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„Ich habe noch Angstzustände“: Stalking-Opfer des Angeklagten sagen aus

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Von: Julius Kolossa

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In Handschellen wurde der Angeklagte am Mittwoch in den Gerichtssaal in Arnsberg gebracht. Seit Herbst vergangenen Jahres ist er in einer Maßregelvollzugsklinik in Rheine untergebracht.
Wegen Brandstiftung muss sich der Angeklagte derzeit vor dem Landgericht verantworten. © Kolossa

Mit den Zeugenaussagen seiner Mutter und zweier Frauen, die der Angeklagte gestalkt haben soll, ging der Brandstifterprozess vor dem Landgericht Arnsberg gegen einen Balver am Montag weiter.

Balve/Arnsberg – Der 41-Jährige soll für sieben Brände von Holzstapeln im Stadtgebiet vom 15. Februar bis 26. September 2022 verantwortlich sein.

„Nach Drogenkonsum hat er die Kontrolle verloren, dann nichts mehr registriert“, sagte die Mutter. Mit der Scheidung von seiner Frau im Jahr 2019 hätten sich die Kontakte ihres Sohns verändert. Er sei in die Drogenszene geraten, habe Cannabis und Amphetamine genommen. Der Angeklagte, der damals in einer eigenen Wohnung im Haus seiner Eltern lebte, sei immer schweigsamer geworden. „Wir kannten ihn nicht wieder, machten uns als Eltern Sorgen.“

Mutter-Sohn-Verhältnis „sehr gut“

Umgänglicher, offener sei er nach drei Aufenthalten in einer psychiatrischen Klinik gewesen. „Doch danach kam er wieder an Drogen, war vier Tage und Nächte lang hellwach und hyperaktiv.“ Das Mutter-Sohn-Verhältnis sei trotz allen Vorkommnissen „sehr gut“ gewesen, man habe sich „mit Blicken verstanden.“ Deshalb war der Zeugin auch die vom Staatsanwalt vorgelegte Textnachricht, dass ihr Sohn sie enthaupten wolle, unverständlich. „Ich habe ihn seinerzeit darauf angesprochen, er hat mir gesagt, sein Konto sei gehackt worden und diese Nachricht nicht von ihm.“ Durch die Überwachung des Telefons des Angeklagten, war die Polizei an die Nachricht gekommen.

Kurz nach seiner Verhaftung im September wurde der 41-Jährige wegen seines Drogenproblems und einer mutmaßlichen Schizophrenie in die Maßregelvollzugsklinik Rheine verlegt. Eventuell könne ärztliche Begleitung und Suchttherapie dabei helfen, dass er weiterhin abstinent leben kann. Das sei sein Wunsch, sagte Klinik-Oberarzt Jörg Stockmann im Zeugenstand. „Die Brandstiftungen will er nicht begangenen haben“, so der Oberarzt weiter. Seit der Verhaftung Ende September nehme der Balver keine Drogen mehr. Um eine Therapie, die etwa ein Jahr dauere, erfolgversprechend durchführen zu können, sei eine Verlegung in eine allgemeinpsychiatrische Klinik erforderlich.

Schwestern als Stalking-Opfer

Ausgesagt haben am Montag auch die Schwestern, 26 und 29 Jahre, denen der Mann nachgestellt haben soll und denen er mit seinen Taten wohl imponieren wollte. „Er war nervig“, sagte die Jüngere. Kennengelernt habe man sich vor etwa zwei Jahren. Zunächst sei das Verhältnis freundlich gewesen. Als der Angeklagte eine Partnerschaft mit ihr eingehen wollte, sie aber abgelehnt habe, sei die Stimmung gekippt. „Er hat mich in seiner Wohnung in eine Ecke gedrängt, wollte mir ziemlich nahekommen. Da habe ich gedroht zu schreien, so dass er mich gehen ließ“, sagte die 26-Jährige.

In der Folge habe er begonnen die junge Frau zu stalken. Vier Einstweilige Verfügungen gegen Annäherungsverbote hätten nichts bewirkt. „Sinnlose Sachen wie kleine Autos, Süßigkeiten, Tabletten und auch Kifferfeuerzeuge steckte er mir in den Briefkasten“, erinnerte sich die 26-Jährige. Über soziale Netzwerke habe er immer wieder Textnachrichten und Fotos geschickt. Darunter waren Bilder von Holzstößen, die später in Brand gesteckt wurden. „Er hat mir geschrieben, dass die Vögel und auch Lkw mit ihm reden, und die Bäume ihm sagen, dass er mich besuchen soll.“ Warum sie so angehimmelt werde, darauf wusste sie keine Antwort. „Diese gesamten Hirnspinnereien machten mir Angst. Ich bekam Depressionen, war in Behandlung, habe noch Angstzustände.“

29-Jährige aus Balve weggezogen

Ihre ältere Schwester geriet ebenfalls in den Fokus des Mannes. „Er wurde aufdringlich“, sagte sie. Denn „nur eine Freundschaft“ aufrechterhalten, das habe er nicht gewollt. Auch ihr habe der 41-Jährige nachgestellt. Geschenke im Briefkasten gehörten dazu, aber auch sehr viele Besuche. Zwei Einstweilige Verfügungen wurden gegen den Mann verhängt. „Es war belastend, so dass ich aus Balve weggezogen bin.“

Der Prozess wird am Mittwoch, 1. März, um 8.30 Uhr fortgesetzt. Es werden weitere Zeugen für die Beweisaufnahme gehört. Danach soll das Urteil gesprochen werden.

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