienstleiterin Daniela Böhme (Mitte) und Einrichtungsleiterin Anke Dahlhaus (2. von rechts) aus dem Alltag in der Seniorenpflege berichteten. © grein

Auszubildende berichtet aus facettenreichem Alltag im Seniorenzentrum

Herscheid – Die Arbeit ist physisch und psychisch anspruchsvoll, beinhaltet Schichten an Feiertagen sowie Wochenenden und Reichtümer kann man mit dem Verdienst nicht anhäufen – zumindest keine monetären. Welche Bereicherung ihr Beruf darstellt, darüber sprach die angehende Pflegefachkraft Lara-Lynn Baumann im Rahmen der Woche der Ausbildung im CMS-Seniorenzentrum Herscheid.

„Ich habe schon immer gerne mit Menschen zusammengearbeitet“, erzählt die 20-Jährige. Diese vielen persönlichen Kontakte und das Gefühl, gebraucht zu werden, etwas zu bewirken zu können, das seien für sie die ausschlaggebenden Gründe dafür gewesen, diesen Beruf zu ergreifen. Zunächst sei sie als Pflegeassistenz tätig gewesen, ehe sie die dreijährige Ausbildung begonnen habe.

In dieser Zeit, dass attestiert ihr die Pflegedienstleiterin Daniela Böhme, habe sie eine bemerkenswerte Entwicklung vollzogen. Sie übernehme jetzt, kurz vor der bevorstehenden Abschlussprüfung, spürbar Verantwortung im Alltag, beherrsche das Fachvokabular, sei bei Mitarbeitern und Bewohnern gleichermaßen wegen ihrer besonnenen, ausgeglichenen Art beliebt. Kurzum: Die junge Frau habe sich in kürzester Zeit in das Team und das Umfeld integriert.

Paradebeispiel für guten Berufseinstieg

„Auf eine solche Entwicklung kann man einfach nur stolz sein“, sagt Daniela Böhme über Lotti, wie die junge Frau von allen gerufen wird. Sie sei ein Paradebeispiel für einen gelungenen Einstieg in den Pflegeberuf. Aufgrund derlei guter Erfahrungen setze das Seniorenzentrum darauf, konsequent für den eigenen Bedarf auszubilden. Allein in diesem Jahr sollen noch drei bis fünf neue Azubis eingestellt werden – doch das sei nicht immer leicht. In nahezu allen beruflichen Bereichen mache sich der Facharbeitermangel bemerkbar, entsprechend stark werde bereits um die Berufseinsteiger gerungen und geworben.

Wie Einrichtungsleiterin Anke Dahlhaus verriet, bemühe sich ihr Haus daher darum, möglichst früh Kontakte zu potenziellen Bewerbern aufzunehmen. Beispielhaft erwähnt sie Praktika, Berufserkundungstage oder Schnuppertage für Mädchen und Jungen (Girls’ und Boys’ Day). Doch die Einrichtung gehe auch neue Wege: Bei einer Speed-Dating-Messe Ende Februar in der Lüdenscheider Phänomenta knüpfte das Herscheider Haus – als einziger Teilnehmer aus dem sozialen Bereich – vielfältige Kontakte. Mit drei jugendlichen Teilnehmern habe man einen Schnuppertermin vereinbart, weshalb Anke Dahlhaus die Messe für das Seniorenzentrum als Erfolg wertet.

Bislang sei es immer gelungen, ausreichend qualifizierte Bewerber zu finden. Doch die Herausforderungen werden größer: Das beginne mit logistischen Problemen auf dem Land: „Die Busverbindung am Wochenende ist kompliziert“, erzählt Lara-Lynn Baumann. Aus Plettenberg nach Herscheid zu kommen sei bei Sonntags-Frühschichten mit dem Bus nicht vor 9 Uhr möglich – und das sei viel zu spät. Daher müsse sie sich dann nach Alternativen umschauen.

Auf derlei Einschränkungen achtet Daniela Böhme bei der Erstellung der Dienstpläne; dabei gebe es weitere Hürden, wie etwa den Jugendschutz. Dieser gibt beispielsweise vor, dass Unter-18-Jährige lediglich fünf Tage hintereinander arbeiten dürfen; die Regel seien bei Pflegekräften zwölf Tage „am Stück“. Ausgleich für Sonntagsdienste, mögliche Krankheitsausfälle: Manchmal sei es schwierig, die Praxisstunden der jungen Mitarbeiter vollzukriegen, sagt Böhme.

Neue Form der Ausbildung mit Tücken

Erschwerend wirke sich auch die vor drei Jahren eingeführte generalistische Ausbildung im Pflegebereich aus: Diese besagt, dass Azubis Einsicht in mehrere Berufsfelder erhalten, wie Krankenhaus, Kita, Hospiz oder Psychiatrie erhalten. Auch Lara-Lynn Baumann hat verschiedene Erfahrungen gesammelt, was grundsätzlich nicht verkehrt sei. Jedoch bedauert sie, dass sie zu wenig Zeit in ihrem eigentlichen Wunschberuf erleben konnte: Zuzüglich der schulischen Unterrichtseinheiten hat sie in den letzten drei Jahren insgesamt lediglich neun Monate im Seniorenzentrum gearbeitet – und das aufgeteilt in viele kleine Etappen. Ein enger Kontakt zu den Bewohnern konnte daher nur schwer aufgebaut werden.

In der Generalistik sieht die Einrichtungsleitung eine zusätzliche Gefahr: Denn es sei durchaus möglich, dass Auszubildende Gefallen an anderen Bereichen finden und sich umentscheiden, sagt Anke Dahlhaus. Im Fall von Lara-Lynn Baumann scheint diese Sorge unbegründet zu sein: Sie habe sich nach eigenen Angaben ganz bewusst für die Altenpflege entschieden und genieße hier die Vielfalt der Tätigkeiten. „Hier ist kein Tag wie der andere – genau diese Abwechslung mag ich sehr“, betont die Plettenbergerin, die ihre Ausbildungsplatzwahl bislang keinen Tag bereut habe.

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