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Angeklagter ist schuldunfähig: So fällt das Urteil im Brandstifterprozess aus

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Von: Julius Kolossa

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Der 41-jährige Angeklagte im Brandstifterprozess gilt als schuldunfähig. Der Richter ordnete eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.
Der 41-jährige Angeklagte im Brandstifterprozess gilt als schuldunfähig. Der Richter ordnete eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. © Kolossa

Das Urteil im Prozess gegen einen 41-Jährigen aus Balve, dem siebenfache Brandstiftung im Zeitraum vom 15. Februar bis 26. September 2022 vorgeworfen wird (wir berichteten), wurde am Mittwoch von Petja Pagel, Vorsitzender Richter der 4. Strafkammer des Landgerichts Arnsberg gesprochen.

Balve/Arnsberg – Der Angeklagte ist aufgrund seiner durch Drogensucht verursachten Schizophrenie schuldunfähig. Er wird auf unbestimmte Zeit in eine Entziehungsanstalt eingewiesen.

Für den Besitz von Drogen in nicht geringer Menge – bei einer Durchsuchung seiner Wohnung im Zuge der Brandermittlungen wurden 472 Gramm Marihuana gefunden – wurde der Balver zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt. Außerdem trägt der Angeklagte alle Kosten des Verfahrens.

Richter: „Eine Bewährung gibt es nicht“

Eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hatten auch Strafverteidiger Ulrich Schorner und Staatsanwalt Ümit Görgün gefordert. Beim Strafmaß wegen Drogenbesitzes forderte der Staatsanwalt ein Jahr und zehn Monate Haft ohne Bewährung, während der Verteidiger auf ein Jahr mit Bewährung plädierte. „Eine Bewährung gibt es nicht, weil Ihre Drogensucht noch nicht behandelt wurde“, betonte der Richter. „Und deshalb ist derzeit auch keine positive Prognose möglich.“

Das bedeutet, dass der Balver weiterhin in der Maßregelvollzugsklinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Rheine bleibt, in der er seit seiner Verhaftung im September 2022 untergebracht ist. Eine Therapie, mit der der 41-Jährige von den Drogen loskommt, von denen er seit der Scheidung von seiner Frau im Jahr 2021 abhängig ist, sieht das Gericht als erforderlich an, um den Balver zurück auf den richtigen Weg zu bringen.

Eine Therapie wolle er machen, ließ der Balver durch seinen Anwalt Ulrich Schorner ausrichten. Dies wurde dem Angeklagten, der bisher nicht strafrechtlich belangt worden war, vom Gericht zugute gehalten. „Sie haben viele Jahre lang ein unbescholtenes Leben geführt, das durch die Scheidung aus den Fugen geriet“, wies Richter Pagel auf persönliche Probleme hin, die bei dem Balver zum Abrutschen ins Drogenmilieu geführt hätten. „Dann haben Sie ihre Probleme auf zwei Frauen projiziert.“ Die Schwestern aus Balve (26 und 29) stalkte er über einen langen Zeitraum.

Branddelikte „im Rausch“ begangen

Und das im Drogenwahn, wie Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, als prozessbegleitender Gutachter feststellte. Diese Expertise floss mit in das Urteil ein. „Unter Einnahme von Cannabis und auch Amphetaminen entwickelt sich eine drogeninduzierte Psychose, in der der Angeklagte Wahn und bizarre Verhaltensweisen an den Tag legt“, sagte Schlömer. Die Branddelikte seien „im Rausch begangen“ worden. Damit einher ging der Liebeswahn, in dem er den Frauen nachstellte, und auch der religiöser Wahn, in dem er in rund 40 Fällen Jesusfiguren und Wegekreuze in Balve schändete. Dieses Imponiergehabe des Vandalismus an den Kreuzen sei schließlich in den Brandstiftungen eskaliert, führte Dr. Schlömer aus. Diese Psychosen in den Griff zu bekommen, sei nur mit einer Langzeittherapie möglich. „Nur dann ist ein Rückfall zu vermeiden.“ Diesen prognostizierte der Facharzt, falls sich der 41-Jährige keiner Therapie unterzieht: „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dann wieder eine von dem Mann ausgehende Gefahr von Brandstiftungen, aber auch weiterer Taten gegen Leib und Leben anderer Menschen zu erwarten.“ Die Motivation, abstinent zu werden, sei erkennbar: „Die Therapie muss jetzt beginnen, um die Gefährlichkeit für die Allgemeinheit abzuwenden.“

Dieser Einschätzung folgte die 4. Strafkammer, die sich von der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gute Erfolgsaussichten verspricht. Der Richter wies den Balver darauf hin, dass beim nächsten Wiedersehen vor Gericht wegen vergleichbarer Anklagefälle die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus anstehe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Verteidigung und Staatsanwaltschaft können innerhalb einer Woche Einspruch einlegen.

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