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Nicht nur ein Gefühl: „Balve hat ein Drogenproblem“

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Von: Julius Kolossa

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Stellten die Ergebnisse des Runden Tisches vor, der seit 2020 existiert: (von links) Kathrin Dudeck, Michael Bathe und André Flöper.
Stellten die Ergebnisse des Runden Tisches vor, der seit 2020 existiert: (von links) Kathrin Dudeck, Michael Bathe und André Flöper. © Kolossa

„Wir packen das Thema an. Es ist nicht nur ein Gefühl, dass Balve ein Drogenproblem hat – es ist eine Tatsache“, sagte Michael Bathe, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Die Stadt Balve hatte zum Thema „Folgen der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen“ für Freitag ins Rathaus eingeladen, um die Ergebnisse des Runden Tisches zu präsentieren.

Balve – Dieser war in der Hochzeit der Pandemie auf Wunsch der Politik ins Leben gerufen worden und ist mit Vertreten von Stadt, Kreisjugendamt, Schulen, Jugendarbeit oder auch Polizei besetzt. Gemeinsam sollen Probleme mit Jugendlichen in der Hönnestadt wie Drogenkonsum, Vandalismus oder Medikamentenabhängigkeit angepackt werden.

Die Sichtweise Bathes bestätigte am Freitag Kathrin Dudeck, Sachgebietsleitung vom Jugendamt des Märkischen Kreises. In ihrem Büro in direkter Nähe des Balver Rathauses führt sie viele Gespräche mit Eltern und Jugendlichen. „Außerdem mache ich Erfahrungen mit dem Thema Drogen bei der Jugendhilfe in Strafverfahren.“ Sie betonte: „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema in Balve, und betrifft nicht nur einzelne Familien.“

Obwohl man besonders schnell in Familien aus der Hausapotheke an Medikamente komme, deren Wirkung in sozialen Netzwerken wie TikTok „beworben“ werde. Dudeck: „In der Corona-Pandemie hat sich eine eigene Klientel ab etwa zwölf Jahren aufwärts entwickelt, die unter den Folgen wie Schulschließungen und ausgefallene Veranstaltungen besonders gelitten hat.“ Es fehlten soziale Kontakte und ein geregelter Tagesablauf. „Man bemerkt in den Gesprächen, dass es Rückschritte in der Entwicklung gibt, aber auch Perspektivlosigkeit.“

Der übermäßige Konsum sozialer Medien tue sein übriges. Die Corona-Pandemie habe einsam gemacht. Es seien viele Jugendliche mit depressiven Symptomen in Kinder- und Jugendpsychiatrien eingewiesen worden. Andere kompensierten Einsamkeit und fehlende Freunde mit Drogenkonsum. Dudeck: „Es kommen immer wieder Jugendliche nach Drogengenuss auf Intensivstationen.“

Die Stadt wolle nun versuchen, Eltern bezüglich dieses Themas zu sensibilisieren und mitzunehmen, sagte Michael Bathe. Polizei und Ordnungsamt sowie der von Balve beauftragte Wachdienst seien die szenebekannten Treffpunkte an Schulen und Bahnhöfen bekannt. „Zahlen über Konsumenten und Dealer in Balve liegen uns nicht vor“, sagte Bathe. „Aber wir wissen: Es gibt eine Drogenszene in Balve.“ Damit wolle sich die Stadt aber nicht abfinden.

Als eine Maßnahme wies André Flöper, städtischer Fachbereichsleiter Schule und Jugend, auf die geplante Nutzung der Cafeteria der ehemaligen Hauptschule an den Schultagen ab 13 Uhr für alle ab der 5. Klasse hin. „Frühestens ist das nach den Sommerferien“, so Flöper. „Es müssen noch personelle Fragen für das neue Angebot geklärt werden.“ Denn es gelte, einen Anlaufpunkt direkt nach Schulschluss zu bieten, um den Jugendlichen ein Angebot für die Zeit bis zur Öffnung des Jugendzentrums am Nachmittag zu bieten. „Es soll in der Cafeteria ein Mittagessen und ein Zusammensein geben.“

Die Stadtverantwortlichen hoffen, mit dieser Maßnahme viele Jugendliche zu erreichen. Auch diejenigen, die immer wieder die Schule schwänzen. „In Balve hat sich Schulabsentismus als eine Auswirkung der Corona-Pandemie entwickelt“, sagte dazu Kathrin Dudeck. Konkrete Zahlen konnten auf Nachfrage aber auch hierzu weder Dudeck noch die Vertreter der Stadtverwaltung vorlegen. „Wir gucken hin, unterstützen in den Familien“, so Dudeck. Missbrauch von Medikamenten, Konsum von harten und weichen Drogen, all das seien Corona-Nachwirkungen, die es jetzt aufzuarbeiten gelte, so Bathe und Flöper hin. „Corona war für uns Neuland“, so Flöper. „Dass in der Pandemie die Schulen geschlossen und Veranstaltungen abgesagt wurden, musste geschehen. Auch wir als Stadt mussten lernen, damit umzugehen.“

Als eine Reaktion wurde der Runde Tisch 2020 ins Leben gerufen. Ein erstes Ergebnis der regelmäßig stattfindenden Treffen ist die Holzhütte am Krumpaul, die im vergangenen Jahr von Balver Jugendlichen zusammen mit Sozialarbeiter Nils Haarmann aufgebaut wurde und seitdem als Treffpunkt dient. Nun sollen weitere Schritte eingeleitet werden. So ist für Donnerstag, 25. Mai, 18 Uhr ein Themenabend zu den „Folgen der Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen“ im Bürgerhaus am Platze (ehemals Haus Mines) geplant. Bathe: „Anmeldungen sind nicht erforderlich für diese Veranstaltung, bei der Erwachsene und Jugendliche gleichermaßen gerne gesehen sind.“ Impulsvorträge werden gehalten von Torsten Filthaut, Familien- und Erziehungsberatung der Caritas Menden, Klaus Hillebrand von der Drogenberatungsstelle Werdohl, Andrea Henze, Kinder- und Jugendschutz des Märkischen Kreises, und Kathrin Dudeck, Jugendamt. Es bestehe, so Bathe, auch die Möglichkeit, Einzelgespräche nach Vereinbarung zu führen. „Kontaktdaten stellt die Stadt bei dieser Veranstaltung zur Verfügung.“

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