Kunde investiert in Wärmepumpe: Tarif erstmal unsichtbar

Die Bundesregierung will die Energiewende, die erste Empfehlung zur Umrüstung einer alten Heizungsanlage ist deshalb der Einbau einer strombetriebenen Wärmepumpe. Wolfgang Schlüter aus Evingsen ist dieser Empfehlung nachgekommen und hat sich Ende vergangenen Jahres eine solche Heizung einbauen lassen. Nicht ganz so einfach war es hingegen, von seinem Heimatstromversorger Mark-E einen Wärmepumpentarif zu bekommen. Den gibt es eigentlich noch nicht so richtig.
Altena – Der Industriekaufmann Wolfgang Schlüter hatte 1989 am Breiten Acker in Evingsen gebaut. Der heute 70-Jährige entschied sich damals für eine elektrische, wasserführende Fußbodenheizung. Gas lag nicht in der Straße, Öl wollte Familie Schlüter nicht, so entschied man sich Ende der 1980er-Jahre für einen „sauberen“ Energieträger. Schlüter erinnert sich: „Über Energiepreise haben wir uns zu der Zeit keine großen Gedanken gemacht.“ Ähnliches geschah im direkt angebauten Nachbarhaus, dort wurde die gleiche Heizungsanlage verbaut. Die Heizung lief gut über Jahrzehnte bei Schlüters, bis ins vergangene Jahr. Gemeinsam mit einem Installateur aus Dahle entschied sich Schlüter für eine Wärmepumpe. Die Fußbodenheizung mit ihren geringen Vorlauftemperaturen bot sich dafür an. Der Fachbetrieb baute für 28 000 Euro eine Blockspeicherheizung ein, auch das Stromnetz im Haus wird durch die Anlage versorgt. Mit 35 Prozent förderte der Staat den Einbau der umweltfreundlichen Technologie. Im November 2022 wurde die Anlage durch den Fachbetrieb erstmals in Betrieb genommen und Mitte Dezember beim Netzbetreiber Enervie Vernetzt angemeldet.
Zähler für NT-Strom
Bis dahin war Schlüter Kunde der Mark-E, bekanntlich eine Tochter der Enervie. Zwei Zähler waren installiert, einer zählte den günstigen Nachttarif, einer den teureren Tagtarif. Der Verbrauch aus dem günstigen Nachttarif (NT) war bei Schlüters alter Anlage um das Sechsfache höher als der aus dem teureren Tagtarif (HT). Bis zum 31. Dezember 2022 lag der NT-Arbeitspreis bei sagenhaft günstigen 16,73 Cent/kWh, der HT bei 24,94 Cent/kWh.
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Tariferhöhung
Wie alle Menschen in Deutschland hatte Schlüter mit einer Tariferhöhung zum Jahreswechsel gerechnet. Noch vor Inbetriebnahme der neuen Anlage teilte ihm die Mark-E mit, dass der NT jetzt immer noch günstige 30,87 Cent/kWh betrage, der HT glatte 41 Cent/kWh. Damit war Schlüter völlig einverstanden. Schließlich hatte er in einer Veröffentlichung in dieser Zeit schon vor Monaten gelesen, dass die Mark-E einen speziellen Wärmepumpentarif anbieten wolle.

Da die neue Wärmepumpe natürlich sehr viel effizienter als die 30 Jahre alte Stromheizung arbeiten wird, freute er sich, energetisch und finanziell alles richtig gemacht zu haben.
Als er nach Meldung seiner Anlage im Kundencenter der Mark-E anrief, um sich nach dem Wärmepumpentarif zu erkundigen, kam es letztlich zu einem Missverständnis. Ihm wurde gesagt, dass es gar keinen Wärmepumpentarif gebe, dass er als jahrzehntelanger Kunde keine Vorteile gegenüber Neukunden habe und er ab Januar einen einheitlichen Arbeitspreis ohne NT-Unterscheidung von stolzen 45,53 Cent/kWh zu zahlen habe.

Fehler bei Mark-E
Was – wie sich später herausstellte – eine falsche Aussage aus dem Servicezentrum des Stromversorgers war, aber bei Schlüter für Kündigungsgedanken sorgte. 45,53 Cent/kWh liegen um 5 Cent über dem Stromkostendeckel der Bundesregierung: Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Für die Unannehmlichkeiten hatte sich die Mark-E nur einen Tag nach dem Besuch des Reporters in Evingsen entschuldigt. Enervie-Pressereferent Andreas Köster bestätigte auf Nachfrage, dass Enervie Vernetzt bei Schlüters den Doppeltarifzähler der Blockspeicherheizung gegen einen Drehstromzähler für eine Wärmepumpe am 19. Dezember 2022 ausgetauscht habe. „Bedauerlicherweise“ sei die Information, dass eine Wärmepumpe eingebaut und in Betrieb genommen wurde, bei Mark-E als zuständigem Stromversorger „zunächst nicht angekommen“. Deshalb wurde Schlüter irrtümlich in die Grundversorgung zu 45,53 Cent/kWh eingruppiert.
Gutschein
Den Fehler hat Mark-E stehenden Fußes korrigiert, Schlüter einen deutlich günstigeren Wärmepumpentarif von 39,15 Cent/kWh zugewiesen und sich mit einem Gutschein entschuldigt. Für Schlüter ist die Sache damit erledigt, er will jetzt erst einmal abwarten, wie viel Strom seine neue Heizung überhaupt verbraucht. So lange will er auch Kunde bei Mark-E bleiben.

Sucht man auf der Homepage der Mark-E nach dem Begriff „Wärmepumpe“, so gibt es keinen Treffer. Augenscheinlich bietet der Stromversorger keinen solchen Wärmepumpentarif an. Warum das so ist, erklärt Enervie-Pressereferent folgendermaßen: „In der Tat finden Sie momentan noch keinen ‘Wärmepumpen-Tarif’ auf der Mark-E Website. Der Tarif hat mehrere Preisbestandteile und bislang gab es – auch aufgrund der Lage auf den Beschaffungsmärkten – keinen Anlass für eine Veröffentlichung. Zur Zeit überarbeiten wir aber unsere Tarif-Darstellung im Internet und werden zukünftig auch einen Wärmepumpen-Tarif dort anzeigen.“
Keine Unterscheidung
Dass deutsche Energieversorger wie die Enervie aus Hagen nicht mehr mit besonderen Tarifen zwischen Bestands- und Neukunden unterscheiden dürfen, ist Gesetzeslage. Köster: „Seit dem 1. September 2022 unterscheiden wir nicht mehr zwischen Neu- und Bestandskunden. Damit haben wir die gesetzliche Vorgabe sogar früher umgesetzt, die eine Vereinheitlichung der Tarife mit Wirkung zum 1. November 2022 vorsahen.“