Tödliche Hausexplosion in Evingsen: So lauten die Gerichtsurteile

[Update, 16.47 Uhr] Altena - Das Urteil im Brandprozess Evingsen ist gefallen. Vermutlich gibt es aber eine Berufungsverhandlung. Was vor Gericht geschah.
Mit einem Freispruch für den Hauseigentümer und einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung für den Begleiter des getöteten Brandstifters ging gestern der Prozess zu Ende, in dem der rätselhafte Brand vom 18. Juni 2018 in einem Evingser Einfamilienhaus nur teilweise aufgeklärt werden konnte. „Wir hatten einen sehr tragischen Fall zu entscheiden“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Lyra zu Beginn seiner Urteilsbegründung und widersprach der Einschätzung von Staatsanwalt Dr. Klein, der in seinem Plädoyer von einer „schwarzen Komödie“ gesprochen hatte.
„Das war es sicherlich nicht. Wenn, dann war es eher eine schwarze Tragödie.“ Relativ übersichtlich gestaltete sich die Urteilsfindung im Fall des 35-jährigen Angeklagten, der wegen Beihilfe zur Brandstiftung verurteilt wurde. Er hatte den später Getöteten begleitet, war selber schwer verletzt worden und hatte die Brandstiftung zugegeben. Erst kurz vor dem Eintreffen in Altena habe er von seinem später getöteten Freund erfahren, worum es in Evingsen gehen sollte.
Der Vorsitzende wunderte sich über den Zeitablauf: „Es ist ungewöhnlich, wenn man erst zehn Minuten vor dem Ziel hört, dass das Haus abgefackelt werden soll, und dann nicht mehr nachfragt.“ Aufgrund von Zeugenaussagen und der Benzinspuren in aufgefundenen Kleidungsstücken gingen die Richter davon aus, dass der 35-Jährige mit im Haus war. Die weiträumige Verteilung des Benzins spreche zudem dafür, dass er daran beteiligt gewesen sei.
Im Hinblick auf den 34-jährigen Eigentümer blieb der Prozess bis zum Schluss ein Indizienprozess, aus dem Staatsanwalt Dr. Klein ein ganz anderes Ergebnis ableitete als das Schöffengericht. Er beantragte eine Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung für den Hauseigentümer, in dem er den eigentlichen Anstifter für die Brandstiftung sah. „Wer soll denn sonst ein Interesse daran haben?“
Es sei völlig lebensfremd, dass sein getöteter Cousin selber auf die Idee komme: „Dann fackel ich das Ding ab.“ Als weiteres Indiz für die Planung durch den Angeklagten sei der an den Cousin aus Frankreich übergebene Hausschlüssel: „Wieso muss man überhaupt einen Schlüssel übergeben?“ Der Angeklagte hätte doch hinzukommen können, wenn die beiden Brandstifter das Haus besuchen, um eine seriöse Schätzung der Abrisskosten zu erstellen.
Tödliche Hausexplosion: Neue, grauenvolle Details
Außerdem seien die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten und seiner Frau „nicht so gut gewesen, wie die Verteidigung glauben machen möchte“. Für den Staatsanwalt war das der entscheidende Grund für den 34-Jährigen, an den Abrisskosten zu sparen. Dass ihm der Brand finanziell nichts nützen würde, habe er möglicherweise nicht realistisch eingeschätzt – ebenso wenig wie die Folgen des Brandes für asbestbelastete und damit im gefährlichen Kern unzerstörbare Bauplatten. Sie wurden bei dem Brand durcheinandergewirbelt und erhöhten die Entsorgungskosten für den dadurch entstandenen Mischschutt.
„Es kann sein, dass der Schlüssel zum Zwecke der Brandlegung übergeben wurde“, stellte Richter Andreas Lyra fest. Den sicheren Rückschluss, dass der Angeklagte den Brand tatsächlich in Auftrag gegeben habe, könne man aber aufgrund der vorhandenen Indizien nicht zweifelsfrei ziehen. Die Geschichte habe absurde Züge, wenn man die Initiative dem später Getöteten zuschreibt: „Warum kommt jemand aus Frankreich, um ein Haus ohne Rücksprache mit dem Eigentümer abzufackeln?“ Das sei aber nicht weniger unsinnig, als an einem sonnigen Tag mit einem französischen Auto vorzufahren, zwei Kanister Benzin ins Haus zu tragen und eine heftige Explosion auszulösen.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Dr. Klein kündigte an, den Freispruch von einer Berufungskammer des Landgerichts überprüfen zu lassen.