60 Jahre alter Brauch
Wie Mellens Neujahrssänger das Coronavirus überlisten
Seit mehr als 60 Jahren gibt es den Brauch des Neujahrssingens in Mellen: Junge Männer ziehen am ersten Tag des Jahres durch das Dorf und überbringen gute Wünsche. In diesem jahr mussten sie wegen der Corona-Pandemie erfindungsreich sein.
Mellen ‒ Auch am 1. Januar machten sich in Mellen die Neujahrssänger wieder auf den Weg – allerdings war es wegen der Corona-Pandemie nicht möglich, wie in den vergangenen Jahren mit den Dorfbewohnern an der Tür mit einem „Klaren“ auf das neue Jahr anzustoßen. Deshalb entschieden sich die Sänger dieses Mal für einen „Neujahrsgruß auf Distanz“.
Die Idee dazu hatte Lukas Vedder-Stute gehabt, seit vielen Jahren immer am ersten Jahrestag mit dabei. „Eine Woche vor Weihnachten stand das Konzept dafür; zwischen den Feiertagen wurden dann die Sets zusammengestellt“, erzählte er. Diese bestehen aus einem schriftlichen Neujahrsgruß, dem Neujahrslied und einem Schnapsfläschchen.
In drei Zweier-Gruppen zogen die Neujahrssänger durch ihr Dorf – bedeutend weniger als 25 Sänger wie in den vergangenen Jahren. „Mehr ist heute nicht möglich“, sagte Ortsvorsteher Daniel Schulze Tertilt. Auch er gehörte mit zu dem halben Dutzend, das nach dem Anblasen durch Björn Freiburg seine Aufgaben als Grußboten wahrnahm.
Mit Kreide wurde die Jahreszahl über die Haustür geschrieben. „Man hat sich das ganze Jahr darauf gefreut“, wusste Nils Vedder, der 15 Jahre Erfahrung mitbringt. „Es ist alles jetzt irgendwie traurig, aber wir machen das Beste daraus.“ So müssen die Mellener nicht auf ihren Neujahrsgruß verzichten, allerdings in diesem Jahr auf die damit verbundene Geselligkeit bei dieser Aktion, die seit mehr als 60 Jahren durchgeführt wird. ‒ JULIUS KOLOSSA