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Neuenrade, Dahle und Evingsen: Drei Gemeinden wollen zusammenarbeiten

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Von: Michael Koll

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Die Besucherinnen und Besucher der Gemeindeversammlung in Neuenrade schienen nach zwei Stunden, in denen ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zum Fortbestand der Gemeinde aufgezeigt wurden, ein wenig erschlagen.
Die Besucherinnen und Besucher der Gemeindeversammlung in Neuenrade schienen nach zwei Stunden, in denen ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zum Fortbestand der Gemeinde aufgezeigt wurden, ein wenig erschlagen. © Koll

Immer wieder fragte Pfarrer Dieter Kuhlo-Schöneberg zum Schluss der zweistündigen Gemeindeversammlung im evangelischen Gemeindehaus in der Altstadt, ob die gut 50 Anwesenden einverstanden wären mit den zuvor skizzierten Plänen. Doch niemand meldete sich zu Wort. Die Gläubigen im Saal wirkten erschlagen und schienen das Gehörte erst einmal verdauen zu müssen.

Neuenrade/Altena – 120 Minuten zuvor hatte Kuhlo-Schöneberg die Versammlung mit bedeutungsschweren Worten eingeleitet: „Wir haben jetzt drei Jahre hinter uns, in denen immer wieder viel Furcht gesät worden ist“, so deutete er Erinnerungen an die Covid 19-Pandemie an. „Und seit einem Jahr haben wir nun auch noch den Krieg in der Ukraine.“

Auf diese dramatische Weise leitete der Pfarrer über zum eigentlichen Thema des Abends: Die Entwicklung des protestantischen Lebens vor Ort. „Die Gemeindemitgliederzahlen gehen runter. Erwartet wird künftig ein Rückgang von 2,5 Prozent pro Jahr.“ Kuhlo-Schöneberg verdeutlichte: „Dann ist in 40 Jahren keiner mehr von uns da.“

Aktuell zähle die evangelischen Kirchengemeinde in Neuenrade kaum noch 3500 Menschen.

Doch die evangelische Kirche habe nicht nur ein Problem auf Seiten der Mitglieder, sondern auch in Bezug auf das Personal. Er selbst gehe zum 1. März 2027 in den Ruhestand, erklärte der Pfarrer. Nachwuchs aber sei kaum noch in Sicht. Frei werdende Stellen könnten kaum noch besetzt werden.

Eigenständigkeit ein wichtiges Thema

Zunächst sei deshalb geplant gewesen, mit Werdohl eine pfarramtliche Verbindung einzugehen. Doch die Protestanten dort strebten ausschließlich einen Kooperationsraum an. Deshalb fassten die Neuenrader nun eine pfarramtliche Verbindung mit Dahle und Evingsen ins Auge. Die beiden Altenaer Stadtteile sind eine solche Verbindung bereits vor 12 Jahren eingegangen. Zusammen mit Neuenrade verfügten sie – Stand heute – über rund 5500 Mitglieder. „Somit könnten wir Gemeinden wie Werdohl oder Plettenberg auf Augenhöhe begegnen“, formulierte Kuhlo-Schöneberg.

Zu Gast war am Dienstag Uwe Krause, Pfarrer in Dahle und Evingsen. Er warb für die Idee einer pfarramtlichen Verbindung in dieser Dreierkonstellation: „Ja, das wäre eine Vereinigung über zwei Kirchenkreise hinweg“, war er sich bewusst. Dahle und Evingsen gehören zum Kirchenkreis Iserlohn, Neuenrade gehört zum Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg.

Uwe Krause ist Pfarrer in Dahle und Evingsen.
Uwe Krause ist Pfarrer in Dahle und Evingsen. © Koll, Michael

Die Veränderungen der kommenden Jahre würden womöglich auch zu Fusionen von ganzen Kirchenkreisen führen „und dann sind wir drei vielleicht bald schon die Mitte eines neu zugeschnittenen Kirchenkreises.“

Krause unterstrich: „Wir müssen derzeit an vielen Enden kreativ sein. Und alles, was wir momentan ausloten, wird nicht für die Ewigkeit sein.“

Kuhlo-Schöneberg erklärte: „Würden wir allein mit Werdohl einen Kooperationsraum bilden, hätten wir, wenn ich in Rente gehe, nur noch einen Pfarrer – und zwar Dirk Grzegorek in Werdohl. Neuenrade hätte keinen mehr.“

Kirchenkreise könnten fusionieren

Deshalb sei es vielmehr angedacht, einen Kooperationsraum größer zu denken – und zwar nach der pfarramtlichen Verbindung mit Dahle und Evingsen als zweiten Schritt nicht nur mit Werdohl, sondern auch mit Plettenberg und gegebenenfalls auch mit Herscheid. „Die Herscheider allerdings tendieren derzeit vielmehr in Richtung Meinerzhagen“, wusste der Pfarrer.

Ein erstes Gespräch über einen derartigen Groß-Kooperationsraum habe bereits im Februar stattgefunden. Kuhlo-Schöneberg erläuterte: „Ein solches Konstrukt sichert mehr Stellen für Pfarrer einerseits, aber auch für Hauptamtliche – etwa in der Verwaltung – andererseits.“ Sein Kollege Krause pflichtete ihm bei: „Es bietet ein verlässliche Perspektive“ mit –nach heutigen Stand – gut 20 000 Mitgliedern.

Doch der Seelsorger aus Altena, der Ende 2032 in den Ruhestand wechselt, weiß: „Wir haben viele Gemeindemitglieder, die aus guter Tradition bei uns sind, aber nicht, weil sie eine geistliche Verbindung zu uns verspüren.“

Die Gemeindeversammlung am Dienstag diente lediglich dazu, das Stimmungsbild unter den Neuenrader Gläubigen aufzufangen. Beschlossen wurde nichts. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen trifft das Presbyterium, welches am 2. Mai tagt.

Dieter Kuhlo-Schöneberg ist Pfarrer in Neuenrade.
Dieter Kuhlo-Schöneberg ist Pfarrer in Neuenrade. © von der Beck, Peter

Dabei müssten die Entscheidungsträger aber auch das Geld im Blick haben. Denn zum einen flössen immer weniger Kirchensteuereinnahmen, zum anderen behalte der Kirchenkreis von den Gemeinden umfangreiche Mittel für den Klimaschutz ein. Ein Teil dieser Gelder sei zuletzt etwa genutzt worden, um in Affeln auf dem Imberg 15 000 Bäume wiederaufzuforsten.

Erweiterung der Kindertagesstätte

Und zum Dritten planten die Protestanten in Neuenrade, die Kindertagesstätte Am Semberg umfangreich zu erweitern. Konkret sei vorgesehen, die Kita über sechs Monate umzubauen. Während dieser Zeit müssten die Mädchen und Jungen in das Gemeindehaus umziehen. „Wir hoffen, im Sommer mit der Renovierung starten zu können.“

Für die Baumaßnahmen sei ein Kostenrahmen von „knapp mehr als einer Million Euro“ vorgesehen. Trotz aller erhofften Fördergelder „muss die Gemeinde rund ein Drittel der Summe selbst tragen.“

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