Nach Flucht aus Ukraine: Polina (7) gewinnt bei internationalem Tanzwettbewerb

Vor ziemlich genau einem Jahr Polina mit ihrer Familie aus der Ukraine geflüchtet. In Altena hat sie ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Nach langer Pause konnte die Siebenjährige wieder mit ihrer Leidenschaft durchstarten.
Altena – Mit strahlenden Augen und einem Lächeln kommt die siebenjährige Polina Dmytrenko an den Küchentisch. In den Händen hält sie stolz drei Urkunden und drei Medaillen. Die hat die junge Tänzerin, die vor ziemlich genau einem Jahr mit ihrer Familie aus der Ukraine geflüchtet ist, am Wochenende bei einem internationalen Wettbewerb in Köln gewonnen. Mit Polina flüchteten Mutter Irina und Bruder Dima nach Deutschland. In Altena hat die junge Familie ein vorübergehendes Zuhause gefunden.
Die Familie stammt aus Mykolaiv, einer Großstadt im Süden des Landes mit rund 500 000 Einwohnern, 60 Kilometer von Cherson entfernt. Der Krieg wütet aktuell unmittelbar in ihrer Heimat, wie sie erzählen. Obwohl ihr Haus bisher unversehrt geblieben ist, zittern sie jeden Tag. Polinas Vater, ein Rechtsanwalt, ist noch in der Ukraine. Dort repariert er Waffen. Mutter Irina Dmytrenko war als Steuerberaterin tätig, konnte diese Arbeit jedoch nur kurzzeitig in Deutschland fortsetzen, bevor ihr Unternehmen wegen des Kriegs geschlossen wurde.
Leidenschaft seit sie fünf Jahre alt ist
Polina tanzt seit ihrem fünften Lebensjahr leidenschaftlich gerne und hat in der Ukraine bereits zahlreiche Wettbewerbe gewonnen. Nach der Flucht musste sie neun Monate mit dem Tanzen pausieren. Seit fünf Monaten nimmt sie nun wieder Unterricht in einer Lüdenscheider Tanzschule, wo sie von Julia Kurskaja, einer Freundin ihrer ehemaligen Trainerin aus der Ukraine, trainiert wird. Dreimal die Woche tanzt sie in einer Gruppe, dazu alle zwei Wochen im Einzelunterricht. Den hatte sie in der Ukraine fast täglich, wo Tanzen ein richtiger Sport ist und es auch keine Seltenheit ist, dass Kinder schon in jungen Jahren Standardtänze üben.

Polina hat nach der monatelangen Pause nicht nur schnell wieder den Rhythmus gefunden, sondern jetzt auch ihren ersten internationalen Wettbewerb gewonnen: Bei den „Cologne Dance Championships“, auf die sie ihre Trainerin aufmerksam machte, räumte sie zwei erste und einen zweiten Platz in der Altersgruppe sechs bis acht Jahre ab. Stolz zeigt Mutter Irina bei unserem Termin Fotos und Videos, wie ihre Tochter tanzt – in einem auffällig roten Kleid.
Die junge Familie wohnt in einer Mitarbeiterwohnung der Firma Frohn. „Die Wohnung stand frei, weswegen wir sie angeboten haben“, berichtet Angela Beckmerhagen, deren Mann Peter Beckmerhagen die Firma in der Nette leitet. Sie hatte die Familie damals in Dortmund abgeholt.
Suche nach mehr Tanzmöglichkeiten
„Tanzen ist schön“, sagt Polina auf die Frage, was ihr am Tanzen gefällt. Ihre Mutter fügt hinzu: „Tanzen ist in der Ukraine populär, aber teuer.“ Polina würde gerne noch mehr trainieren, um ihr hohes Niveau halten zu können. Sie ist auf der Suche nach Sponsoren oder Optionen, die ihr das ermöglichen könnten. Angela Beckmerhagen hat bereits Hilfe angeboten, beispielsweise beim Fahren zu Wettbewerben. „Wir haben einen Wohnwagen – fahrtechnisch kriegen wir das hin“, erzählt Beckmerhagen, die beim Interview mit der Redaktion bei der Verständigung half.
Die Familie hat sich – den Umständen entsprechend – gut in Altena eingelebt. Die Geschwister besuchen die Altenaer Grundschule Mühlendorf, wo sie fleißig Deutsch lernen. Mutter Irina Dmytrenko nimmt ebenfalls an einem Deutschkurs teil. Am Wochenende bekommen die beiden Schüler zusätzlich ukrainischen Unterricht über das Internet.
„Altena hat eine schöne Natur“, beschreibt Irina Dmytrenko die Burgstadt, die ganz anders sei als ihre Heimat. Dahin möchten sie alle gerne wieder zurück – sobald sich die Lage beruhigt hat und der Krieg endlich vorbei ist. In der Zwischenzeit gibt ihnen das Tanzen Hoffnung und Kraft, um weiterzumachen.